Bundesliga

Hertha-Präsident Bernstein über Windhorst und 777 Partners

Der Klub-Präsident im großen kicker-Interview

Bernstein: "Hertha ist zu spät in die Realität zurückgekehrt"

Hertha-Präsident Kay Bernstein.

Hertha-Präsident Kay Bernstein. AFP via Getty Images

Seine Wahl Ende Juni ließ aufhorchen. Bernstein, der in Marienberg im Erzgebirge geboren wurden, dessen familiäre Wurzeln in Dresden liegen und der ein Jahr vor dem Mauerfall nach Berlin-Marzahn zog, setzte sich nach einem hitzigen Wahlkampf gegen Frank Steffel, den Unternehmer, CDU-Politiker und Präsidenten des Handballbundesligisten Füchse Berlin durch. Bernstein - Beinahe-Schulabbrecher, Ultra der ersten Stunde, gelernter Industriemechaniker, Inhaber einer Kommunikations- und Eventagentur - gelang damit nichts weniger als ein Coup.

"Das Klub-Establishment hat im Juni mit einem anderen Wahlausgang gerechnet", sagt Bernstein jetzt im kicker. "Mich haben anfangs nicht alle ernstgenommen. Das hat sich geändert. Und dass ich unterschätzt wurde, war kein Nachteil für mich. Ich wollte und will auf meine Art zeigen, dass ich dieses Amt kann - und dass wir es nur zusammen schaffen, dem Klub seine Seele zurückzugeben."

Die größte Herausforderung sind die Finanzen

Den Klub sieht er jetzt kommunikativ-atmosphärisch in der richtigen Richtung unterwegs. "Es ist ein Prozess, der noch nicht beendet ist. Aber wir sind auf einem sehr guten Weg, das Gift rauszubekommen", sagt Bernstein. "Ich spüre jetzt, dass es ein immer größeres Miteinander wird. Wir haben ein Wir-Gefühl geschaffen und den Verein wieder geeint."

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Die größte Herausforderung der nahen und mittleren Zukunft ist für den Klub-Boss die Konsolidierung der Finanzen - nachdem der Klub jahrelang über seine Verhältnisse gelebt hat. "Hertha hat den zweiten vor dem ersten Schritt gemacht und sich brutal verhoben", sagt Bernstein. "Der Klub wollte zu schnell zu viel - und ist zu spät in die Realität zurückgekehrt."

Ein neuer Investor soll Hertha stabilisieren

Die 374 Millionen Euro, die Lars Windhorsts Tennor-Holding seit Sommer 2019 in den Klub gepumpt hat, sind weitgehend aufgezehrt. In den vergangenen drei Geschäftsjahren fuhr Hertha kumuliert ein Bilanzminus von mehr als 210 Millionen Euro ein. "Wir wissen, dass es eine Mammutaufgabe ist, diese Erblast umzudrehen. Aber wir haben die Kraft dafür", unterstreicht Bernstein. "Wir brauchen Kreativität, einen klaren Plan und einen langen Atem." Hertha habe "keine Liquiditätsprobleme. Diese und die folgende Saison sind durchfinanziert. Klar ist: Wir müssen den Gürtel enger schnallen, ohne uns die Luft abzuschnüren."

Nach den positiv verlaufenen Gesprächen mit dem potenziellen neuen Klub-Investor, dem US-Private-Equity-Unternehmen 777 Partners, ist der Boden für eine gemeinsame Zukunft bereitet. Noch sind die Verträge nicht unterschrieben, aber Bernstein sagt: "Beide haben Interesse an einer Partnerschaft. Und beide wissen, worauf sie sich einlassen."

Von einer Partnerschaft mit dem im Fußball bestens vernetzten und bislang weltweit an sechs Klubs beteiligten Unternehmen aus Miami verspricht sich Herthas Präsident viel: "Wir bekämen konstante Ruhe, weitere sportliche Expertise und ein großes Netzwerk auf der Investorenseite - und einen Partner, der wirtschaftlich organisch gewachsen und weltweit aufgestellt ist. Es wäre für uns der Schritt hin zu mehr Ruhe, mehr Internationalisierung und mehr Know-how."

Kay Bernstein spricht auch über Sport-Geschäftsführer Fredi Bobic und dessen Zukunft, die Arbeit von Trainer Sandro Schwarz, den Bruch mit Tennor, die Stadion-Neubau-Pläne und seinen eigenen Führungsstil. Das komplette Interview lesen Sie in der Montagsausgabe des kicker oder ab Sonntagabend im eMagazine.

Steffen Rohr

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