EM

Boniek über Polen: "Starke Einzelspieler, aber keine Mannschaft"

Exklusiv-Interview mit dem kicker

Boniek über Polen: "Starke Einzelspieler, aber keine Mannschaft"

In der Casa Azzurri, dem Medienzentrum der Italiener in Krakau, verfolgte er die Partie Ukraine gegen Schweden. Das anschließende Konzert des Italo-Barden Umberto Tozzi gönnte sich Zbigniew Boniek (56) nicht mehr. Der frühere Weltklassespieler in Lodz, bei Juventus Turin und dem AS Rom, der 80 Länderspiele für Polen bestritt und 2002 die Nationalelf trainierte, gab dem kicker nach dem Ende der ersten Runde ein Exklusiv-Interview.

Gastgeber und UEFA-Präsident: Zbigniew Boniek (li.) gemeinsam mit Michel Platini vergangene Woche in Warschau.

Gastgeber und UEFA-Präsident: Zbigniew Boniek (li.) gemeinsam mit Michel Platini vergangene Woche in Warschau. Getty Images

kicker: Wie sind Sie mit dem Niveau der EM zufrieden, Herr Boniek?

Zbigniew Boniek: Es ist bisher ein Turnier mit sehr guten Leistungen. Alle Spiele auf einem guten Level, taktisch und technisch. Vor allem finde ich das enorme Tempo erwähnenswert. Es gibt kaum Leerlauf.

Europameisterschaft - Vorrunde, 2. Spieltag
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Europameisterschaft - Tabelle - Gruppe A
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01.01.1919

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kicker: Sie sind zu Gast im Haus der Italiener. Wie beurteilen Sie den Auftritt der Nationalelf aus Ihrer "zweiten Heimat"?

Boniek: Die Italiener haben eine neue Mannschaft aufgebaut, die mir gefällt. Cesare Prandelli hat gute Arbeit geleistet. Die neue Generation verspricht viel, wie wir beim Remis gegen Spanien gesehen haben.

kicker: Ist Italien nun ein Mitfavorit?

Gruppe A, 2. Spieltag

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Boniek: Spanien bleibt für mich in der Gruppe favorisiert, doch Italien kommt in die zweite Runde. Dann ist alles möglich. Gegen die Italiener ist es schwer zu spielen, weil sie taktisch gut ausgebildet sind.

kicker: Was sagen Sie zum Auftritt Ihrer Landsleute?

Boniek: Polen hat sehr starke Einzelspieler: an erster Stelle die Dortmunder Lewandowski, Piszczek und Blaszczykowski sowie Torwart Szczesny. Doch es ist keine Mannschaft. Das hat das Eröffnungsspiel gezeigt. Wie kann man ein solches Spiel noch aus der Hand geben? Unmöglich, gegen die Griechen nicht zu gewinnen.

kicker: Und der Co-Gastgeber?

Boniek: Die Ukraine hat mich überrascht. Ich hatte ihr nicht so viel zugetraut. Blochin hat eine Einheit geformt, der alles zuzutrauen ist.

kicker: Wie bewerten Sie den Auftritt der deutschen Elf?

Boniek: Auch wenn gegen Portugal noch nicht alles geklappt hat, die Deutschen haben gewonnen. Für mich stehen sie über allen anderen.

"Ich erwarte, dass Deutschland ganz sicher ins Finale kommt"

kicker: Was heißt das konkret?

Boniek: Ich erwarte, dass Deutschland ganz sicher ins Finale kommt.

kicker: Sagen Sie das nur, weil Sie nun mit einem deutschen Sportmagazin sprechen?

Boniek: Nein, nein. Ihr seid nun mal gut, habt eine tolle Truppe. Unter Jogi Löw hat sich der deutsche Fußball enorm entwickelt.

kicker: Wer zählt nach den ersten Eindrücken zu den aussichtsreichsten Nationen?

Boniek: Es sind einige, die ins Endspiel kommen können. Spanien habe ich schon genannt, vielleicht Italien. Doch auch Frankreich und England haben mich überzeugt. Vielleicht die Ukraine mit dem Heimvorteil. Es ist noch zu früh, darüber etwas zu sagen. Das Turnier wird sich erst noch entwickeln.

kicker: Und was ist mit Vize-Weltmeister Holland?

Boniek: Die Niederländer haben mich enttäuscht. Robben und van Persie, Sneijder und Afellay – am besten wäre, es würde für jeden ein Ball im Spiel sein. Großartige Solisten, doch keinerlei Teamwork.

Interview: Hans-Günter Klemm