Bundesliga

365 Tage nach dem Comeback: Die Hoeneß-Bilanz

FC Bayern: Fünf Eckpunkte eines turbulenten Jahres

365 Tage nach dem Comeback: Die Hoeneß-Bilanz

Uli Hoeneß ist am heutigen Freitag exakt 365 Tage zum zweiten Mal im Amt als Präsident des FC Bayern.

Uli Hoeneß ist am heutigen Freitag exakt 365 Tage zum zweiten Mal im Amt als Präsident des FC Bayern. imago

In seiner damaligen Bewerbungsrede hatte Hoeneß knapp neun Minuten lang in freiem Vortrag seine allumfassende Hilfe versprochen. Er werde sich "um alles kümmern", wo er das Gefühl habe, "dass ich helfen kann". Gesagt getan - er hat sich, ganz der frühere und ewige Manager, intensiv und nachhaltig eingebracht. Der kicker nennt die wesentlichen Punkte eines turbulenten Jahres.

Der Trainerwechsel: Von Ancelotti zu Heynckes

Es geschah gleich in der Nacht nach der heftigen 0:3-Niederlage in Paris, also in den ersten Stunden des 28. September 2017. Die Bayern-Verantwortlichen Hoeneß, Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge sowie Sportdirektor Hasan Salihamidzic erörterten die vertrackte sportliche Lage, die die Münchner Macher in zweierlei Hinsicht alarmierte: erstens wegen der Demütigung in der Champions League, zweitens wegen des dritten Tabellenplatzes in der Bundesliga - Spitzenreiter Dortmund hatte drei und der Zweite Hoffenheim einen Zähler mehr als der fünfmalige Serienmeister FC Bayern. Hoeneß, der die Missstände, die sich unter dem Chefcoach Carlo Ancelotti schon in der Vorsaison breitgemacht hatten, seit langem mit Sorge beobachtete, sah nun den Moment für unverzügliche Entscheidungen gekommen. Und er nannte sogleich seinen ersten Kandidaten, den er - mit Einverständnis seiner beiden Partner - schnellstens anrufen wollte: Jupp Heynckes. Die Absicht war klar, es sollte keinerlei Zeit für die Eingewöhnung eines komplett neuen Trainers vergeudet werden. Hoeneß traf als Vorhut den altbekannten Weggefährten und Freund; Rummenigge folgte mit Salihamidzic, der Plan ging bislang perfekt auf. Den Bauchmenschen Hoeneß hatte wie so oft die richtige Intuition angetrieben.

Bayern München - Vereinsdaten
Bayern München

Gründungsdatum

27.02.1900

Vereinsfarben

Rot-Weiß

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Trainersteckbrief Heynckes
Heynckes

Heynckes Jupp

Bundesliga - 13. Spieltag
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Bundesliga - Tabelle
Pl. Verein Punkte
1
Bayern München Bayern München
29
2
RB Leipzig RB Leipzig
26
3
FC Schalke 04 FC Schalke 04
24

Der Sportdirektor: Hoeneß findet Rummenigges Idee gut

Nachdem sich Matthias Sammer im Sommer 2016 als Sportvorstand verabschiedet hatte, entstand ein Vakuum in der Betreuung der Mannschaft. Die italienische Crew rund um Ancelotti führte ihr Eigenleben, es fehlten die Kontrolle und die Verbindung vom Profibereich zur Führungsebene. Hoeneß favorisierte für diese umfangreichen Aufgaben - permanente Präsenz bei der Mannschaft, vor allem in jedem Trainingslager; Kaderplanung und Transfers; Jugendbereich – den Mönchengladbacher Max Eberl, Rummenigge eher Philipp Lahm, der zum Ende der Saison 2016/17 seine aktive Karriere beendete. Anfang Februar 2017 sagte Lahm ab, er hatte Sportvorstand und nicht nur Sportdirektor werden wollen. Hoeneß, seit Anfang Februar 2017 wieder der Aufsichtsratsvorsitzende, sowie einige der prominenten Mitglieder dieses Kontrollgremiums reagierten befremdet auf Lahms Bestreben, sie wollten, dass er sich erst einarbeitet. Also wurde es nichts aus dieser Konstellation. Genauso wenig kam es zur Anstellung Eberls, der Anfang April seinen Vertrag bei Borussia Mönchengladbach um zwei Jahre bis 2022 verlängerte.

Während der Fernost-Reise in der zweiten Julihälfte fragte Rummenigge plötzlich Hoeneß, was er von einem Sportdirektor namens Hasan Salihamidzic halte. Hoeneß fand diese Idee gut. Der einstige Bayern-Spieler, zwischen 1998 und 2007 für die Münchner 234-mal in der Bundesliga aktiv und 2001 Mitglied des Siegerteams in der Champions League, war bei dieser Tour für den FC Bayern als Botschafter aktiv gewesen, wie Giovane Elber oder Miroslav Klose. Anfang August wurde Salihamidzic als neuer Sportdirektor vorgestellt und arbeitet sich seither im neuen Beruf ein. Gelobt werden von Hoeneß dessen Fleiß und die engagierte, direkte Art.

