Bundesliga

"Friedenspfeife? Nicht nötig."

Hoffenheim: Interview mit Manager Schindelmeiser

"Friedenspfeife? Nicht nötig."

Jan Schindelmeiser

Kann sich ein zufriedenes Lächeln nicht verkneifen: Manager Jan Schindelmeiser. imago

Für Uli Hoeneß ist der FC Bayern gefühlter Herbstmeister. Für Sie auch, Herr Schindelmeiser?

Jan Schindelmeiser: Gefühle sind subjektiv. Im Gegensatz zur Tabelle. Wir haben eine exzellente Hinrunde gespielt, genießen das und stehen verdient dort oben. Aber wir kokettieren nicht damit. Es ist eine Momentaufnahme.

Uli Hoeneß sagte aber auch, die Zeit, Giftpfeile abzuschießen, sei vorbei. Haben Sie gemeinsam die Friedenspfeife geraucht?

Schindelmeiser: Die ist überhaupt nicht nötig, weil es zwischen uns keine Auseinandersetzung gibt. Es sind in der Tat ein paar Grußbotschaften ausgetauscht worden, primär vor dem Spiel gegen München. Alles längst Geschichte.

Einspruch. Hoeneß' Sofavorwurf konterten Sie damit, künftig unter der Woche internationale Freundschaftsspiele auszutragen, um Chancengleichheit zu wahren. Und Ihr Spruch, dass Sie den Bayern den Herbstmeistertitel widmeten, war schon ganz schön kess.

Schindelmeiser: Sie geben den Aussagen zu viel Bedeutung. Es gibt keine Animositäten gegenüber den Bayern. Wir wollen nicht einmal ansatzweise den Eindruck erwecken, dass wir mit den Bayern auf Augenhöhe sind.

Aber Grenzen abstecken?

Schindelmeiser: Ich vertrete die Interessen unseres Klubs und muss bereit sein, sie konsequent zu verteidigen.

Wo hört der Respekt auf?

Schindelmeiser: Wenn wir unsachlich attackiert oder Mitglieder unseres Teams persönlich angegriffen werden. Spätestens hier muss ein Stoppschild gesetzt werden.

Huub Stevens sagte am Samstag, es sei das übliche Spiel der Bayern, so Druck auf einen ernsten Konkurrenten aufzubauen.

Schindelmeiser: Das möchte ich nicht kommentieren. Ich kann es sehr gut einordnen. Wir empfinden keinen Druck. Und auch für uns gilt: Wer sich öffentlich miteinander reibt, darf auch nicht empfindlich sein, wenn er eine Replik erhält. Wir werden jetzt nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. An Fortsetzungsgeschichten dieser Art sind wir nicht interessiert.

Gab es mittlerweile ein Telefonat zwischen Ihnen beiden?

Schindelmeiser: Nein. Aber es gibt überhaupt keine Berührungsängste. Im Gegenteil. Ich würde mich freuen, Hoeneß demnächst zu sehen, mich mit ihm auszutauschen. Aber wissen Sie, was mir in diesem Zusammenhang nicht gefällt. Die Tatsache, dass sich viel zu viel um Bayern und uns dreht.

Jan Schindelmeiser (li.) und Ralf Rangnick

Ein erfolgreiches Team : Manager Jan Schindelmeiser (li.) und Trainer Ralf Rangnick imago

Ist es nicht eine Ehre?

Schindelmeiser: Schon, aber es entsteht dadurch für unsere Mitbewerber eine sehr komfortable Situation im Windschatten dieses vermeintlichen Duells. Es ist grotesk, die Spitze der Bundesliga auf zwei Vereine zu reduzieren. Es sind fast zehn Klubs, die ganz vorne reinstoßen können. Wenn wir am Saisonende in den obersten Tabellenbereichen bleiben sollten, wäre das eine absolute Sensation. Es wird eine außergewöhnliche, aber auch reizvolle Herausforderung, in der Rückserie oben zu bleiben. Nur: Wir müssen noch akribischer, härter und besser arbeiten.

Trotz des Erfolges bleibt man realistisch

Wie fragil ist der Erfolg des ersten Halbjahres?

Schindelmeiser: Wir haben ein Fundament, das sich im Laufe der Hinserie verfestigt hat. Unsere Mannschaft ist gereift, mental, trotz ihres jungen Alters, erstaunlich stabil. Ich glaube nicht, dass sie einen Einbruch erleidet. Aber wir sind nicht naiv. Es kann zu Rückschlägen kommen.

Was sind die größten Gefahren, die nun drohen?

