Englands Trainer Phil Neville nahm nach dem 3:0 gegen Norwegen drei Veränderungen vor: Torhüterin Telford rückte in die Startelf und begann anstelle von Bardsley (Oberschenkelprobleme). Außerdem ersetzten Saly und Mead Kirby und Duggan.
US-Trainerin Jillian Ellis sorgte nach dem 2:1 gegen Frankreich für eine faustdicke Überraschung: Matchwinnerin Rapinoe, die sowohl im Achtel- als auch im Viertelfinale jeweils einen Doppelpack geschnürt hatte, saß überraschend auf der Bank. Sie wurde durch Press ersetzt, außerdem begann Horan anstelle von Mewis.
Press hat keine Mühe - White aus dem Nichts
Die USA begannen das Spiel mit großem Selbstbewusstsein und kamen dem Führungstor bereits in der 4. Minute das erste Mal nahe, doch Lavelle, die Bright zuvor an der Grundlinie getunnelt hatte, scheiterte an Telford. Morgans Nachschuss ging deutlich drüber. Nachdem die Stürmerin, die an diesem Abend ihren 30. Geburtstag feierte, eine Flanke knapp verpasst hatte (6.), bejubelte die zielstrebig spielende USA die Führung: Heath flankte von der rechten Außenbahn und fand Press. Die Rapinoe-Vertreterin hatte keine Mühe, den Ball aus kurzer Distanz ins Netz zu köpfen (10.).
Die umtriebige Lavelle hätte kurz danach beinahe erhöht (16.) - doch stattdessen fiel der Ausgleich wie aus dem Nichts! Nach einer Seitenverlagerung flankte Mead von links scharf vor das Tor. Dahlkemper verschätzte sich, weshalb White in ihrem Rücken gekonnt zum Ausgleich traf - 1:1 (19.). Nun ging es kurzzeitig hin und her, wobei die immer wieder bei Flanken aus dem Halbraum und von den Flügeln gefährliche USA aktiver waren. Dennoch wären die Three Lionesses um ein Haar in Führung gegangen, weil Sauerbrunns misslungene Abwehraktion knapp am eigenen Tor vorbeiflog (29.).
Morgan macht sich selbst ein Geschenk
Drei Minuten später ging der Titelverteidiger und Rekord-Champion (drei WM-Triumphe) aber wieder in Führung: Horan flankte von links, Englands Torhüterin Telford zögerte, blieb dann doch wie angewurzelt auf der Linie stehen und musste mit ansehen, wie US-Stürmerin Morgan zur Stelle war und die Hereingabe per Kopf zum 2:1 ins Tor lenkte (32.). Damit beschenkte sich der 30-jährige US-Star am runden Geburtstag mit einem ganz, ganz wichtigen Treffer.
Das Spiel blieb in der Folge rasant: Schlussfrau Naeher verhinderte mit einer Glanzparade das 2:2 durch Walsh (33.), auf der Gegenseite verpassten Ertz (35.) und Horan (41.) eine höhere US-Führung. Mit 2:1 ging es in die Pause.
Whites Treffer zählt nicht
Nach dem Seitenwechsel konnte die Partie nicht an Tempo und Niveau aus dem ersten Durchgang anknüpfen. White hatte nach einem Standard dennoch den Ausgleich für England auf dem Fuß, scheiterte aber aus kurzer Distanz mit einem schwierigen Schuss an Naeher (50.). Auf der anderen Seite bestrafte Press einen fahrlässigen Patzer von Telford nicht und schoss den Ball überhastet am Kasten vorbei anstatt einfach quer für die einschussbereite Morgan zu legen (59.).
Drei Tiefschläge für die Three Lionesses
In der Folge verlagerte sich das Spiel mehr und mehr zwischen die Strafräume - bis der Ball plötzlich im Kasten lag: Walsh hatte den Ball gekonnt zu White weitergeleitet, die zum vermeintlichen 2:2 traf. Noch während des Jubels schaltete sich der Videoassistent ein - der Treffer zählte aufgrund einer Abseitsstellung richtigerweise nicht (67.).
Tragische Figur: Englands Kapitänin Steph Houghton vergab vom Punkt - und schied am Ende im Halbfinale aus. imago images
Es sollte nicht der einzig Tiefschlag bleiben: In der 79. Minute hatte White den Ausgleich erneut auf dem Fuß, wurde aber kurz vor dem Tor von Sauerbrunn ganz leicht berührt und schlug ein Luftloch. Schiedsrichterin Edina Alves Batista wurde erneut vom Videoassistenten kontaktiert, sah sich die Szene am Spielfeldrand mehrmals genau an - und entschied auf Elfmeter, eine nachvollziehbare Entscheidung! Houghton übernahm in der Folge, trat an, scheiterte mit ihrem unplatzierten Versuch ins linke untere Eck aber an Naeher (83.). Nur drei Minuten später wurden die Engländerinnen auch noch dezimiert: Bright flog nach einem harten Foul an Morgan mit Gelb-Rot vom Platz (86.).
In Unterzahl erhöhte England trotzdem das Risiko und witterte - auch aufgrund der siebenminütigen Nachspielzeit - nochmals die Chance. Allerdings gelang es dem Neville-Team nicht mehr, den Ball entscheidend vor das US-Tor zu befördern. Am Ende blieb es deshalb beim 2:1-Sieg des Titelverteidigers.
Die USA kämpfen damit am Sonntag (17 Uhr) um ihren vierten WM-Titel und treffen im Endspiel, das ebenfalls in Lyon stattfindet, auf die Niederlande oder Schweden (Halbfinale vom Mittwoch, 21 Uhr, LIVE! bei kicker.de). England hingegen scheiterte wie schon bei der WM 2015 und der EM 2017 im Halbfinale und trifft am Samstag (17 Uhr) auf den Verlierer des zweiten Semifinals in Nizza im Spiel um Platz 3.