Bundesliga

Schmidt setzt auf Größe im "kernigen Kampfspiel"

Darmstadt genießt hohe Wertschätzung im Mainzer Lager

Schmidt setzt auf Größe im "kernigen Kampfspiel"

Hofft auf Misstöne beim Darmstädter Kult- und Torlied: FSV-Coach Martin Schmidt.

Hofft auf Misstöne beim Darmstädter Kult- und Torlied: FSV-Coach Martin Schmidt. imago

Am 25. Mai 1993 gastierte Mainz 05 letztmals im Ligabetrieb am Böllenfalltor und triumphierte 5:3. Damals war es noch ein Duell zweier Zweitligisten, am Saisonende stieg Darmstadt als Letzter des großen 24er Teilnehmerfeldes ab. Dass es nun, anno 2015, zum Aufeinandertreffen in der Bundesliga kommt, ist dem sensationellen Durchmarsch des SV 98 zu verdanken - von der dritten in die erste Liga. "Für mich ein modernes Fußballmärchen", sagt Mainz-Manager Christian Heidel voller Anerkennung. Einen solchen Weg habe er nicht mehr für möglich gehalten. Die Geschichte der Lilien erinnere ihn in gewisser Weise an die des eigenen Klubs rund um den ersten Aufstieg der 05er im Jahr 2004. "Sie sind als gefühlter Drittligist, auch von der Infrastruktur durchmarschiert", so Heidel. "Davor kann man nur den Hut ziehen."

Auch Martin Schmidt konnte "die positive, sympathische Stimmung" am Böllenfalltor bereits öfters genießen. Der Spielplan wollte es so, dass die letzten Mainzer Heimgegner Bayern München, Hoffenheim und Hannover stets zunächst in Darmstadt vorspielten. "Die Spielbeobachtungsplätze sind nah an ihrem Fanblock auf der Haupttribüne, etwa fünf Meter entfernt. Man hat die Lieder dann noch die ganze Nacht im Ohr und kann sie mittlerweile fast selber mitsingen", erzählt Schmidt mit einem Grinsen. Auch ihn erinnern die Begebenheiten in Darmstadt an das Flair mit VIP-Zelten im alten Mainzer Bruchwegstadion.

Heidel: "Es wird schwierig dort für uns"

Trotz aller Sympathien will Mainz am "Bölle" jedoch keine Geschenke verteilen. "Es wird schwierig dort für uns", schätzt Heidel. Schmidt spricht von "einem sehr ernstzunehmenden Bundesligisten", der auch über fußballerische Lösungen verfüge. Die Defensivtaktik der Schuster-Elf wie beim 2:2 zuletzt beim Topteam Dortmund sei nicht repräsentativ. Beim 2:1-Heimsieg gegen Bremen habe Darmstadt etwa klar dominiert, "in der ersten Halbzeit den Gegner faktisch an die Wand gespielt".

Schmidt passt seine Aufstellung an

Bei der Aufstellung seines eigenen Teams werde Schmidt deshalb auch die Physis und die Stärke der Darmstädter bei Standards hohen Bällen berücksichtigen. "Bei dem ein oder anderen Spieler werde ich vielleicht auf die Größe schauen, weil die Standards müssen verteidigt werden", erklärt der Mainz-Trainer. Gute Einsatzchancen also insbesondere für die größeren und physisch präsenteren Außenverteidiger Leon Balogun (rechts, 1,90 Meter) und Gaetan Bussmann (links, 1,84 Meter) gegenüber den Rivalen Daniel Brosinski (1,78 Meter) und Pierre Bengtsson (1,77 Meter), die gegen Bayern in der Startelf standen. Zu veränderten Anfangsformationen erklärt der Schweizer Coach allgemein: "Es geht darum, den ganzen Kader zu nutzen und zu reizen, damit alle eine Perspektive haben." Auch der Gegner müsse sich auf Unerwartetes einstellen.

Bei seinen personellen Experimenten muss der 48-Jährige auf die Langzeitverletzten Elkin Soto (Reha nach Knieschaden) und Fabian Frei (Sehnenteilriss im Oberschenkel) verzichten. Für Henrique Sereno und Jhon Cordoba (beide Aufbautraining) kommt ein Einsatz wohl ebenso zu früh. Der Rest des 05-Kaders kann sich auf ein "kerniges Kampfspiel" unter Flutlicht einstellen. "Der Kampf um die zweiten Bälle wird sehr entscheidend sein", so Schmidt. Gewinnt sein Team die meisten davon, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Mainzer Trainer am Freitagabend das eingängige Darmstädter Kult- und Torlied "Die Sonne scheint" nicht ganz so oft hören muss.

Carsten Schröter