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Kommentar: Die FIFA rast auf eine Mauer zu

Rainer Franzke (kicker-Chefredaktion) zur Wiederwahl Blatters

Kommentar: Die FIFA rast auf eine Mauer zu

kicker-Redakteur Rainer Franzke

kicker-Redakteur Rainer Franzke

"Sie haben die Macht und die Pflicht, das Gesicht der FIFA zu ändern", rief Präsident Sepp Blatter bei der Eröffnung des FIFA-Kongresses am Freitagmorgen den Delegierten aus den 209 Mitgliedsländern zu. Deren Antwort am Freitagabend: 133:73 Stimmen für den 1998 in Paris zum Präsidenten gewählten Blatter. Das reichte zwar nicht ganz für die im ersten Wahlgang nötige Zweidrittelmehrheit, doch Kontrahent Prince Ali bin Al Hussein verzichtete angesichts des klaren Resultates auf einen weiteren Wahlgang. Blatter kann nun in seine fünfte Amtsperiode gehen.

"Wir sind an einem Scheideweg. Wir müssen uns zusammenschließen, nach vorne blicken und weitermachen", so Blatter. Wenn das so einfach wäre. Die mächtigste Sportorganisation der Welt hat in Zürich die Chance verpasst, in letzter Sekunde die Notbremse zu ziehen. Von den Fußballfans, von den Spielern und von einem wachsenden Teil der Ligen und deren Klubs hat sich FIFA längst endlos weit entfernt. Dieser Konzern hat Sport aus Macht- und Geldgier, Eitelkeit und Größenwahn längst mit der milliardenstarken Basis der Freunde der populärsten Sportart der Welt gebrochen. Nur mit einem neuen Boss hätte die Chance bestanden, auf Sicht womöglich wieder Vertrauen zu erhalten.

Ob die UEFA mit ihrem Präsidenten Michel Platini an der Spitze innerhalb der FIFA etwas bewirken kann, wird sich am Samstagmorgen in der ersten Sitzung der FIFA-Exekutive in Zürich zeigen. Außer Drohungen war bislang von der UEFA nichts zu hören; ohne echte Konsequenzen macht sich Platini zu einem Papiertiger.

Vor allem Staatsanwälte, Richter, Politiker und Sponsoren werden in den nächsten Monaten die Richtung vorgeben, in die sich die FIFA zu bewegen hat. Die FIFA rast mit offenen Augen auf eine Mauer zu.