Bundesliga

DFB will Verzicht auf Kollektivstrafen

DFB-Präsident Grindel formuliert Dialog-Angebot an Ultras

DFB will Verzicht auf Kollektivstrafen

Dr. Reinhard Grindel: "Wir wollen ein Zeichen setzen, um gemeinsam in den Dialog einzutreten."

Dr. Reinhard Grindel: "Wir wollen ein Zeichen setzen, um gemeinsam in den Dialog einzutreten." imago

Nicht als kurzfristige Reaktion, sondern als schon länger vorbereitete Erklärung will der DFB das Statement des Präsidenten verstanden wissen, das am Mittwoch auf der Verbandswebsite veröffentlicht wurde. Nach "martialischen Aufmärschen, 'Kriegserklärungen' und menschenverachtenden Aktionen gegen Mannschaften und deren Fans" sei es "Zeit zum Innehalten", formuliert Grindel darin.

Mit verschiedenen Fanvertretungen seien die Verbände DFB und DFL bereits in der Diskussion, man bemühe sich, auch mit Vertretern der Ultra-Gruppen ins Gespräch zu kommen. Explizit bezieht sich Grindel auf ein Treffen in Dresden, bei dem DFB-Vizepräsident Dr. Rainer Koch und der DFB-Sicherheitsbeauftragte Hendrik Große-Lefert Ultra-Vertreter aus ganz Deutschland getroffen hatte. Der Behauptung, er sei bei diesem Treffen bedroht worden, widersprach Koch anschließend selbst via Facebook-Statement und erneuerte gleichzeitig das Angebot zum Dialog.

Im DFB-Fokus: Verhinderung von Zuschauerfehlverhalten und Weiterentwicklung der Sportgerichtsbarkeit

"Wir wollen nach gemeinsamen Wegen suchen, um zu transparenten und gerechten Maßnahmen zur Wahrung eines positiven Stadionerlebnisses zu kommen. Gleichzeitig wollen wir gemeinsam erörtern, was wir zum Erhalt und zur Verbesserung der Fankultur in unseren Stadien tun können", sagt Grindel nun in seiner daran anschließenden Erklärung.

Vor allem in der Projektgruppe "Verbandsrecht und Zuschauerverhalten", in der mit "BAFF" und "Unsere Kurve" auch andere Fanvertretungen beteiligt seien, solle der Dialog mit Ultra-Vertretern stattfinden. Dabei geht es dem DFB-Präsidenten vor allem um "Möglichkeiten zur Verhinderung von Zuschauerfehlverhalten einerseits sowie eine Weiterentwicklung der Sportgerichtsbarkeit".

Wir haben verstanden, dass es um mehr geht. Der Fußball in Deutschland steht auch für Stehplätze, faire Eintrittspreise und die 50+1-Regel.

DFB-Präsident Reinhard Grindel

"Wir haben verstanden, dass es um mehr geht. Der Fußball in Deutschland steht auch für Stehplätze, faire Eintrittspreise und die 50+1-Regel", erklärt Grindel zudem, ehe ein konkreter Ansatz formuliert wird: der Verzicht auf Kollektivstrafen. "Der DFB empfiehlt seinem Kontrollausschuss, bis auf Weiteres darauf zu verzichten, Strafen zu beantragen, die unmittelbare Wirkung auf Fans haben, deren Beteiligung an Verstößen gegen die Stadionordnung nicht nachgewiesen ist. Wir wollen für diesen Zeitraum keine Sanktionen wie die Verhängung von Blocksperren, Teilausschlüssen oder 'Geisterspielen'. Die Unabhängigkeit der DFB-Sportgerichtsbarkeit bleibt davon unberührt", heißt es wörtlich.

Lorenz unterstützt den Vorschlag

Hans E. Lorenz, Vorsitzender des DFB-Sportgerichts, unterstützte die "Empfehlung" bereits: "Wir hatten intern intensive und teilweise kontroverse Diskussionen zu diesem Thema. Die Sportgerichtsbarkeit unterstützt im Ergebnis inhaltlich voll und ganz die Initiative des Präsidenten", sagte Lorenz dem SID: "Das Ziel aller ist es, die Situation in den Stadien in den Griff zu bekommen. Allein mit repressiven Maßnahmen war das bisher nicht möglich."

Das Fanbündnis BAFF bezeichnete den Vorstoß Grindels in einer ersten Reaktion als "interessant" und wies darauf hin, dass es bereits seit langem von verschiedenen Seiten Hinweise gegeben hätte, "dass Kollektivstrafen nichts bringen, sondern die Lage eher noch anheizen". Am Dienstag hatte sich Hertha BSC in einem offiziellen Statement ebenfalls kritisch zu dem Thema geäußert und formuliert, dass "das alleinige Aussprechen von Kollektivstrafen sicherlich kein Allheilmittel" sei .

DFL will sich "aktiv einbringen"

Der Ligaverband DFL bezeichnete das Dialog-Angebot des DFB-Präsidenten "richtigen Schritt, um neues Vertrauen zu bilden". DFL-Präsident Dr. Reinhard Rauball und Geschäftsführer Christian Seifert erklärten, die DFL werde sich in den Gesprächen "mit allen interessierten Fan-Gruppen" aktiv einbringen.

bru/sid