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Lionel Messis Revolver dank der Generation der Verlierer - Vizeweltmeister Argentinien im Porträt

Vizeweltmeister Argentinien im Porträt

Messis Revolver dank der Generation der Verlierer

Sinnbildlich: Lionel Messi im Nationaltrikot.

Sinnbildlich: Lionel Messi im Nationaltrikot. imago

Genauso gut, wie sich der Fußballfan an den Weltfußballer, den Titelsammler und die Tormaschine Lionel Messi im Trikot des FC Barcelona gewöhnt hat, so sehr hat sich in den letzten vier Jahren ein Bild verfestigt, das eigentlich so gar nicht passt zum vielleicht besten Fußballer aller Zeiten: Messi, im hellblau-weiß-gestreiften Trikot, der bitterlich weint. Wieder und wieder und wieder.

2014 das WM-Finale gegen Deutschland, 2015 und 2016 die Copa-Endspiele jeweils gegen Chile (1:4 n.E., 2:4 n.E.). Eigentlich hatte Messi ja auch schon genug, nach der neuerlichen Niederlage im Elfmeterschießen trat er aus der Nationalelf zurück - wenn auch nur für kurze Zeit.

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Das Kapitel Albiceleste scheint ein Unvollendetes für den Vollendeten zu bleiben. Wenig spricht dafür, dass Argentinien es 2018 nochmal ins Finale schafft. Zu sehr sind die Gauchos abhängig von Messi, zu schwach sind Abwehr und Mittelfeld aufgestellt. Wie bezeichnend es Trainer Jorge Sampaoli schon formulierte: "Wenn Leo gut drauf ist, hat er das Team mehr unter Kontrolle als ich."

Tatsache? "Der Fußball schuldet Messi einen WM-Titel"

Irgendwo verständlich, Sampaoli ist seit der Pleite im Maracana der dritte Trainer - und auch er hat es nicht wirklich geschafft, Argentinien voranzubringen. Die Qualifikation war der letzte Beweis, dass ohne Messi gar nichts geht. Einer von den mickrigen sieben Siegen aus 18 Spielen klappte ohne La Pulga und als es drauf ankam, entschied es der fünfmalige Weltfußballer alleine; unter höchstem Druck in fast 3.000 Höhenmetern in Quito. Beim 3:1-Sieg, der Argentinien vorbei an Kolumbien und Peru auf Platz vier beförderte, erzielte Messi alle drei Tore.

"Tatsache ist", meinte Sampaoli kurz danach, "dass der Fußball ihm einen WM-Titel schuldet und wir haben die Chance, das in Russland möglich zu machen". Tatsache ist auch, dass der Druck zunimmt; nicht auf Argentinien, sondern eigentlich nur auf Messi. "Er hat einen Revolver an seinem Kopf, der sich WM-Titel nennt", formulierte es Sampaoli etwas zu dramatisch. "Wenn er nicht gewinnt, wird er erschossen und getötet."

Die Generation der Verlierer

Javier Mascherano über das argentinische Final-Dilemma

Es spricht eher einiges dafür, dass sich die metaphorische Prophezeiung Sampaolis bewahrheitet, denn Problemzonen hat der Coach einige. Sein Stammkeeper Sergio Romero, 31-jähriger Reservetorwart von Manchester United, hat sich am Knie verletzt und fällt aus. Bleiben drei weitere Ü-30-Schlussmänner, von denen einzig ManCity-Ersatz Willy Caballero sporadisch seine internationale Klasse nachgewiesen hat.

Der hochkarätige Angriff - nur wer bedient ihn?

Die Abwehr ist ebenso wenig hochkarätig besetzt. Nicolas Otamendi (Manchester City) hat sich enorm entwickelt und ist die Säule im Zentrum, drum herum fehlt ein weiteres Kaliber. Marcos Rojo, der 2014 der aufstrebende Defensiv-Akteur war, hat wegen einer Kreuzbandverletzung fast die gesamte Saison gefehlt.

Lionel Messi und Angel di Maria

Zwei Teile des famosen Angriffs Argentiniens: Lionel Messi (links) und Angel di Maria. imago

Auch im Mittelfeld bleibt es überschaubar: Altstar Javier Mascherano, inzwischen in China bei Hebei Fortune, könnte als Absicherung noch immer eine Rolle spielen. Allerdings fehlt besonders ein Spielmacher. Messi könnte diese Rolle einnehmen, für die sonst wohl nur noch Youngster Giovani Lo Celso (Paris Saint-Germain) geeignet wäre.

Vorne hat Sampaoli dafür so viel Auswahl wie sonst kein anderer Nationaltrainer. Angel di Maria (PSG), Christian Pavon (Boca Juniors), Sergio Arguero (ManCity), Paulo Dybala und Gonzalo Higuain (beide Juventus) haben es geschafft, dass Torschützenkönig Mauro Icardi trotz 29 Serie-A-Treffern zuhause bleiben musste. Nur wer spielt auch tatsächlich? Denkbar wäre, dass di Maria im 4-2-3-1 den linken Flügel besetzt und Shootingstar Pavon rechts beginnt. Ganz vorn erhält Aguero wohl den Vorzug vor Higuain, dahinter verdrängt Messi Dybala auf die Bank. `

Messis letzte Chance mit der "Generation der Verlierer"

So hochkarätig der Sturm ist, so durchwachsen der Rest. Es könnte sein, dass der "Generation der Verlierer" (Mascherano) die Silbermedaille diesmal erspart bleibt, denn im Vergleich sind die Top-Favoriten deutlich besser besetzt. Ganz anders war das aber auch 2014 nicht.

Setzt sich Messis Dilemma im Nationaldress fort, scheint es nicht unwahrscheinlich, dass der noch 30-Jährige erneut sowie diesmal endgültig zurücktritt - und einen Scherbenhaufen hinterlässt.

mkr

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