Nach dem überzeugenden 3:0-Erfolg gegen Dänemark im Achtelfinale sah Englands Coach Sven-Göran Eriksson keinen Grund sein Team zu ändern. So begann exakt die gleiche Elf, der wiedergenesene Hargreaves nahm zunächst auf der Bank Platz. Brasiliens Coach Luiz Felipe Scolari änderte seine Elf nach dem mühevollen 2:0 gegen Belgien auf einer Position: Kleberson kam neu ins Team, Juninho musste weichen.
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Wie schon gegen Argentinien überließ England zunächst dem Gegner die Initiative und zog sich bei Ballbesitz der Brasilianer weit in die eigene Hälfte zurück. Zwei Viererketten, davor die konterstarken Stürmer Heskey und Owen, die in der Anfangsphase allerdings kaum zum Zuge kamen, sollten zum Erfolg verhelfen. Die Südamerikaner taten sich gegen das kompakte englische Abwehr-Bollwerk schwer. Die Scolari-Elf versuchte das Spiel in die Breite zu ziehen, die Lücke für den finalen Pass ergab sich gegen die zweikampfstarken Engländer indes nicht. Die hochgelobten Ronaldo und Rivaldo hatten in Ferdinand und Butt hartnäckige Widersacher und kamen anfangs nicht zur Entfaltung.
So gab es kaum nennenswerte Torgelegenheiten. Lediglich nach Standardsituationen wurde es gefährlich. Heskey mit einem Kopfball nach Beckham-Freistoß (4.) und Roberto Carlos mit einem 30-Meter-Freistoß (14.) brachten für die Torhüter Marcos und Seaman etwas Arbeit. Nachdem sich Brasilien in der 19. Minute erstmals mit einem gelungenen Doppelpass zwischen Rivaldo und Ronaldo durch die englische Abwehrreihe gespielt hatte, Ronaldo aber mit einem Schuss scheiterte, fiel nach 23 Minuten wie aus dem Nichts das 1:0 für England. Owen nutzte einen Fehler von Lucio, der eine Heskey-Flanke vor die Füße des englischen Stürmers prallen ließ. Alleine vor Keeper Marcos vollendete Owen eiskalt.
Brasilien versuchte prompt zu antworten, doch Torwart Seaman konnte einen Ronaldo-Schuss aus halbrechter Position abwehren (27.). Die Scolari-Elf fand gegen die weiter dichtgestaffelte englische Defensive kein probates Mittel, immer wieder rannten sich Ronaldo und Co. in der vielbeinigen Abwehr fest. In der Nachspielzeit der ersten Hälfte wurde England aber für seine defensive Spielweise bestraft. Nach schöner Vorarbeit von Ronaldinho, der Ashley Cole überlief und den am rechten Strafraumeck freistehenden Rivaldo in Szene setzte, fiel der Ausgleich. Der Torjäger der Brasilianer überlistete Seaman mit einem überlegten Linksschuss ins linke untere Eck.
Die zweite Halbzeit begann mit einem Paukenschlag. Ronaldinho überlistete den viel zu weit vor seinem Tor stehenden Seaman mit einem Freistoß aus dem rechten Halbfeld und brachte seine Farben in Front (50.). England lockerte nach diesem Rückstand etwas den Abwehrverbund, kam aber zunächst nicht gefährlich vor das Tor der Brasilianer.
In der 57. Minute dann der Schock für die Südamerikaner: Nach einem Allerweltsfoul von Ronaldinho gegen Mills stellte Schiedsrichter Felipe Ramos Rizo aus Mexiko den Torschützen des 2:1 vom Feld. In Überzahl übernahm die Eriksson-Elf nun die Initiative, agierte aber zu umständlich, um die gut organisierte brasilianische Abwehr überwinden zu können. Gefahr brachte eine Einzelaktion durch Mills, doch sein Schuss im Strafraum wurde noch zur Ecke abgefälscht (74.).
In der letzten Viertelstunde versuchte Eriksson mit Vassell und Sheringham die Offensive neu zu beleben, aber die Engländer konnten die Hintermannschaft der Selecao nicht unter Druck setzen. Allein bei Standards blieben die Briten gefährlich. Zudem wurde die Aufholjagd des Drei-Löwen-Teams durch die enorme Ballsicherheit der Brasilianer erschwert, die so immer wieder das Tempo verschleppten.
Brasilien zog verdient ins Halbfinale ein, weil sie nicht nur die Führung der Engländer egalisierten, sondern auch über 30 Minuten in Unterzahl auskommen mussten, nachdem Ronaldinho vom Platz gestellt wurde. Dem Siegtor durch Ronaldinho allerdings ging ein grober Patzer von Keeper Seaman voraus.