Bundesliga

Ingolstadts Geschäftsführer Harald Gärtner nach Stindls Handtor: "Höchste Zeit, öffentlich zu sensibilisieren"

Ingolstadts Geschäftsführer im kicker-Interview

Gärtner: "Höchste Zeit, öffentlich zu sensibilisieren"

"Ich möchte nicht am 34. Spieltag über Schiedsrichterentscheidungen reden": FCI-Geschäftsführer Harald Gärtner.

"Ich möchte nicht am 34. Spieltag über Schiedsrichterentscheidungen reden": FCI-Geschäftsführer Harald Gärtner. imago

kicker: Mit drei Tagen Abstand: Hat sich Ihr Ärger über das kontroverse Handtor von Lars Stindl gelegt, Herr Gärtner?

Harald Gärtner: Jein. Man sieht, dass der Arm aktiv Richtung Ball geht. Das war ein irregulärer Treffer.

kicker: Ändern können Sie es nicht mehr .

Gärtner: Stimmt. Es fällt uns jedoch schwer, mit solchen Entscheidungen zu leben. Wir jammern nicht, aber wenn man eine ganze Saison mit unseren Möglichkeiten fair um den Klassenerhalt kämpft, dann erwarte ich, dass die Regeln korrekt ausgelegt werden .

kicker: Werden Sie das nicht?

Gärtner: Wir haben den 22. Spieltag hinter uns und mussten einige Nackenschläge durch Schiedsrichter-Fehlentscheidungen in Schlüsselszenen des Spiels verkraften. Ich möchte nicht am 34. Spieltag über Schiedsrichterentscheidungen reden, sondern über unsere sportliche Leistung. Deshalb melden wir uns zu Wort.

kicker: Können Sie Beispiele nennen?

Gärtner: Vorneweg: Unser Start mit zwei Punkten aus zehn Spielen war schlecht. Wir brauchen nicht auf einzelne Beispiele eingehen, aber es gab schon im Laufe der Saison viele 50:50-Situationen, die gegen uns ausgelegt worden sind.

kicker: Umgekehrt haben sich schon Gegner beschwert, der FC Ingolstadt würde es vor allem auf Freistöße absehen.

Gärtner: Mir gefällt diese Diskussion nicht. Wenn beispielsweise Dario Lezcano 90 Minuten bearbeitet wird, gibt es auch Situationen, die kein Foul sind, ja. Es kann aber nicht sein, dass fast alle 50:50-Entscheidungen gegen uns getroffen werden. Wir wollen aber auch nicht verhehlen, dass in zwei Spielen glückliche Entscheidungen für uns getroffen worden sind.

Es gab schon im Laufe der Saison viele 50:50-Situationen, die gegen uns ausgelegt worden sind.

Harald Gärtner

kicker: Was erhoffen Sie sich von Ihrer Kritik?

Gärtner: Ich merke, dass das Thema die Spieler mittlerweile beschäftigt. Normalerweise bin ich zurückhaltender, aber jetzt ist es höchste Zeit, öffentlich zu sensibilisieren. Wir erwarten von unserer Mannschaft, dass sie alles bis zur letzten Minute gibt, das erwarte ich von uns als Verein auch. Uns muss in strittigen Situationen der gleiche Respekt wie allen anderen Vereinen entgegengebracht werden, damit wir die Chance haben, durch Leistung unsere sportlichen Ziele erreichen zu können. Für uns sind über die gesamte Saison krasse, sich häufende, spielentscheidende Fehlentscheidungen im Kampf um den Klassenerhalt schwer zu verkraften.

kicker: Was fordern Sie von den Schiedsrichtern?

Gärtner: Ich erwarte einfach, dass wir objektiv gepfiffen werden. Machen wir uns bei einer Szene wie Stindl nichts vor: Es ist natürlich etwas anderes, wenn 50.000 oder 70.000 Fans im Stadion sind und es sich um einen gestandenen Bundesligisten handelt. Das kann bei Entscheidungen im Unterbewusstsein eine Rolle spielen, sollte es jedoch nicht.

kicker: Hätte der Videobeweis geholfen?

Gärtner: Erst einmal bin ich froh, dass er von allen Beteiligten - also DFL, Vereine, Schiedsrichter - gewünscht und ab der neuen Saison umgesetzt wird, um solche Szenen aufzuklären. Es geht um Nuancen in einzelnen Spielen, die können zum Saison-Schluss für eine Mannschaft gravierend sein. Für die Klubs geht es um eine ganze Menge. Arbeitsplätze und die Wirtschaftlichkeit zum Beispiel.

kicker: Andererseits hat keine Mannschaft seit 2015 mehr Elfmeter bekommen.

Gärtner: Ich gehe davon aus, dass diese berechtigt waren. Ich habe jedenfalls keine Elfmeterdiskussion über uns mitbekommen.

kicker: Was macht Sie zuversichtlich, dass die Mannschaft die Rückschläge verkraftet?

Gärtner: Unser Team ist gefestigt und hat eine gute Mentalität, Moral und Charakter. Sie wird bis zum 34. Spieltag nicht locker lassen, um unser Ziel zu erreichen. Wir werden in Hoffenheim wieder angreifen, das Gladbach-Spiel ist für uns dann abgehakt.

kicker: Sie haben in der ersten Instanz vom DFB-Sportgericht ein Urteil von Zwei-Spielen-Sperre von Mathew Leckie erhalten, ziehen nun vor das DFB-Bundesgericht. Warum?

Gärtner: Wir können das Urteil aus unserer Sicht nicht akzeptieren, dafür gibt es Rechtsmittel und eine klare Verfahrensordnung - das schöpfen wir aus

Mathew Leckie

Wegen seiner Sperre zieht Ingolstadt vor das DFB-Bundesgericht: Mathew Leckie. imago

kicker: Bei 18 Punkten liegt der Verdacht nahe, dass die sportliche Qualität fehlt.

Gärtner: Natürlich spricht die Tabelle für sich, aber die Spiele waren alle hart umkämpft, wie wir es erwartet hatten. Wir haben nie hoch verloren. Die Qualität ist da, um zu bestehen. Sonst wären wir heute nicht in Schlagweite zu den Nichtabstiegsrängen. Nehmen Sie das letzte Spiel gegen Gladbach: Den Kopfball von Marvin Matip oder den Schuss von Almog Cohen hält Yann Sommer überragend. Gehen wir in Führung, läuft das Spiel ganz anders. Wir wissen, was wir können und müssen an unsere Grenzen gehen, um ein Spiel ausgeglichen zu gestalten.

kicker: In vielen Spielen reicht es trotzdem nicht.

Gärtner: Es fehlen Nuancen. Wir gehen an unsere Leistungsgrenze und sind weiter davon überzeugt, dass es am Ende für unser Ziel Klassenerhalt reicht. Mut, Leidenschaft und Eigenmotivation dürfen uns dabei nicht verlassen. Das wird auch nicht passieren.

kicker: Nur sieben Treffer aus dem Spiel heraus sprechen nicht für die Offensive.

Gärtner: Es gibt bestimmte Mittel, Tore zu schießen, bei uns sind es oft gefährliche Standards. Wie viele Mannschaften in der Bundesliga können denn gezielt Chancen herausspielen?

kicker: Könnte der FC Ingolstadt einen Abstieg verkraften und sofort wieder angreifen?

Gärtner: Die Frage stellt sich mir nicht. Wir kommen jetzt in die entscheidende Phase der Saison. Ich gehe vorneweg und sage: Wir schaffen es!

Interview: Frank Linkesch

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