WM

Cristiano Ronaldos Tränen-Abgang - Santos bereut Jokerrolle nicht

Abschied mit weiterem Weltrekord, aber ohne Titel

Cristiano Ronaldos Tränen-Abgang - Santos bereut Jokerrolle nicht

Bittere Tränen: Cristiano Ronaldo nach Portugals WM-Aus gegen Marokko.

Bittere Tränen: Cristiano Ronaldo nach Portugals WM-Aus gegen Marokko. AFP via Getty Images

Aus Katar berichtet Jörg Wolfrum

10. Dezember 2022, 19.56 Uhr Ortszeit, Al Thumama Stadium Doha: Der Augenblick wird für immer als ein historischer in die Fußballgeschichte eingehen. Marokko zieht durch das 1:0 über Portugal als erster Vertreter Afrikas ins Halbfinale einer WM ein. Doch der Moment wird auch als der Abgang des Supergoalgetters der Neuzeit in die Geschichte eingehen. Cristiano Ronaldo hatte mutmaßlich seinen letzten Einsatz auf der größtmöglichen Bühne: der Weltmeisterschaft.

Und er wird seine grandiose Karriere ohne die Krönung durch den WM-Titel beenden. Es war daher ein Abgang unter Tränen.

Im Strafraum Marokkos hatte der fünfmalige Weltfußballer gestanden, auf den Lucky Punch spekuliert, auch in der achten Minute der Nachspielzeit - doch der aus Sicht der Portugiesen rettende Ausgleich und damit zumindest die Verlängerung blieb aus.

Santos: "Cristiano und ich waren am meisten enttäuscht über das Ausscheiden"

Nationaltrainer Fernando Santos sagte: "Cristiano und ich waren am Ende am meisten enttäuscht über das Ausscheiden. Das spricht dafür, wie er sich mit dem Team identifiziert hat hier, unabhängig von seiner Rolle." Der Rolle als Ersatzspieler.

In der ersten Minute der Nachspielzeit hatte der 37-jährige Profi seine einzige Chance des Spiels gehabt, nach einem Steilpass von Bruno Fernandes trat er an und schoss auf das kurze Eck. Marokkos Keeper Bono hatte ein paar Probleme mit dem Ball, aber im Nachfassen war die Situation bereinigt.

Mehr war nicht an diesem Dezemberabend für den einstigen Topstar, aber das war nur bedingt die Schuld des aktuell vereinslosen Torjägers. Zwar war die Selecao vehement angerannt, hatte früh sämtliche Offensivkräfte eingewechselt, Ronaldo selbst stand seit der 51. Minute auf dem Platz. Doch am Ende war der letzte Pass immer zu ungenau oder ein Bein der aufopfernd verteidigenden Marokkaner dazwischen gewesen.

Kurz nach seiner Einwechslung war Ronaldo sogar beim Versuch eines Dribblings der Ball versprungen, die Situation futsch. Die Folge war Häme durch die mehrheitlich marokkanischen Anhänger im Stadion.

Nach dem Schlusspfiff ging er grußlos vom Platz, ohne Blick nach links oder rechts, im Kabinengang ließ er dann seinen Tränen freien Lauf.

Santos bereut Ronaldos Jokerrolle nicht

Und aus und vorbei dürfte mit dem Aus im Viertelfinale auch die Karriere des Altstars auf allerhöchstem Niveau sein. Sportlich hatte sich das in dieser Saison schon mit der Reservistenrolle und der Vertragsauflösung nach dem Skandal-Interview bei Manchester United in den WM-Tagen angedeutet. Und auch in der Selecao hatte der Kapitän seinen Stammplatz verloren.

WM-Viertelfinale

Im Achtelfinale beim 6:1 über die Schweiz hatte der fünfmalige Weltfußballer erstmals seit 14 Jahren nicht mehr in der Startelf Portugals gestanden bei einer Endrundenpartie. Just seit dem damals unwichtigen letzten Gruppenspiel bei der EM 2008 in Österreich und der Schweiz gegen eben Co-Gastgeber Schweiz.

Am Samstag im Al Thumama wurde Ronaldo, wie vor vier Tagen, erneut erst nach der Pause eingewechselt. Coach Santos: "Ich bereue nicht, ihn nicht von Anfang an gebracht zu haben. Er hat uns etwas gegeben, als er reinkam. Also: Ich habe nichts zu bereuen."

Ronaldo stellt Länderspiel-Weltrekord ein

Für Ronaldo war der Auftritt gegen Marokko sein 196. Länderspiel, mit 118 Toren hielt er ohnehin bereits den Weltrekord. Das tut er nun auch nach dem Einsatz gegen Marokko bei der Zahl der Auftritte. Denn CR7 zog mit dem Kuwaiti Bader Al Mutawa gleich. Aber nicht an diesem vorbei. Ein weiterer, zudem geteilter Weltrekord zum Abgang als schwacher Trost für den einstmals Unwiderstehlichen.

Auch daher die Tränen, vor allem aber wegen des Ausscheidens. Selbst geäußert hat sich der Angreifer am Abend in Doha zunächst nicht.

Apropos Weltrekord: Mit seinem Elfmetertor beim 3:2 zum Turnierauftakt über Ghana hatte er in Katar bereits eine andere Bestmarke aufgestellt. Er ist nun der nun einzige Spieler, der bei insgesamt fünf WM-Endrunden getroffen hat. Ronaldo hatte sich danach als von der FIFA ausgezeichneter Spieler des Spiels geradezu im Scheinwerferlicht gesuhlt - unabhängig davon, dass der Elfmeterpfiff äußerst strittig gewesen war. Aber er wusste ja: Diese Bestmarke wird so schnell keiner erreichen oder gar überbieten.

Und nun? Das kolportierte Angebot in Saudi-Arabien von Al-Nasr über 200 Millionen Euro pro Saison ab Januar zeigt: Als Marke wird CR7 weiter präsent bleiben, auf höchstem sportlichen Niveau ist die Karriere des besten Goalgetters der Neuzeit aber voraussichtlich beendet.