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DFB-Präsident Grindel: "Russland muss Hooligans klar die Rote Karte zeigen"

DFB-Präsident äußert sich zu Problemthemen

Grindel: "Russland muss Hooligans klar die Rote Karte zeigen"

Nahm beim 11. Nürnberger Gespräch zur Fußball-Kultur kein Blatt vor den Mund: Reinhard Grindel.

Nahm beim 11. Nürnberger Gespräch zur Fußball-Kultur kein Blatt vor den Mund: Reinhard Grindel. kicker

Grindel sieht im Katar-Konflikt die Politik gefordert

Auch wenn es beim 11. "Nürnberger Gespräch zur Fußball-Kultur" um die WM 2018 und die schwierige menschenrechtliche Situation im Gastgeberland ging, war klar, dass nach Grindels jüngsten Aussagen auch das Thema Katar zur Sprache kommen würde. Der DFB-Präsident erneuerte seine Hoffnung auf eine politische Beilegung des Konflikts mit dem WM-Gastgeber von 2022. "Politische Lösungen haben eindeutig den Vorrang. Ich finde, dass man den Fußball an dieser Stelle auch nicht überhöhen darf. Der Fußball muss wissen, was er bewegen kann, und was nicht."

Gleiches gelte seiner Ansicht auch für die WM in Russland im kommenden Jahr. Dennoch müsse "jeder Veranstalter wissen, dass der Lichtkegel der Welt auf sein Land gerichtet ist. Die weltweite Fußballgemeinschaft soll zum Ausdruck bringen, was sie sich in einem Land wünscht und was nicht."

Ich finde, dass man den Fußball an dieser Stelle auch nicht überhöhen darf. Der Fußball muss wissen, was er bewegen kann, und was nicht.

DFB-Präsident Reinhard Grindel

Themen: Arbeitsbedingungen, Dopingkontrollen, Hooligans, Einreise

Zu mehreren Problemfeldern bezog Grindel bei der Podiumsdiskussion auf Einladung der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur Stellung. Das unlängst aufgedeckte System der Ausbeutung von Leiharbeitern beim Bau der neuen WM-Stadien sei ein Thema bei der Exko-Sitzung der UEFA in Cardiff gewesen. Grindel: "Das wird ein Problem bleiben. Wir haben klare Erwartungen, dass Standards und Gesetze eingehalten werden."

Ein "ganz wichtiges Signal" wäre es für den DFB-Präsidenten, "wenn die Dopingkontrollen bei der WM unabhängig durchgeführt werden würden". Eine deutliche Forderung erhob er in Sachen gewaltbereiter Fans. Nach den schweren Krawallen russischer Hooligans in Marseille bei der EM in Frankreich 2016 habe es aus Moskau viel zu wenig Kritik gegeben. "Dem Hooliganismus muss klar die Rote Karte gezeigt werden", forderte Grindel. Außerdem erwartet er, dass die Einreise nach Russland den Fußballfans nicht unnötig schwergemacht wird: "Sie muss einfach und unbürokratisch sein."

Eines der menschenrechtlichen Probleme in Russland ist die Diskriminierung von Homosexuellen. "Wir werden deutlich machen, dass der Begriff der Vielfalt für uns umfassend ist", betonte Grindel: "Alle Fangruppen sollen sich wohlfühlen. Das ist unsere Erwartung. Das merken wir an." Beim 1:1 in Dänemark hatte DFB-Kapitän Julian Draxler am Dienstag eine Binde in Regenbogenfarben getragen .

Grindel erwartet für Journalisten Akkreditierung "ohne jede Beschränkung"

Klar, dass am Donnerstagabend im Nürnberger Presseclub auch das Thema Pressefreiheit nicht fehlen durfte. "Die Journalisten müssen eine Akkreditierung bekommen, die sie berechtigt, vollumfänglich von den Orten zu berichten, die sie für richtig halten. Ohne jede Beschränkung." Viel wichtiger, befand Martin Endemann von der Fanorganisation Football Supporters Europe (FSE), sei allerdings ohnehin die Frage: Wie sieht es aus, wenn alle wieder weg sind?

Das Panel in Nürnberg: Christoph Becker (FAZ), Stefan Melle, Moderator Prof. Bernd Gäbler, DFB-Präsident Reinhard Grindel, Martin Endemann (v.li.). kicker

Auch der DFB hat sich vorgenommen, "kleine, zivilgesellschaftliche Brücken zu bauen. Begegnungen im zivilgesellschaftlichen Rahmen zu organisieren - ohne sich als Fußball zu überhöhen." Der DFB-Präsident denkt dabei zum Beispiel an Spiele zwischen deutschen und russischen Jugendmannschaften mit anschließendem Besuch historisch bedeutsamer Stätten oder einen Austausch von Behindertenfußball-Teams, um im Umgang mit Minderheiten ein Zeichen zu setzen. Denkbar sei auch "ein Besuch bei einem oppositionellen Medienorgan".

"Es ist wichtig, dass der DFB die Standards hoch hält"

Dass der Verband bereits Gespräche mit Stiftungen und Organisationen wie Amnesty International oder Reporter ohne Grenzen geführt hat, lobte Stefan Melle vom Deutsch-Russischen Austausch e.V. ausdrücklich. Er berichtete, dass die russische Regierung den Confed Cup und die WM bereits genutzt habe, um die Versammlungsfreiheit weiter einzuschränken. "Es ist wichtig, dass der DFB die Standards hochhält", wünscht Melle sich einen offenen Blick: "Man soll nicht alles akzeptieren, was dort geschieht."

Dass die WM überhaupt nach Russland vergeben wurde, hält Grindel grundsätzlich aber nicht für falsch: „Das ist eine Fußballnation mit Millionen von Fußballfans, die auch das Recht auf so ein Turnier haben.“ Das sah auch Fanvertreter Endemann prinzipiell nicht anders. Er wünscht sich jedoch bindendere Vergabekriterien (bzgl. Arbeitsbedingungen, Menschenrechte etc.) und dass einem Ausrichter ein Turnier bei Verstößen gegen diese auch wieder entzogen werden kann.

André Dersewski