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Bernd Leno leidet, Joshua Kimmich kometenhaft - Vier Erkenntnisse zu Deutschlands 5:1 gegen Aserbaidschan

Beobachtungen zu Deutschlands 5:1 gegen Aserbaidschan

Leno leidet, Kimmich kometenhaft - Vier Erkenntnisse

Vier Beweise, dass auch ein Spiel gegen Aserbaidschan Aussagekraft haben kann: Leno, Kimmich, Goretzka und Wagner.

Vier Beweise, dass auch ein Spiel gegen Aserbaidschan Aussagekraft haben kann: Leno, Kimmich, Goretzka und Wagner. imago/picture alliance/Getty Images

Leno stärkt ter Stegens Position

Erst am Samstag hatte Joachim Löw Marc-André ter Stegen als Nummer zwei hinter dem noch lange verletzten Manuel Neuer bezeichnet. Einen Tag später wurde er in dieser Einschätzung bestätigt, obwohl ter Stegen gar nicht spielte: Bernd Leno, der im Sommer selbst den Kampf um den Platz hinter Neuer ausgerufen hatte, legte beim 5:1 gegen Aserbaidschan den nächsten unglücklichen Auftritt im DFB-Trikot hin.

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Das zwischenzeitliche 1:1 kassierte er aus spitzem Winkel, obwohl der Ball direkt auf ihn zuflog. Und wenn er unter Druck gesetzt wurde, neigte er sofort zu Abspielfehlern. "Stabil, sehr sachlich, gute Ausstrahlung"? Was Löw am Vortag ter Stegen attestiert hatte, traf auf Leno nicht zu. Schon beim Confed-Cup hatte der 25-Jährige beim 3:2 gegen Australien im Eröffnungsspiel, seinem einzigen Einsatz, bei beiden Gegentoren eine schlechte Figur abgegeben (kicker-Note 5). "Das ändert nichts an unserer Einschätzung, dass er die klare Nummer zwei ist in Deutschland", hatte Rudi Völler, sein Sportdirektor bei Bayer Leverkusen, daraufhin gesagt . Ob er seine Meinung inzwischen geändert hat?

Schon vor der Saison hatte Leno eingeräumt, dass es seine Position nicht stärken werde, dass er mit Bayer in dieser Saison nicht international vertreten ist. Um zumindest als dritter Torwart nach Russland reisen zu dürfen, könnte es, Stand jetzt, trotzdem reichen: Kevin Trapp, in Nordirland (3:1) und gegen Aserbaidschan jeweils auf der Bank, spielt in Paris gar nicht.

Kimmich ist nicht mehr wegzudenken - und plötzlich Kapitän

"Er ist fast mein Sohn", schwärmte Pep Guardiola vor zwei Jahren als Bayern-Trainer , inzwischen ist dieser Sohn kometenhaft erwachsen worden: Joshua Kimmich, damals noch wissbegieriger Lehrling in München, bekam am Sonntag plötzlich die DFB-Kapitänsbinde von Thomas Müller übergestreift, als dieser ausgewechselt werden sollte (70.). Warum auch nicht?

Kimmich, zwei Tage jünger als Goretzka, ist gerade nicht mehr wegzudenken aus der Nationalmannschaft. Sein Standing? Nur das erste von 24 Länderspielen bestritt er nicht über die volle Spielzeit. Seine Werte? In zehn Quali-Spielen bereitete er neun Tore vor - europaweit einmalig. Insgesamt kommt er jetzt auf drei Tore und elf Assists im DFB-Trikot. Und auf 20 Minuten mit Binde am Arm.

Lapidarer Goretzka bringt Schalke-Fans zum Weinen

Als Schalke-Fan wusste man wohl nicht, ob man jubeln oder vorsorglich schon weinen sollte: Was Leon Goretzka in der achten Minute in Kaiserslautern veranstaltete, sein Hacken-Schuss hoch ins Eck, war genial - vielleicht zu genial für S04. Mit solchen Leistungen wie gegen Aserbaidschan wird es jedenfalls zunehmend unwahrscheinlich, dass er das längst vorliegende Angebot zur Verlängerung seines auslaufenden Vertrags annimmt. Er war Deutschlands auffälligster Spieler, nicht nur wegen seines Doppelpacks.

In zwölf Länderspielen hat Goretzka jetzt schon sechsmal getroffen. Manchmal vergisst man, dass er erst 22 Jahre jung ist, vor allem, wenn er Interviews gibt. Sein lapidarer Kommentar zu seinem Traumtor am Sonntag: Bei solch einem Wetter müsse man eben "die wenigen Vorteile, die sich durch den Platz bieten" nutzen. Ganz so, als hätte er einen handelsüblichen Flachschuss abgegeben.

WM-Kandidat Wagner schafft, was es letztmals 1978 gab

Worauf sein Kommentar genau gemünzt war, blieb Sandro Wagners Geheimnis. Aber als "RTL"-Reporterin Laura Wontorra nach dem Spiel im Interview aus Versehen vom BVB- statt DFB-Dress sprach und ihn auch noch an seine "fußballerisch nicht beste Zeit" beim FCK erinnerte, ließ er sie erst noch ihre Frage zu Ende formulieren, um dann trocken und fast beiläufig zu entgegnen: "Das war schön formuliert, muss ich sagen." Gestatten, Wagner: wuchtig, kompromisslos, nicht nur auf dem Rasen.

Dort hatte der bald 30-Jährige aus Versehen "ein, zwei Dinger ausgelassen, die ich machen muss", dann aber zur 2:1-Führung getroffen, trocken und fast beiläufig: An Wagner-Tore im Nationaltrikot hat man sich schon fast gewöhnt, er ist ein ernstzunehmender WM-Kandidat. Fünf Tore nach fünf Länderspielen? Das hat es seit Ronnie Worm (MSV Duisburg) 1978 nicht mehr gegeben. Miroslav Klose, Deutschlands Rekordtorjäger, schoss in seinen ersten fünf Länderspielen zwei Treffer, Jürgen Klinsmann oder Rudi Völler je einen, Lukas Podolski gar keinen. Sie alle waren damals natürlich im Gegensatz zu Wagner oft nur eingewechselte Jungspunde. Für die WM 2018 muss das aber keine schlechte Nachricht sein.

jpe