Auf dem Weg zum Jubel: Maniche beim 1:0. dpa
Nachdem Portugals Trainer Luiz Felipe Scolari beim 2:1-Sieg gegen Mexiko einige Stars geschont hat, da die Qualifikation für das Achtelfinale bereits geschafft war, liefen die Portugiesen wieder in Bestbesetzung auf. Nuno Valente, Costinha, Deco, Cristiano Ronaldo und Pauleta standen für Petit, Caneira, Tiago, Helder Postiga und Simao auf dem Rasen im Nürnberger FIFA WM-Stadion. Nach dem Zoff im Quartier der Niederländer in Hinterzarten zwischen Bondscoach Marco van Basten und van Nistelrooy hatte der Stürmer das Nachsehen. Für den ManU-Stürmer blieb nur Platz auf der Bank. Daneben nahmen auch gegenüber dem 0:0 gegen Argentinien van der Vaart, de Cler und Jaliens Platz. Neu in der Mannschaft waren somit Mathijsen, van Bronckhorst, van Bommel und Sturm-Star Robben.
Das erste Ausrufezeichen setzten die Niederländer schon in der zweiten Minute: Eine Kombination über Robben und Kuijt landete bei van Bommel, der aus 18 Metern trocken abzog. Der Ball ging knapp am linken Pfosten vorbei. Die "Elftal" agierte sicher am Ball und suchte den Erfolg immer wieder über die linke Seite, die Robben beackerte. Gegen die engmaschig stehende Abwehr der Portugiesen gelang der van Basten-Elf zunächst kein Durchkommen, sie verhedderte sich oder verstolperte den Ball. Möglichkeiten entstanden nach Standardsituation, als sich Ricardo einen van Bronckhorst-Freistoß sicherte (6.), oder durch Distanzschüsse, wie beispielsweise van Persie, dessen Schuss links vorbei ging (15.).
Die beiden Mannschaften entschieden sich für eine eher härtere Gangart. Schiedsrichter Valentin Ivanov schaute ganz genau hin, so wurde das Spiel immer wieder unterbrochen. Spielfluss kam in der Anfangsphase wenig auf. Figo & Co. hatten zwar weniger Feldanteile, wagten sich aber doch immer wieder nach vorne. Torgefahr strahlten sie dabei nicht aus - bis zur 24. Minute. Mit der ersten guten Chance fiel das erste Tor für den Vize-Europameister: Deco setzte sich über rechts durch und passte in die Mitte auf Pauleta, der für Maniche ablegte. Der Chelsea-Spieler ließ Ooijer aussteigen und verwandelte aus elf Metern in die rechte Torecke.
"Oranje" war nun gefordert, doch der Offensivdrang verpuffte weiter an der Abwehrmauer der Südwest-Europäer. Unsicherheiten, wie der Fehler von Meira, als er durch sein Wegrutschen Kuijt den Ball überließ (33.), konnten die Niederländer nicht ausnutzen. Die Holländer erhöhten den Druck weiter und hatten dann auch eine gute Möglichkeit durch van Persie, doch der Arsenal-Stürmer zielte aus spitzem Winkel daneben (38.).
Die Portugiesen wurden zunehmend passiver und verloren dann auch noch den Youngster des Teams: Boulahrouz hatte Cristiano Ronaldo am Oberschenkel getroffen, der ManU-Akteur versuchte noch weiterzuspielen, musste aber nach 34 Minuten den Platz verlassen. Kurz vor der Pause die nächste Hiobsbotschaft für Luiz Felipe Scolari: Der bereits mit Gelb verwarnte Costinha ging mit der Hand zum Ball. Schiedsrichter Valentin Ivanov schickte ihn folglich mit der Ampelkarte vorzeitig zum Duschen.
Ein Spiel mit schmutzigen Szenen: Costinha (re., gegen Cocu), flog als erster. dpa
Nach dem Seitenwechsel stärkten die Portugiesen die Defensive. Stoßstürmer Pauleta musste für den defensiven Mittelfeldspieler Petit weichen. Damit überließ der Vize-Europameister den Niederländern das Feld und verlegte sich aufs Konterspiel. Dies münzte die "Elftal" sogleich in Torchancen um: Erst klärte Ricardo einen Kuijt-Kopfball (47.), dann war der Keeper schon geschlagen, doch Cocus Elf-Meter-Schuss prallte von der Unterkante der Latte zurück ins Feld (50.). Beim dritten Versuch war wieder Ricardo zur Stelle, van Bommel zwang den Torwart von Sporting Lissabon zu einer Glanzparade (51.). Bondscoach Marco van Basten unterstützte nun die offensive Marschroute mit der Hereinnahme von van der Vaart. Doch das schaffte den Portugiesen mehr Platz beim Kontern. Eine gute Chance hatte bei einem solchen Angriff Maniche: Nach Figo-Vorarbeit schoss der Torschütze von der Strafraumgrenze, doch van der Sar parierte (58.).
Die Partie wogte nun hin und her, wobei sich die Gemüter weiter erhitzten. Die harte Spielweise gipfelte schließlich im nächsten Platzverweis: Figo versuchte an Boulahrouz vorbei zu kommen, der den Portugiesen mit seinem Ellenbogen im Gesicht traf. Da der Hamburger schon Gelb hatte, folgte nun die zweite Gelbe Karte (63.). Die Mannschaften waren wieder von der Anzahl der Spieler ausgeglichen, aber es wollte sich keines der Teams beruhigen. In der 73. Minute foulte Deco den eingewechselten Heitinga, daraufhin schubste Sneijder Petit um. Der Foulende und der Niederländer sahen Gelb. Keiner der 20 Spieler lernte daraus, und Schiedsrichter Valentin Ivanov griff weiter konsequent durch: Deco schund Zeit, indem er den Niederländern den Ball beim Freistoß wegnahm und kassierte dafür die nächste Ampelkarte (78.).
Das Spiel lebte in der Schlussphase von der Spannung und Dramatik, wozu minutenlange Unterbrechungen durch Missverständnisse beim Wechsel oder Diskussionen mit dem Schiedsrichter gehörten. Fußball gespielt wurde aber auch noch: So hatte Kuijt für "Oranje" die Riesenchance zum Ausgleich auf dem Fuß, doch im Duell mit Ricardo blieb der portugiesische Keeper der Sieger. Holland warf noch einmal alles nach vorne, ging bis an die Schmerzgrenze, doch der Abwehrbeton der Portugiesen hielt. Den Schlusspunkt setzt van Bronckhorst, der nach einem Foul gegen Tiago ebenfalls mit Gelb-Rot den Platz verließ.
Durch den 1:0-Sieg trifft der Vize-Europameister nun auf England. Holland muss vorzeitig die Heimreise antreten.