Nationalelf

Ballack contra Bierhoff

Der Zoff und die Folgen

Ballack contra Bierhoff

Michael Ballack legt sich mit Oliver Bierhoff an

Der Augenblick des Eklats: Michael Ballack legt sich mit Oliver Bierhoff an. imago

Kapitän Michael Ballack drohte dem Manager nach einem Wortgefecht, dessen Inhalte besser nicht publiziert werden, sogar Hiebe an. Es war die wohl beste Tat des bei dieser EM glücklosen Kevin Kuranyi, dass er die Streithähne trennte, indem er den Kapitän mit festem Griff am Unterarm packte und fortzog. Der Anlass der Auseinandersetzung war eigentlich nicht der Rede wert. Bierhoff hatte den Kapitän aufgefordert, mit dem eigens entworfenen "Danke" -Transparent noch näher in die Fankurve zu laufen. Doch es war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. In diesem Moment, noch niedergeschlagen wegen des verpassten Titels, platzte Ballack der Kragen. Wie schon auf der mannschaftsinternen Sitzung nach der Niederlage gegen Kroatien im zweiten Gruppenspiel, als er Tacheles mit den Kollegen geredet hatte.

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Ballack warf in der Stunde der Niederlage "Event-Manager" Bierhoff vieles von dem an den Kopf, was sich in der langen Zeit der Vorbereitung auf Mallorca, im Trainingslager in Ascona und während des Turniers in ihm aufgestaut hatte.

Ballack: Wenig Lust auf Karneval

Events - das war und ist nicht das Ding des Michael Ballack. Wie er denkt auch Torsten Frings, die zweite Leitfigur in der Nationalmannschaft. So zog sich der Kapitän auch schneller als die anderen zurück bei der Verabschiedung der Nationalmannschaft auf der Berliner Fanmeile am Montag, die regelrecht karnevalistische Züge um den Spaßmacher Oliver Pocher und die Moderatoren Johannes B. Kerner und Monica Lierhaus angenommen hatte. Disco, Party, Clownerie - das ist nicht Ballacks Welt.

WM-Qualifikation

Und die Welt bei der Nationalmannschaft wird sich ändern nach dem Versteckspiel hinter abgedeckten Zäunen und hermetisch abgeriegelten Quartieren einer "Fit & Fun"- Gesellschaft. Die Vorgaben des Managements und der sportlichen Führung haben praktisch zu einer Entmündigung der Nationalspieler geführt. Kritik verboten. Beispiel: Jedes Spielerinterview wird von Dritten autorisiert. Dass auch Manager und Mitglieder des Trainerstabs ihre Familienangehörigen mit in die Mannschaftsquartiere bringen, ist in dem während der EM und der Vorbereitung praktizierten Ausmaß ein Novum in der Geschichte der Nationalmannschaft. Das hat zu Diskussionen unter den Spielern geführt. Events und Marketing müssen reduziert werden. Da eine Uhr, mit dem Hinweis, sie doch möglichst auf der Pressekonferenz zu tragen, hier ein Koffer und dort ein neues Fitnessgerät - bitte alles möglichst schön präsentieren. Alles Dinge, die am Kern vorbeigehen.

Das Ende von Glimmer und Glamour?

Doch wer wagte schon, aufzubegehren? In einem Kader der Dankbaren um Lehmann, Metzelder und Odonkor, die mitgenommen wurden, ohne vor dem Turnier ihre EM-Tauglichkeit unter Beweis stellen zu können. Der exzellente zweite Platz nach überwiegend mageren Leistungen hat den Blick für die Realität nur bei wenigen nicht verstellt. Der Krach zwischen Kapitän Ballack und Manager Bierhoff lässt eine Entwicklung erahnen: Das Ende von Glimmer und Glamour, von überzogenem Event-Denken und Vorschriften, wie sie ein Lehrer vor einer Klassenfahrt erlässt, naht.

Rainer Franzke