Eine "Mourinho-Saison" wollte Chelsea-Trainer Antonio Conte unbedingt vermeiden, also den Einbruch im ersten Jahr nach dem Meistertitel. Doch auch wenn seine Elf nicht im Tabellenmittelfeld herumirrt wie die seines Vorgängers - es ist ihm letztlich nicht gelungen. Nach der 1:3-Heimniederlage gegen Tottenham Hotspur steht dem Titelverteidiger aller Voraussicht nach wie vor zwei Jahren eine Champions-League-freie Saison bevor.
Dabei hatten die Blues gut ins Duell Fünfter gegen Vierter gefunden, zeigten im Gegensatz zu ihren spielbestimmenden Gästen immer wieder zielstrebige Angriffe und gingen auch verdient in Führung: Moses, von Rüdiger auf der rechten Außenbahn gut eingesetzt, flankte an den Fünfmeterraum, und weil Lloris vorbeisegelte, köpfte Morata ins leere Tor - sein erster Ligatreffer seit Weihnachten (30.).
Die Spurs, die seit 30 (!) Pflichtspielen an der Stamford Bridge nicht mehr gewonnen hatten, kamen mit ihren Kombinationsansätzen kaum durch - und doch unverhofft zum Ausgleich: Eriksens 25-Meter-Schuss nahm eine Flatter-Flugkurve, die Courtois-Vertreter Caballero im Chelsea-Kasten ganz offensichtlich falsch einschätzte; der fiese, aber gar nicht so platzierte Ball senkte sich unter die Latte (45.+1).
Dier herrlich, Alli herrlicher
War der Ausgleich noch relativ glücklich, kippte das Spiel nach dem Seitenwechsel dann zunehmend: Unverständlicherweise zog sich Chelsea nun noch weiter zurück, und die Spurs wussten die neuen Freiheiten im Mittelfeld zu nutzen. Sons Schlenzer fischte Cabellero noch bravourös aus dem Torwinkel (60.), zwei Minuten später stand es aber 1:2: Dier spielte aus dem Mittelkreis ohne Gegenspielerdruck einen herrlichen hohen Steilpass, den Alli noch herrlicher im Strafraum annahm und an Caballero vorbeispitzelte. Was für eine Technik!
Und der bald 22-jährige Mittelfeldmann, der sich seines Platzes in der englischen WM-Startelf noch lange nicht sicher sein kann, legte sogar gleich nach: Caballero stand nach einem blitzgescheiten Angriff gegen Son zweimal im Weg, doch Alli, der seit Januar 2017 in der Liga nicht mehr doppelt getroffen hatte, war genau richtig positioniert, um cool abzustauben (66.). Auch damals hieß sein Gegner Chelsea.
Der letzte Jubel gebührt Kanes Einwechslung
Das intensive Derby war entschieden, Chelsea gelang es nicht, den Schalter noch einmal richtig umzulegen. Die Spurs-Fans jubelten stattdessen sogar noch mal - als Torjäger Kane, nur drei Wochen nach seiner Knöchelverletzung und mindestens zwei Wochen früher als erwartet, als Joker sein Comeback feierte (73.). Sein Team bleibt im Jahr 2018 ungeschlagen (8/3/0).
Chelsea dagegen hat jetzt fünf der letzten sieben Premier-League-Spiele verloren und bei acht Punkten Rückstand kaum noch Chancen auf eine Top-Vier-Platzierung. Schien Contes Aus zum Saisonende auch schon vor dem Spiel besiegelt zu sein - ist es das wohl jetzt erst recht.