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Vorbereitung mit Fruchtfliegen: Wie gut ist Deutschlands WM-Gegner Mexiko?

Deutschlands erster WM-Gegner im Porträt

Vorbereitung mit Fruchtfliegen: Wie gut ist Mexiko?

Nur über Fußball reden? Das geht in Mexiko gerade nicht: Chicharito beim Testspiel in Dänemark.

Nur über Fußball reden? Das geht in Mexiko gerade nicht: Chicharito beim Testspiel in Dänemark. Getty Images

"Mit ihren Positionswechseln und ihrer Raumaufteilung sind sie schon sehr weit", sagt Bundestrainer Joachim Löw im großen kicker-Interview (Montag) über die mexikanischen Nationalspieler, und er meint natürlich nicht das Thema, das Deutschlands WM-Auftaktgegner seit Tagen wie Fruchtfliegen umschwirrt und nicht mehr los wird: die angebliche 24-Stunden-Orgie, der sich der Kader vor gut einer Woche in Mexiko City hingegeben haben soll, rund 30 Escort-Damen inklusive. Auch wenn es bei weitem nicht Mexikos erster Sex-Eklat vor einem großen Turnier wäre: Auf der WM-Vorbereitung liegt seitdem ein düsterer Schatten, unabhängig davon, wie viele Details aus den heimischen Boulevardmedien nun tatsächlich stimmen.

Chicharitos Offensive: Fast alle Kollegen feierten mit, aber keine Escort-Damen

Inzwischen machen Gerüchte die Runde, dass der eigentlich gesetzte Hector Herrera, der zwischenzeitlich - mit Erlaubnis - abgereist war, um seine Frau ob der Berichte zu besänftigen, ernsthaft über eine WM-Absage nachdenkt; oder dass der Tipp für den Papparazzo, der die Affäre mit seinen Fotos erst ausgelöst hatte, aus der Mannschaft gekommen sei. Wohl auch deswegen ging Chicharito, Superstar und WM-Rekordtorjäger der "Tri", jetzt in die Offensive.

Wir alle wollen Weltmeister werden!

Chicharito

"Die Wahrheit ist, dass es ein Treffen war, um meinen Geburtstag zu feiern", versicherte der nun 30-jährige Ex-Leverkusener Sonntagnacht bei einem Facebook-Chat. Bis auf Ersatzkeeper Jesus Corona (private Gründe) seien alle Teamkollegen gekommen, dazu noch "viele andere Leute", aber "keinerlei Escort-Damen oder ähnliches". Und Kapitän Andres Guardado (147 Länderspiele) beteuert, obwohl Beobachter gerade das Gegenteil behaupten, das Team sei gerade wegen der letzten Tage "geschlossener denn je".

Mexiko überstand die letzten sechs Vorrunden - das schaffte nur ein Duo noch

Genau das gilt ja eigentlich als große Stärke einer Mannschaft, deren Kern schon seit Jahren zusammenspielt, gemeinsam auf fast 1500 Länderspiele kommt und in Russland Großes vorhat: "Wir alle wollen Weltmeister werden!", betont Chicharito, und er ist nicht der einzige, der das so offensiv formuliert. Dabei ist es viel wahrscheinlicher, dass Mexiko zum siebten Mal in Folge im Achtelfinale ausscheidet (nur Deutschland und Brasilien überstanden sonst die jüngsten sechs Gruppenphasen) und "das fünfte Spiel" ein geflügeltes Wort, weil unerreichbar für den Weltranglisten-15. bleibt: Wird Mexiko hinter Deutschland Zweiter, droht gleich im Achtelfinale Brasilien.

Und für die ganz großen Gegner scheint die Mannschaft auch diesmal nicht gerüstet zu sein, kein Kader-Mitglied spielt bei einem der ganz großen europäischen Klubs. Neben Herrera (Kapitän in Porto), Chicharito (West Ham) und Guardado (Real Betis) sind etwa Miguel Layun (Sevilla), Hector Moreno (Real Sociedad), der Frankfurter Carlos Salcedo oder Shootingstar Hirving Lozano (22, Eindhoven) gesetzt. Mit Diego Reyes (Porto) ist ein Schlüsselspieler immer noch mit Oberschenkelproblemen fraglich - er wäre wichtig im defensiven Mittelfeld, das sich in den drei Testspielen (0:0 gegen Wales, 1:0 gegen Schottland, 0:2 in Dänemark) wieder einmal nicht besonders stabil zeigte.

Trainer Osorio ist berüchtigt für spektakuläre taktische Ideen

Trainer Juan Carlos Osorio (56), ein Kolumbianer, der seit Oktober 2015 im Amt und für spektakuläre taktische Ideen bekannt ist (und dafür auch kritisiert wird), nutzte die Partien für gewohnt viele Experimente, auch personell; Keeper Guillermo Ochoa sagte nach dem 0:2 in Dänemark gar, die Mannschaft sei dazu angehalten gewesen, keinesfalls ihr ganzes Können zu zeigen - was dann vielleicht etwas zu gut gelang. Gerade die Offensive, das Prunkstück in Osorios 4-3-3-System samt hochstehender Abwehr und konsequentem Pressing, stottert noch gewaltig. Trotzdem stellt sich Deutschland am Sonntag (17 Uhr, LIVE! bei kicker.de) auf ein frühes Finale um den Gruppensieg ein.

"Die Mexikaner sind selbstbewusst, stolz, stark und fußballerisch sehr gut", lobt Löw neben Positionswechseln und Raumaufteilung. "Eine Mannschaft, die, wie wir, auch sehr viel Ballbesitz haben möchte und sehr gut nach vorn spielt. Sie sind extrem laufstark, lassen nie von dir ab." Im Confed-Cup-Halbfinale unterlag Mexiko Löws Elf nach frühen Gegentoren mit 1:4 , im Spiel um Platz drei (1:2 gegen Portugal) rastete Osorio dann verbal derart aus, dass ihn die FIFA für sechs Spiele sperrte. Die WM-Qualifikation gelang trotzdem souverän - der Eklat war schnell vergessen.

Jörn Petersen

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