Dieter Wiedemann kann am Samstag nicht in Halle sein. Der neue Vorstandsvorsitzende des SV Babelsberg 03 verpasst das wichtige Spiel beim direkten Konkurrenten Hallescher FC, weil er Verpflichtungen auf der Berlinale hat. Doch der 66-Jährige will sich auf dem Film-Festival via Mobiltelefon über den Spielstand auf dem Laufenden halten. Nach dem 2:4 vor der Saison-Minuskulisse von 1775 Zuschauern gegen den 1. FC Heidenheim sind die Filmstädter erstmals seit Oktober wieder auf einen Abstiegsplatz zurückgefallen. Als ehemaliger Präsident der Potsdamer Filmhochschule "Konrad Wolf" ist Wiedemann in der Branche bestens vernetzt und will auf der Berlinale um Sponsoren werben. "Wir müssen unsere finanziellen Hausaufgaben erledigen", sagt er.
Sponsoren, Stadion, Lizenz: Der Problemberg ist riesig
Das Aufgabenheft ist voll. Neben der angespannten Finanzlage des Vereins muss Wiedemann, der Ende Januar auf den Regie-Stuhl gewählt wurde, die Unruhe rund um das Karl-Liebknecht-Stadion eindämmen und auf sportlicher Ebene Optimismus vorleben: "Wenn wir unsere Nachholspiele gewinnen, springen wir ins untere Mittelfeld. Ich bin überzeugt, dass wir den Klassenerhalt schaffen."
Nachdem zuletzt viele Hauptdarsteller aus Vorstand und Aufsichtsrat den Set verlassen haben, muss Wiedemann zusammen mit dem neuen Aufsichtsrats-Vorsitzenden Guido Koch (46) für Kontinuität sorgen. Filmrisse will Wiedemann künftig unterbinden: "Im Gespräch mit Sponsoren ist es problematisch, wenn Gremien ständig wechseln." Doch auch rund um die Mannschaft läuft es nicht nach dem Drehbuch von Trainer Christian Benbennek. Am Donnerstag treffen vor dem Potsdamer Arbeitsgericht der Verein und der aussortierte Torwart Daniel Zacher aufeinander, der sich in den Kader zurückklagen will. Das ist ein weiterer Unruheherd neben den Scharmützeln auf Funktionärs-Ebene, den Sorgen um die Lizenz und dem Theater mit Frauen-Bundesligist Turbine Potsdam um die Kosten der Stadionnutzung.
Neuverpflichtungen im Sturm sorgen für "mehr Zug nach vorne"
Die wichtigste sportliche Baustelle ist indes der Angriff. Bisher gelangen nur 19 Treffer, darunter nur zwei Stürmer-Tore. Im Winter holte Babelsberg Lucas Albrecht (Rostock) und Moritz Göttel (Mönchengladbach II). Getroffen haben sie noch nicht. "Wir haben jetzt aber mehr Zug nach vorne", sagt Benbennek und verweist auf das Heidenheim-Spiel: "Zwei Tore – das ist uns lange nicht gelungen." Zuletzt im Oktober beim 2:5 gegen Offenbach. Für mehr Torgefahr soll auch der frisch verpflichtete Freistoßexperte Burak Kaplan (23, zuvor Besiktas, Fürth, Leverkusen) sorgen. "Wir können aus finanziellen Gründen keinen Stürmer verpflichten, der zehn Tore garantiert."
Auch die beiden Niederlagen in Folge und den Rückfall auf Rang 18 will der Coach nicht überbewerten: "Wir wissen, wie ernst die Lage ist, aber wir lassen uns keine Krise einreden. Die Mannschaft hatte schon mal drei Niederlagen in Folge, dann gab es einen Sieg gegen Osnabrück." Nach den Erfolgen vor Weihnachten habe er nicht auf Euphorie gemacht und "nun verfallen wir nicht in Panik", stellt der Coach klar. Schließlich ist das Happy-End noch in Reichweite.
Ronny Müller