HSV-Trainer Armin Veh vertraute derselben Elf wie beim 1:0-Sieg in Wolfsburg. Kacar musste nach abgesessener Rotsperre auf der Bank Platz nehmen. Gästecoach Holger Stanislawski, der weiterhin auf seine etatmäßigen Außenverteidiger Oczipka und Rothenbach verzichten musste, nahm nach dem 3:1-Heimsieg gegen Gladbach eine überraschende Änderung vor: Ersatzmann Pliquett erhielt im Tor den Vorzug gegenüber dem zuletzt konstant starken Kessler und feierte sein Bundesliga-Debüt. Er habe sich diesen Einsatz verdient, sagte Stanislawski kurz vor dem Anpfiff.
Bei prächtiger Derby-Atmosphäre war der HSV von Beginn an das tonangebende Team. St. Pauli begnügte sich vor allem in den Anfangsminuten damit, den ersten Druck der Hausherren aufzufangen. Oft konnten sich die Gäste dabei nur mit Fouls helfen. Die Folge war eine Vielzahl von Standardsituationen für den HSV, die allerdings meist nach dem gleichen Muster abliefen: Ecke/Freistoß Zé Roberto, St. Pauli klärt mehr oder weniger problemlos. Nur einmal kam der Ball zu Westermann durch, der aus spitzem Winkel am herausstürzenden Pliquett scheiterte (16.).
Der 21. Spieltag
St. Pauli stand hinten sicher - Pliquett ließ sich außer bei einer kleinen Unsicherheit nach einer Ecke (34.) nichts zu schulden kommen -, agierte in der Offensive aber viel zu unpräzise, um vor dem HSV-Tor für Gefahr sorgen zu können. Einzig Asamoah stellte mitunter etwas Zug zum Tor unter Beweis. In einer Partie, in der der Spielfluss von kleinen Fouls immer wieder unterbrochen wurde, hatte der HSV weiterhin deutlich mehr Ballbesitz, konnte seine drückende Überlegenheit jedoch nicht in Chancen ummünzen. Die Ausnahme bildeten Kopfbälle von Ben-Hatira (14.) und van Nistelrooy (41.) jeweils nach Flanke von Aogo.
Die größte Chance der ersten Hälfte legte Zambrano Ben-Hatira per Querschläger auf. Der Angreifer zirkelte von der Strafraumgrenze jedoch rechts oben vorbei (43.). Auch auf der anderen Seite wurde es jedoch noch einmal knifflig, als Bartels im Strafraum im Duell mit Demel fiel, Schiedsrichter Perl aber zu Recht weiterspielen ließ.
Nach dem Wechsel änderte sich an der Rollenverteilung zunächst nichts. Jetzt kam der HSV jedoch auch zu Chancen - und das fast im Minutentakt. Der eingwechselte Elia setzte Zé Roberto in Szene, der den Ball jedoch ans Außennetz jagte (49.), van Nistelrooy schoss nach Flanke von Ben-Hatira aus sechs Metern drüber (55.), und Mathijsen scheiterte nach einer Ecke aus kurzer Distanz an Pliquetts reflexartigen Fußabwehr (57.).
Der HSV drängte mit aller Macht auf die Führung, was St. Pauli Platz zum Kontern bot. Eine Flanke von Thorandt senkte sich gefährlich aufs Tor von Rost, der an den Pfosten und zur Ecke klärte. Diese wurde von Kruse getreten und sollte den Spielverlauf auf den Kopf stellen: Boll verlängerte mit der Fußspitze Richtung Tor, wo Asamoah den Ball per Kopf über die Linie beförderte (59.). An acht der letzten zwölf Tore der Stanislawski-Elf war der Kapitän direkt beteiligt.
Die Gastgeber waren sichtlich geschockt und fanden auch nachdem Veh van Nistelrooy und Ben-Hatira durch Guerrero und Pitroipa ersetzt hatte, nicht mehr zurück ins Spiel. Vielmehr verhinderte Rost gar den zweiten Gegentreffer, als er den Kopfball des eingewechselten Ebbers gerade noch von der Linie kratzte (77.). Auf der anderen Seite konnte der HSV aus seinen guten Freistoßmöglichkeiten weiterhin kein Kapital schlagen. St. Pauli, inzwischen ohne den angeschlagenen Asamoah, hätte bei einem Konter vier Minuten vor Schluss alles klar machen können. Doch anstatt selbst abzuschließen, versuchte Ebbers bei einer 2:1-Überzahl auf Lehmann zu passen, was misslang. Wenig später war St. Paulis erster Derbysieg seit September 1977 aber unter Dach und Fach.
Als bestes Rückrundenteam tritt der FC St. Pauli am Samstag bei Spitzenreiter Borussia Dortmund an. Dem Hamburger SV steht gegen Werder am gleichen Tag das nächste Derby ins Haus.