DFB-Pokal

Nach "so viel Blödsinn": Hertha träumt vom Finale daheim - und Dardai spürt den Nikolaus

Präsident Bernstein wird emotional

Nach "so viel Blödsinn": Hertha träumt vom Finale daheim - und Dardai spürt den Nikolaus

Hat den Nikolaus im Berliner Olympiastadion gespürt: Hertha-Trainer Pal Dardai.

Hat den Nikolaus im Berliner Olympiastadion gespürt: Hertha-Trainer Pal Dardai. IMAGO/Nordphoto

"Wir haben nie aufgegeben - und mit so einem Publikum im Rücken, das ist ein Traumabend an Nikolaus." Pal Dardai war sichtlich stolz, als er nach Spielschluss zum "Sky"-Mikrofon schritt. Stolz auf die lautstarke Unterstützung der eifrigen Fans im mit 58.496 Zuschauern besuchten Olympiastadion, stolz auf die geschlossene Mannschaftsleistung auch nach den beiden Rückständen im Zuge der anfänglichen 1:0-Führung - und stolz auf Einzelleistungen wie die von Debütant Nader El-Jindaoui sowie dem alles überstrahlenden Fabian Reese.

Zusammenfassend spürte Dardai an diesem 6. Dezember 2023 auch etwas Überirdisches: "Nikolaus war hier heute Abend."

In jedem Fall hatte dieser Fußballabend allen Anwesenden und Beobachtern einen wilden Ritt voller Tore, Aufholjagden, späten Antworten und dem ultimativen Finale im Elfmeterschießen beschert. Mit dem im Gegensatz zu enttäuschten Hamburgern dem etwas glücklicherem Klub aus Berlin, der mit diesem dramatischen Sieg nicht nur das Viertelfinale im DFB-Pokal gebucht, sondern zugleich weiteres Selbstvertrauen für die 2. Liga (Spitzenränge nach schlechtem Saisonstart langsam wieder im Visier) getankt hatte. "Wir geben unsere Ziele nicht auf, wir wollen natürlich auch am Ende etwas Schönes erreichen - in der Liga und im Pokal", sagte Dardai passend dazu, schränkte jedoch ein: "Aber step by step. Die Mannschaft befindet sich in einem Übergangsjahr, die Spieler sind jung, entwickeln sich und sollen sich weiter entwickeln. Die Zeit geben wir ihnen. Und heute sollen sie die Sache einfach genießen - und regenerieren, weil wir haben nicht das glücklichste Los. Wir müssen ganz schnell wieder spielen." Genauer gesagt schon am Samstag (13 Uhr, LIVE! bei kicker) in Lautern.

Dardais Trainingsmethoden: "Trillerpfeife, Schuss, Tor"

Etwas detaillierter sprach der Beriner Coach dann noch über Doppeltorschütze, 3:3-Vorlagengeber und Elfmeterfinalschütze Reese - den Mann des Spiels: "Die Position, die er bei uns spielt, das macht ihm riesigen Spaß. Reese hat einfach die (linke; Anm. d. Red.) Seite auseinandergenommen." Doch, weil Dardai eben immer die kleinen Fehler suche, fügte der Trainer noch mit einem Schmunzeln an: "Wenn der ein oder Pass schon früher gekommen, dann hätten wir nicht so zittern müssen."

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Doch immerhin war noch ein Pass Reeses gekommen - genau in der 120. Minute auf 3:3-Torschütze Jonjoe Kenny. Dass dann im ultimativen Thriller die Profis der Alten Dame cool geblieben waren und teils extrem sicher verwandelt hatten, könnte auch in Dardais täglicher Trainingsarbeit begründet liegen. Seine Erklärung nämlich: "Ich setze die Spieler immer mal unter Druck. Ich sage ihnen, dass ich die Fehler, die (in einem Elfmeterschießen; Anm. d. Red.) passieren können, kenne. Ich mache es deswegen jeden Tag (im Training; Anm. d. Red.) - Trillerpfeife, Schuss, Tor. Ruhig bleiben." Aber jeder solle selbst im wirklichen Fall "fühlen", ob er antreten wolle - das entscheide Dardai nicht.

Bernstein: "Es geht um die Menschen da draußen"

Kay Bernstein

Stolzer Hertha-Präsident: Kay Bernstein. IMAGO/Jan Huebner

Und nun? Kann Hertha BSC am Ende tatsächlich über 30 Jahre nach dem Finaleinzug der damaligen zweiten Mannschaft (12. Juni 1993 ein 0:1 gegen Leverkusen im Endspiel) wieder bis zum letzten Spiel gehen - dann im eigenen Olympiastadion?

Präsident Kay Bernstein glaubt daran: "Der Traum lebt weiter. Wir haben es vor dem Spiel schon gesagt: 'Wenn nicht dieses Jahr, wann dann?' Und wenn man so ein bisschen daran glaubt, dass sich Geschichte wiederholen kann, dann sind wir heute genau 30 Jahre später, als die Bubis im Pokalfinale standen. Die Fans, sie sollen alle davon träumen."

Aber: "Wir müssen zurück in den Alltag, zurück in die Realität kommen - das heißt jetzt Kaiserslautern, dann noch Osnabrück. Dann wollen wir ein kleines Weihnachtsfest und dann geht's ins Trainingslager. Aber zusammen können wir es schaffen."

In seinem emotionalem TV-Interview ging Bernstein darüber hinaus auch auf die wilden letzten Hertha-Jahre bis hin zum "Big City Crash" in diesem Sommer mit dem Bundesliga-Abstieg indirekt ein - und drehte dabei schnell auf diesen Fußballabend über: "Wir haben so viel Blödsinn in den letzten Jahren erlebt - und jetzt hier so eine Stimmung und Emotionen ... Dafür macht man das Ganze, dass die Leute glücklich nach Hause gehen - und heute sind sie das. Wir haben immer an die Jungs geglaubt, die Mannschaft hat an sich geglaubt. Das war sensationell."

Er selbst habe in dieser wilden Zeit - Präsident ist der ehemalige Ultra (1998 Gründer der Harlekins Berlin) seit 26. Juni 2022 - "ein bisschen was mitgemacht, zurückgesteckt und mich hier reingeworfen für diesen Verein, für die Herthaner. Und natürlich fällt dann auch ein bisschen Last ab. Weil es geht um die Menschen da draußen", die Fans.

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Bilder zur Partie Hertha BSC gegen Hamburger SV