Die Transferpolitik: "Spieler für 100 Millionen Euro - nicht akzeptabel"

In Zeiten, in denen die Ablösesummen bis auf 222 Millionen anschwellen, beriet auch der FC Bayern, ob er etwa einen Alexis Sanchez vom FC Arsenal verpflichten solle. Der chilenische Nationalstürmer träumte von einem Gehalt von rund 25 Millionen Euro. Hoeneß prägte in jener Phase den entscheidenden Satz: "Ein Spieler für 100 Millionen Euro ist für den FC Bayern nicht akzeptabel." Zum kicker sagte er im ausgehenden September: "Es wird der Zeitpunkt kommen, wo alle, die jetzt so viel Geld rausdonnern, kleinere Brötchen backen werden, weil der sportliche Erfolg sich nicht so einstellt, wie es sich die Geldgeber vorgestellt haben." Er formulierte gleich die von ihm erhoffte Konsequenz daraus: "Die Geldgeber werden sagen, jetzt haben wir so viel Geld reingesteckt und erreichen nicht, was wir erreichen wollen, jetzt haben wir die Schnauze voll." Und dann, so der FCB-Präsident damals, "ist unsere Zeit da".

Hoeneß hat schon immer diese klare Maxime vertreten: Wir geben nur so viel Geld aus, wie wir einnehmen - ein gewisses Risiko, wie 2007 bei den Transfers von Franck Ribery, Luca Toni und Miroslav Klose nicht ausgeschlossen. Damals machten die Bayern insgesamt rund 80 Millionen Euro locker, nach dem vierten Platz in der Bundesliga 2006/07 und der Verbannung in den UEFA-Pokal. Auch 2012, nach den drei zweiten Plätzen in der Liga, im Pokal und in der Champions League, sagte er den richtungweisenden Satz: "Ich habe keine Lust, auf Dauer immer nur Zweiter zu werden." Bald wurde der damalige Rekordtransfer von 40 Millionen Euro für Javi Martinez abgesegnet - zum Ende der Runde 2012/13 stand das Triple. Möglichst optimaler sportlicher Erfolg auf der Basis wirtschaftlicher Solidität, notfalls gepaart mit einem gewissen Investitionsrisiko, war immer der Hoeneß'sche Ansatz, daran hat sich nichts geändert.

Die Jugendakademie: Klappt der Drei-Jahres-Plan?

Am 21. August wurde der neue "FC Bayern Campus" offiziell eingeweiht, ein 70-Millionen-Euro-Projekt, das sich über 30 Hektar erstreckt. "Mit diesem Campus haben wir die Chance, in Zukunft viel Erfolg zu generieren", sagte der Präsident. " Möglicherweise ist der Campus die Antwort auf das, was derzeit an Transferwahnsinn und Gehaltsexplosion draußen passiert. Ich bin überzeugt, dass wir hier die richtige Antwort auf die Entwicklung im internationalen Fußball geben können." Ziel sei es, heutige Leistungsträger wie Thomas Müller oder David Alaba aufzubauen. Innerhalb von drei Jahren möchte er erste Ergebnisse sehen.

Ob es so schnell geht? Hoeneß verwies aber nicht allein auf den fußball-professionellen Bereich, sondern auch auf den ideellen: Es sollen dort ebenso "vernünftige Menschen" ausgebildet werden. Insgesamt solle der Campus zu einem "Markenzeichen" des FC Bayern werden. Die hier ausgebildeten Jungs sollen das Mia san Mia des FC Bayern nach außen tragen.

Die Identität des FC Bayern: Gelebte Nähe zum Fan

Hoeneß hat diesen Verein, zu dem er 1970 als Spieler stieß und den er nach seiner Karriere von 1979 bis 2009 als Manager zu dem machte, was er heute darstellt, sportlich, ökonomisch, aber auch ideell geprägt. Die Bedeutung der Bayern-Familie hat er immer herausgestellt und dieses Ideal gepflegt. So war er selbstverständlich vor Ort, als der FC Bayern am 20. August in Coburg zum zuletzt nicht mehr kultivierten Traumspiel gegen den Fanclub Red Residenz antrat. Hoeneß lebt die Nähe zum Fan. Die erste Aktion seiner neuen Amtsperiode war der von ihm vor vielen Jahren eingeführte Profibesuch bei einem FCB-Fanklub, er fuhr vor einem Jahr nach Röslau ins Fichtelgebirge, zweieinhalb Stunden mit dem Auto. Damals war der Rekordmeister Zweiter in der Bundesliga, drei Punkte hinter RB Leipzig. Heute sind die Münchner Erster, mit sechs Punkten Plus gegenüber Schalke und Leipzig. Auch da hat sich die Situation geändert.

Karlheinz Wild

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