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Himmelblaue Ekstase

Manchester City feiert die Meisterschaft - Ferguson stichelt

Himmelblaue Ekstase

Harlekin in Himmelblau: Auch Mario Balotelli feierte Citys Meistertitel ausgelassen.

Harlekin in Himmelblau: Auch Mario Balotelli feierte Citys Meistertitel ausgelassen. picture alliance

Es sollte eine Analyse werden, es wurde ein Ringen nach Worten. "Football is incredible", konnte Roberto Mancini nur ausstoßen, als ihm nach dem Irrsinn von Manchester das erste Mikrofon unter die Nase gehalten worden war. Noch wenige Minuten zuvor hatte der Italiener kreidebleich an der Seitenlinie gebangt, nun hüllte er sich selig in eine italienische Flagge und stammelte: "Wir haben die Geschichte dieses Klubs verändert."

Neben den vielen investierten Scheich-Millionen war eine dramatische Saison samt wahnsinniger Zuspitzung am letzten Spieltag nötig gewesen, um ManCity den ersten Ligatitel seit 1968 zu bescheren. Weil Edin Dzeko und Sergio Aguero ("Das wichtigste Tor meiner Karriere") in der fünfminütigen Nachspielzeit gegen die dezimierten, abstiegsbedrohten und auswärtsschwachen Queens Park Rangers aus einem 1:2-Rückstand noch einen 3:2-Sieg machten, reichte die Tordifferenz (plus 8), um Rekordmeister United auf Platz zwei zu verweisen. "Ich weiß gar nicht, wieso es auf einmal 1:2 stand", sagte Mancini.

Premier League - 38. Spieltag
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Premier League - Tabelle
Pl. Verein Punkte
1
Manchester City Manchester City
89
2
Manchester United Manchester United
89
3
FC Arsenal FC Arsenal
70
Trainersteckbrief Mancini
Mancini

Mancini Roberto

Trainersteckbrief Ferguson
Ferguson

Ferguson Alex

Manchester City - Vereinsdaten
Manchester City

Gründungsdatum

01.01.1880

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Hellblau-Weiß

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Manchester United - Vereinsdaten
Manchester United

Gründungsdatum

01.01.1878

Vereinsfarben

Rot-Weiß-Schwarz

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Letztlich lagen rund zwei Minuten zwischen dem Bild eines City-Fans, der völlig entgeistert auf seiner Jacke herumtrampelte, und dem Moment, als der Rasen im Jubelrausch gestürmt und die eine oder andere Freudenträne vergossen wurde. QPR-Stürmer Djibril Cissé herzte Gegenspieler Samir Nasri so ergriffen, als hätte auch er 44 Minuten auf diesen Moment gewartet.

Ich habe vorher gesagt, dass in Manchester Wunder passieren - aber diesmal auf der anderen Straßenseite.

City-Kapitän Vincent Kompany

Im letzten Augenblick hatten die Himmelblauen ihre Nerven in den Griff bekommen und noch mal ein Gesicht gezeigt, das eines Meisters würdig war. Der Saisonverlauf erwies sich dabei als ideale Übung: In den zurückliegenden Wochen schien erst City den Titel verspielt zu haben, dann United, dann, am Sonntag, wieder City - bis Kapitän Vincent Kompany doch die Trophäe in die Höhe reißen durfte. "Wir haben den Glauben nie aufgegeben", sagte der Ex-Hamburger. "Das Leben ist zu kurz, um so eine Chance wegzuwerfen. Ich habe vorher gesagt, dass in Manchester Wunder passieren - aber diesmal auf der anderen Straßenseite."

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Mit einer Prise Barcelona 1999 und einer Messerspitze Hamburg/Gelsenkirchen 2001 endete eine Saison, die auch Mancini nur als "verrückt" klassifizieren konnte. "Den Titel so zu gewinnen - ich glaube, das wird in den nächsten 100 Jahren nicht mehr möglich sein. Es ist vielleicht der schönste Moment für mich."

Und es soll doch nur der Anfang sein, der Anfang einer Ära, davon träumen sie im blauen Teil der Stadt. "Wir müssen uns weiter verbessern", sagte Mancini mit einem Tag Abstand. "Die Champions League ist ein sehr schwerer Wettbewerb, man muss Glück haben und im Februar gut in Form sein. Aber ich denke, dass wir nächstes Jahr gut abschneiden können. Manchester City ist jetzt auf einem guten Weg. Wenn wir so weiterarbeiten wie in den letzten beiden Jahren, dann stehen wir vor einer großen Zukunft."

Sie werden 100 Jahre brauchen, um unser Level an Geschichte zu erreichen.

Sir Alex Ferguson

Bei den City-Fans regierte am Sonntag die Ekstase, bei United der Konjunktiv. Hätte man mal gegen Everton nicht nach 4:2-Führung noch 4:4 gespielt. Wäre QPR-Kampfmaschine Joey Barton mal besonnener zu Werke gegangen und nicht nach Mehrfach-Tätlichkeit vom Platz geflogen. Und vor allem: Hätte man mal in den Derbys (1:6, 0:1) besser ausgesehen! Ein knappes 1:2 im Hinspiel - und man wäre torgleich mit City ins Ziel gegangen.

Sir Alex Ferguson in Sunderland

"Wer den Titel gewinnt, hat es auch verdient", sagt Sir Alex Ferguson - und spottete doch. picture alliance

"Normalerweise sind 89 Punkte genug, um den Titel zu holen", wusste Ferguson, dass noch nie ein Premier-League-Vizemeister mehr Zähler auf dem Konto hatte. "Aber wir waren nicht an der Reihe." Das 1:0 in Sunderland am letzten Spieltag reichte nur, um sich für einige Momente als Meister zu fühlen, dann machte das Ergebnis aus Manchester die Runde.

"Es ist grausam", sagte Ferguson frustriert und gratulierte, nicht ohne das Nervenflattern des Konkurrenten noch einmal auf den Punkt zu bringen: Jeder habe erwartet, dass City gewinnt, "aber sie haben es erst mit einer mehr als halbstündigen Überzahl und fünf Minuten Nachspielzeit geschafft". Der "noisy neighbour" bleibt eben der "noisy neighbour": 100 Jahre, spottete Ferguson, werde City brauchen, "um unser Level an Geschichte zu erreichen".

Doch der Anfang ist jetzt gemacht, der Abstand ist kleiner geworden, ein Teil des "Jahrhundert-Vorsprungs" ist längst aufgeholt. "Nach diesem Spiel", sagte Mancini am Sonntag ausgepumpt, "fühle ich mich wie 90."