Chelsea-Coach Frank Lampard vertraute beinahe auf dieselbe Elf wie beim 1:0 im Hinspiel in Amsterdam: Lediglich Pulisic ersetzte Hudson-Odoi. Dagegen brachte Ajax-Trainer Erik ten Hag zwei Neue - und das hatte Folgen: Mazraoui sowie David Neres ersetzten Dest und Alvarez, was bedeutete, dass die Gäste offensiver ausgerichtet waren. 4-3-3 anstelle des zuletzt praktizierten 4-2-3-1.
An der Stamford Bridge entwickelte sich von Beginn an ein flottes Spiel mit Chancen auf beiden Seiten - und gleich zwei kuriosen Toren als Dreingabe! So standen nach 45 Minuten gleich zwei Eigentore bei Chelsea zu Buche: Das erste war noch vergleichsweise "normal", da Abraham einen Promes-Freistoß noch leicht abgefälscht hatte (2.), das zweite wiederum war etwas Besonderes: In der 35. Minute zog Ziyech einen Freistoß fast von der rechten Eckfahne ganz frech aufs Tor und traf den Pfosten. Von dort aus prallte die Kugel zurück, traf das Gesicht des fliegenden Torhüters Kepa und landete anschließend im Netz. Kepa konnte gar nichts machen, das Eigentor wurde ihm jedoch "gutgeschrieben" - es war übrigens der Treffer zum historischen 3:1-Halbzeitstand: Erstmals in der Geschichte der Champions League hatte Chelsea drei Gegentore kassiert.
Chelseas linke Seite als Achillesferse
Gruppe H
Zuvor hatten die Londoner noch den frühen Rückstand rasch wettgemacht, weil der italienische Schiedsrichter Gianluca Rocchi bei einer kniffligen Szene (Veltman gegen Pulisic) Elfmeter gab - eine vertretbare Entscheidung, wenngleich der ehemalige Dortmunder ganz offensichtlich den Kontakt gesucht hatte und anschließend leicht zu Boden gegangen war. Jorginho war's egal, er traf zum zwischenzeitlichen 1:1 (4.).
Die Engländer hatten an diesem Abend aber ein offensichtliches Problem auf den Flügeln - vor allem die linke Seite von Alonso erwies sich als Achillesferse. Über diese fiel dann auch das 2:1 für Ajax: Neres passte auf Ziyech, der auf den zweiten Pfosten zu Promes flankte. Auch Lampard war das nicht entgangen, so reagierte der Trainer in der Pause und brachte Reese für den überforderten Spanier.
Chelsea stark verbessert - Ekstase in der Schlussphase
Und auch sonst zeigte sich Chelsea nach Wiederanpfiff stark verbessert. Die Londoner spielten in Durchgang zwei viel mehr flach, übten so weitaus mehr Druck aus und kamen über Zouma (46.) und Abraham (52., 53.) zu Top-Chancen. Doch dann folgte die kalte Dusche: Azpilicueta ließ sich auf rechts abkochen und der Ball kam über Neres und Ziyech bei van de Beek an, der sich nicht zweimal bitten ließ - 4:1 (55.).
Auf einmal in doppelter Unterzahl: Schiedsrichter Gianluca Rocchi schickte binnen Sekunden gleich zwei Ajax-Profis vom Feld. imago images
Die Fans der Blues dürften da gedacht haben, dass sich alles gegen ihr Team verschworen hatte, erst recht als sich auch noch Mount verletzte und nach einer Stunde ausgewechselt werden musste - Hudson-Odoi kam. Entschieden war aber noch lange nichts, denn Chelsea kam zurück: Willian, bis dato auffälligster Londoner, erhielt zu viel Platz auf rechts und passte auf Pulisic, der wiederum das Auge für Azpilicueta hatte. Dieser musste nur noch den Fuß hinhalten, um auf 2:4 zu verkürzen (63.).
Was danach folgte, konnte eigentlich nur noch unter Wahnsinn zusammengefasst werden: In der 67. Minute ließ Referee Rocchi nach einem Foul von Blind an Pulisic Vorteil laufen - und Veltman stoppt den Ball im eigenen Sechzehner mit der Hand. Blind sah daraufhin Gelb-Rot (68.), ebenso Veltman, der zu viel protestiert hatte (69.) - und Strafstoß gab es obendrauf. Jorginho verwandelte abermals souverän - 3:4 (71.). Bei den Gästen musste Coach ten Hag eine neue Innenverteidigung bringen und tat dies auch: Schuurs und Alvarez kamen (73.) und mussten sogleich den Ausgleich miterleben: Nach Willian-Ecke parierte Onana zwar noch stark gegen Zouma, war dann aber gegen James machtlos (74.).
Spätestens da dürften die Chelsea-Fans endgültig in Ekstase geraten sein - doch es war noch längst nicht Schluss. Denn Azpilicueta traf sogar noch zum vermeintlichen 5:4, doch Rocchi verweigerte dem Treffer die Anerkennung, weil das Leder kurz zuvor Abrahams Hand touchiert hatte (78.). So blieb es beim Remis, allerdings auch, weil die eigewechselten Hudson-Odoi (89.) und Batshuayi (90., 90.+4) erstklassige Chancen nicht nutzten.
Der FC Chelsea empfängt am Samstag (13.30 Uhr) in der Liga Crystal Palace. Ajax erwartet einen Tag später (12.15 Uhr) den FC Utrecht.