Schindelmeiser: Wenn wir uns von den Dingen, die uns in den letzten zweieinhalb Jahren ausgezeichnet haben, ablenken lassen. Wenn wir darüber nachdenken: Wo landen wir am Saisonende? Geben wir diesen äußeren Einflüssen nach, kann das die Energie für die nächsten Aufgaben kosten. Wir führen heute keine Diskussionen, wo wir am Ende stehen. Es gibt keine Abkürzung zum letzten Saisonspiel.

Käme ein internationaler Wettbewerb sogar zu früh?

Schindelmeiser: Sportlicher Erfolg kommt nie zu früh. Unser Ziel ist es, die vorhandenen Potenziale auszuschöpfen. Die Mannschaft kontinuierlich weiterzuentwickeln. Gelingt dies, muss es einer guten Platzierung nicht entgegenstehen.

Kann die Mannschaft Meister werden?

Schindelmeiser: Gefährliche Frage. Beantworte ich diese mit "ja", verbessert es die Chancen der Mannschaft, am Ende weit oben zu stehen, nicht. Wir werden diese Frage nicht diskutieren.

Wir sind nicht naiv. Es kann zu Rückschlägen kommen.

Jan Schindelmeiser

Wie ist die langfristige Planung angelegt?

Schindelmeiser: Wir werden das Gesamtgebilde weiter stabilisieren. Dies gilt auch für den Kader. Wollen wir die vorhandene Substanz erhöhen, müssen wir die Spieler, die da sind, individuell weiter verbessern. Und zudem werden wir Substanz von außen zuführen. Ziel muss bleiben, eine gute Balance herzustellen und die außergewöhnliche Atmosphäre im Team zu erhalten.

Wie viele Spieler sind das?

Schindelmeiser: Im Augenblick kann ich mir nicht vorstellen, dass wir mehr als fünf Spieler holen. Eher weniger. Wir werden unserer Philosophie treu bleiben und nicht von unserem Profil abweichen. Sie werden jung sein und über ein hohes Potenzial verfügen.

Auf der Torwartposition haben Sie Ihr Credo von Spielern zwischen 17 und 23 mit der Verpflichtung von Timo Hildebrand schon aufgeweicht.

Schindelmeiser: Die Torwartposition muss man spezifisch betrachten. Aber ich kann Ihnen erklären, was ich will. Von Bedeutung sind die nächsten Entscheidungen, die wir treffen. Wir werden unserer Linie treu bleiben und den Kader eher von unten auffüllen mit Spielern, die vielleicht noch ein wenig Zeit brauchen. Unsere Ambitionen werden realistisch bleiben. Wir werden den Jungs, die bei uns bleiben, nicht ihre Entwicklungschance verbauen. Diejenigen, die unseren Weg seit eineinhalb Jahren mitgegangen sind, bilden das Gerüst. Und wir hoffen, bald Spieler aus den eigenen Reihen einbauen zu können.

Zum Thema

Wie zuversichtlich sind Sie, Spieler wie Ibisevic, Obasi oder Demba Ba halten zu können?

Schindelmeiser: Sehr zuversichtlich, auch was Vedad Ibisevic angeht. Sollten aber absolute Topklubs kommen und unsere Jungs mit Gehältern ködern, die unseren Rahmen sprengen, werden mögliche Verlängerungen zu Herausforderungen. Letztgenannte verfügen über langfristige Verträge, auch Vedads Vertrag läuft nicht im Sommer aus, sondern 2010.

Zumindest muss man Sie dann so bezahlen, dass der Trainer, wie er im Spiegel-Interview verriet, nicht mehr der Topverdiener ist.

Schindelmeiser: Das hat er nicht gesagt. Er meinte: Grundsätzlich sollte es so sein, dass sich die Vergütung an der Verantwortung für ein Unternehmen orientiert. Das korrespondiert nicht immer mit dem Markt im Profifußball. Niemand kann am Markt vorbei operieren. Wir werden das machen, was wir verantworten können und wollen.

Die Begehrlichkeiten der Spieler werden wachsen.

Schindelmeiser: Dessen sind wir uns bewusst, insbesondere, wenn wir weiter so erfolgreich sind. Wichtig ist, dass unser Gefüge in der Balance bleibt. Schaffen wir das nicht, kann dies Auswirkungen auf die Atmosphäre im Team haben.

Werden Sie auf dem Transfermarkt noch einmal zuschlagen?

Schindelmeiser: Unsere Planung ist auf den Sommer ausgerichtet. Ich will aber nicht ausschließen, dass wir noch einmal aktiv werden. Es wäre aber ein Vorgriff auf die neue Saison.

Interview: Uwe Röser