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"Wie lange noch?" Der Druck auf Klopp wächst

Liverpools Probleme vor dem 3. Spieltag

"Wie lange noch?" Der Druck auf Klopp wächst

"Typisch Klopp" war nicht nur das 4:3 bei Arsenal: Liverpool-Trainer Jürgen Klopp.

"Typisch Klopp" war nicht nur das 4:3 bei Arsenal: Liverpool-Trainer Jürgen Klopp. imago

Erik Lamela, 24 Jahre alter Argentinier im Trikot von Tottenham Hotspur, kann Unglaubliches am Ball. Sein Problem gerade: Er zeigt es auch. Als er beim 1:0-Sieg gegen Crystal Palace kurz vor Schluss Andros Townsend, seinem Ex-Teamkollegen, den Ball kunstvoll durch die Beine schob, reagierte sein Trainer verärgert: "Für mich ist wichtig, dass man seinen Gegenspieler respektiert", ermahnte Mauricio Pochettino seinen Landsmann. Mitspieler Danny Rose, der noch auf dem Platz seine Hände überm Kopf zusammenschlug, meinte: "Ich habe nur gedacht: Erik, warum machst du das?"

Dies, so scheint es, ist gerade das größte Problem der Spurs, die mit vier Punkten aus zwei Spielen ordentlich in die neue Saison gestartet sind. Ihr Gegner am Samstag (13.30 Uhr) hat nur einen Punkt weniger, aber, so scheint es, einige Probleme mehr: Der FC Liverpool und Jürgen Klopp müssen sich am dritten Premier-League-Spieltag schon beweisen.

"Wie lange wird Liverpool Klopp noch die Treue halten?", wagte unter der Woche der angesehene "Guardian" zu fragen. Das ist schon ein wenig unerhört, haben die Reds diese Frage doch mit der Verlängerung des Trainervertrags bis 2022 im Juli eigentlich hinlänglich beantwortet. Doch ein einziges Spiel hat gereicht, um die Euphorie in Anfield zumindest auf die Probe zu stellen.

Klopps Punkteschnitt liegt weit unter dem seines Vorgängers

Das 4:3 bei Arsenal war ein Fall von "Typisch Klopp", das folgende 0:2 bei Aufsteiger Burnley allerdings auch: Die Unfähigkeit, nach großen Siegen auch die unspektakuläre Arbeit zu erledigen, nicht nur gegen offensive Mannschaften zu glänzen, sondern auch gegen tiefstehende, begleitete Liverpool schon durch die vergangene Saison. Klopp holte 1,59 Punkte pro Spiel, der ungeliebte Vorgänger Brendan Rodgers 1,88. Klopps Aufbauarbeit ist beachtlich, seine Transfers eher raffiniert als aufsehenerregend - doch irgendwann, so findet nicht nur der "Guardian", müsse sich das auch in Konstanz, Erfolgen also, niederschlagen.

Ist der Kader dazu in der Lage? Die qualitativen Schwierigkeiten auf der linken Abwehrseite sind altbekannt , die Innenverteidigung Lovren/Klavan scheint von einem Traumduo weit entfernt zu sein, Mamadou Sakho, der Abwehrchef der Vorsaison, ist in Klopps Gunst gefallen. Und ob Kapitän Jordan Henderson in der Rolle als Stratege im defensiven Mittelfeld tatsächlich am besten aufgehoben ist, darf bezweifelt werden.

Sturridge beschwert sich: "Ich bin Mittelstürmer!"

Es gehe darum, "den Rhythmus zu finden", sagte Klopp am Donnerstag und erklärte damit auch, warum er im Ligapokal bei Außenseiter Burton fast seine stärkste Elf aufgeboten hatte. Doch auch nach dem lockeren 5:0 tat sich eine Baustelle auf: Daniel Sturridge, fähigster Liverpooler Angreifer, beschwerte sich öffentlich, dass er in Burnley auf dem rechten Flügel spielen musste. "Ich bin Mittelstürmer, dort laufe ich auf Autopilot", erinnerte er. "Ich habe meinen Job zu machen, das bedeutet aber nicht, dass ich ihn gerne mache."

Klopps Reaktion: gelassenes Achselzucken. "Ich will Daniel nicht auf dem Flügel aufstellen, aber er kann da spielen. Es ist keine feste Position, wo du außen stehst und auf den Ball wartest." Den Doppelpack, den Sturridge als Einwechselspieler gegen Burton erzielte, "hat er innerhalb des Sechzehners gemacht, da war er also gerade nicht auf dem Flügel. Es gibt absolut kein Problem."

Can soll die Mittelfeldsorgen beheben, ist aber angeschlagen

Gegen Tottenham könnte Sturridge eine noch unangenehmere Position einnehmen, die auf der Bank nämlich; weil Sadio Mané, der zuletzt angeschlagene Neuzugang, nach seinen Leistungen in der Vorbereitung und bei Arsenal gesetzt ist - und Klopp auf sein Tempo gegen die pressenden Spurs nicht verzichten kann. In der Innenverteidigung wird Joel Matip, der potenzielle neue Abwehrchef, nach ausgestandenen Knöchelproblemen sein Premier-League-Debüt feiern, und noch ein zweiter Ex-Bundesliga-Spieler soll jetzt Halt geben: Emre Can sieht Klopp da, wo Henderson gerade aushilft, in der defensiven Mittelfeldzentrale. Allerdings ist der Nationalspieler "etwas fraglich", ihn plage jener Knöchel, der ihm schon in der Vergangenheit Schmerzen bereitete, sagt sein Trainer.

Im Oktober 2015 feierte Klopp an der White Hart Lane sein Liverpool-Debüt . Was hat sich seit dem 0:0 getan? "Wir sind erfahrener, fühlen uns zusammen stärker", findet er selbst, "wir haben viele gute Momente zusammen geteilt." Meistens gegen Mannschaften, die selbst nach vorne spielen wollten. Und so ist der Auftritt gegen Tottenham für die Entwicklung in Liverpool vielleicht weniger aussagekräftig als der am 4. Spieltag gegen Leicester.

jpe