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DFB-Kapitän Manuel Neuer lässt atmosphärische Probleme durchklingen - Fragen an Mesut Özil & Co.

Der Kapitän richtet Fragen an Özil & Co.

Neuer lässt atmosphärische Probleme durchklingen

Nimmt die Mitspieler in die Pflicht: Manuel Neuer.

Nimmt die Mitspieler in die Pflicht: Manuel Neuer. Getty Images

Aus Moskau berichten Matthias Dersch, Oliver Hartmann und Sebastian Wolff

Dass jemand zu langsam und zu spät dran ist, zieht sich beim Weltmeister wie ein roter Faden durch den noch jungen Turnierverlauf und setzte sich auch am Dienstag fort: Nachdem der DFB am Montag alle Medienaktivitäten abgesagt hatte, startete die am Dienstag für 12.30 Uhr Ortszeit im Watutinki-Teamquartier angesetzte Pressekonferenz mit Manuel Neuer erst mit über 45 Minuten Verspätung. Die Begründung lieferte der Kapitän umgehend: "Wir hatten eine Sitzung, die länger dauerte. Wir haben viel darüber gesprochen, was wir besser machen müssen."

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Keine Frage, seit dem verpatzten WM-Auftakt gegen Mexiko gibt es verstärkten Redebedarf in der deutschen Mannschaft. Die Diskussionen und Schuldzuweisungen, die Führungsspieler wie Mats Hummels oder Jerome Boateng bereits in den Katakomben des Luschniki-Stadions angeschoben hatten, fanden in den vergangenen zwei Tagen hinter verschlossenen Türen ihre Fortsetzung. "Ich glaube, so stark wie nach dem Mexiko-Spiel war die Kommunikation bei uns noch nie. Das ist ein gutes Zeichen: Viele Spieler wollen sich einbringen", berichtete Neuer: "Wir sind unsere schärfsten Kritiker, sauer auf uns selbst und enttäuscht, was wir gezeigt haben."

Es kamen Dinge zur Sprache, die zuvor unausgesprochen geblieben waren

Ins Detail wollte der Kapitän selbstredend nicht gehen. Immerhin verriet er, dass es am Montag im Spielersatztraining der frustrierten Reservisten "geknallt" habe, und dass es auch in den Gesprächen zwischen den Führungsspielern heiß hergegangen sei. "Wir nehmen kein Blatt vor den Mund, wir haben uns ehrlich die Meinung gesagt", so Neuer, der trotz aller Bemühungen um diplomatische Aussagen klar durchblicken ließ, dass es zumindest bislang um das Binnenklima im Kader nicht zum Besten bestellt war.

Zwar verneinte Neuer, dass das Team in zwei Lager zwischen Weltmeistern und Confed-Cup-Gewinnern aufgeteilt sei: "Diese Zweiteilung gibt es nicht, es gibt auch keine Spaltung. Wir sind eine Mannschaft." Allerdings räumte er ein, dass in den vergangenen Stunden etliches zu Sprache gekommen sei, was zuvor unausgesprochen geblieben war: Es sei "ganz wichtig, dass wir uns Sachen ins Gesicht sagen", resümierte Neuer.

"Habe ich die Bereitschaft, dieses Turnier zu hundert Prozent anzunehmen?"

Von einer grundsätzlichen Abkehr des bisherigen Weges in Form einer personellen Total-Rotation und einer taktischen Erneuerung hält Neuer nicht viel, das gab er klar zu erkennen. Für den Torhüter liegt der Schlüssel für den gegen Schweden (Samstag, 20 Uhr, LIVE! bei kicker.de) angestrebten Turnaround vielmehr darin, dass vor allem die Routiniers eine andere Einstellung an den Tag legen, als dies gegen Mexiko der Fall war.

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"Der Mut, das Selbstverständnis und das Vertrauen haben gegen Mexiko gefehlt. Warum, kann ich nicht beantworten. Die Körpersprache war nicht auf dem Platz, das darf nicht mehr passieren", sagte Neuer und stellte vor dem Schweden-Duell zwei Schlüsselfragen an die Führungsspieler: "Habe ich die Bereitschaft, dieses Turnier zu hundert Prozent anzunehmen? Bin ich bereit, alles für unser Team zu geben?" Namen nannte Neuer natürlich nicht, aber dass zu den Angesprochenen der arg farblose Mesut Özil gezählt haben dürfte, liegt auf der Hand.

Den Hebel einfach umzulegen, ist nicht so leicht, wie man das aussprechen kann.

Manuel Neuer

Am Dienstagnachmittag verließ der DFB-Tross mit dem wieder genesenen Linksverteidiger Jonas Hector das ungeliebte Teamquartier südlich von Moskau und machte sich auf den Weg nach Sotschi, dem Basisquartier beim Confed-Cup-Sieg vor einem Jahr. Neuer erhofft sich von dem Umzug eine Signalwirkung. "Ich freue mich auf den Tapetenwechsel. Es ist ein Zeichen, dass etwas Neues kommt. Wir sind froh, in eine andere Stadt zu reisen und etwas anderes erleben zu können."

Von Mittwoch bis Freitag bleiben drei volle Trainingstage am Schwarzen Meer, um wieder in die Spur zu finden. Kein leichtes Unterfangen, wie Neuer verdeutlicht. "Den Hebel einfach umzulegen, ist nicht so leicht, wie man das aussprechen kann", so der Kapitän, der zugleich aber betonte, dass er in seinem Inneren von einer siegbringenden Reaktion der Mannschaft überzeugt sei, davon, "dass wir ein anderes Gesicht zeigen werden. Wir müssen zeigen, was uns stark gemacht hat. Ich bin davon überzeugt, dass wir das können. Wir glauben und wissen, dass wir das schaffen können. Wir werden das gegen Schweden zeigen." Einen zweiten "Wachrüttler" könne man schließlich "nicht gebrauchen". Und könnte ihn nach Lage der Dinge auch nicht mehr korrigieren.