Bundesliga

Bayern plant keinen Boateng-Ersatz

Boateng und die wackeligen Stellvertreter

Bayern plant keinen Boateng-Ersatz

Ist einer dieser wackeligen Stellvertreter von Jerome Boateng: Bayerns Innenverteidiger Holger Badstuber (li.).

Ist einer dieser wackeligen Stellvertreter von Jerome Boateng: Bayerns Innenverteidiger Holger Badstuber (li.). imago

Joachim Löw möchte den im WM-Finale 2014 gegen Argentinien überragenden Innenverteidiger unbedingt in seiner Auswahl haben. Manager Oliver Bierhoff drückte an diesem Montag bei einem Treffen der Nationalmannschaft in München seine Hoffnung aus, dass es Boateng nach seinem Muskelbündel- und Sehnenriss, den er zum Rückrundenstart in Hamburg erlitt, noch schafft "in Richtung Saisonende und Europameisterschaft". Löw teilte dem Spieler mit, dass er an ihn glaube, sagte ihm seine Unterstützung zu und nannte Boateng "eine Kämpfernatur", die "top professionell" arbeite. Der lädierte Spieler selbst hatte in der Printausgabe des kicker an diesem Montag erklärt, dass ihm die Frist bis zur EURO "im Normalfall reichen" müsste. Die Nominierung muss bis zum 31. Mai bei der UEFA erfolgen.

Lahm: "Das tut uns sehr, sehr weh"

Der FC Bayern hat bis dahin einige Großaufträge zu meistern, ohne seinen Abwehrchef, dessen Ausfall eine Riesenlücke in die Dreier- oder Viererkette reißt. "Sehr bitter" nennt Philipp Lahm die Verletzung des Kollegen, weil es "sich um einen längeren Zeitraum" handle, "das tut uns sehr, sehr weh".

Spielersteckbrief J. Boateng
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Zur Debatte, ob kurzfristig Ersatz bis kommenden Montag (Ende der winterlichen Transferperiode) herbeigeschafft werden solle, verweist Philipp Lahm auf die Krankengeschichten der möglichen vereinsinternen Aushilfen. Sie alle hätten "in der Vergangenheit Rückschläge erlitten", so der Kapitän. Es handelt sich also um ziemlich wackelige Kandidaten.

Da ist zunächst Holger Badstuber, der "fast zwei Jahre raus" war, da gibt es keine Gewissheit, "ob er alle drei Tage auf dem Platz stehen kann". Der Linksfüßer hatte zuletzt vom 23. April bis 2. November 2015 wegen eines Muskelrisses im Oberschenkel gefehlt, davor wegen eines Sehnenrisses im dritten Drittel des Jahres 2014. Das lädierte Kreuzband im Knie verurteile ihn von Dezember 2012 bis Mitte Mai 2014 anderthalb Jahre lang zum Zuschauen.

"Häufiger mal angeschlagen"

Blieben selten vom Verletzungspech verschont: Die Bayern-Verteidiger Javier Martinez und Medhi Benatia (r.).

Blieben selten vom Verletzungspech verschont: Die Bayern-Verteidiger Javier Martinez und Medhi Benatia (r.). imago

Einen Totalschaden im Knie hatte ein anderer Ersatz-Innenverteidiger, Javier Martinez, Mitte August 2014 im Supercup gegen Dortmund erlitten. Der Spanier musste nach dem Kreuz- und Innenbandriss acht Monate passen, Probleme mit der Patellasehne machten ihn von Mitte Juli 2015 bis Mitte September, knapp 60 Tage lang, arbeitsunfähig. Und Medhi Benatia sei, so sagt es Lahm eher schonend, "häufiger mal angeschlagen". Den Marokkaner zwicken ständig die Muskeln, seit seiner Anstellung am 27. August 2014 fiel er rund 280 Tage mit diversen Blessuren aus: In dieser Saison begann sein Malheur am zweiten Spieltag in Hoffenheim, am 12. Spieltag war er wieder verfügbar, gegen Stuttgart am, 7. November, um nach vier Einsätzen wieder mit einem Muskelbündelriss darniederzuliegen. In zwei, drei Wochen, so heißt es beim FC Bayern, soll er nun wieder seinen Job als Abwehrspieler ausführen können. Noch gerade rechtzeitig, um für die heikle Aufgabe gegen Juventus Turin (Hinspiel am 23. Februar) vollends fit zu sein? Es ist eine schwierige Situation für die Entscheider in München.

Sammer: "Ein neuer Innenverteidiger geboren"

In der Saison 2014/15 fehlte Boateng in acht Pflichtspielen in der Startelf, es gab 23:3 Tore und dadurch sechs Siege (fünf ohne Gegentor), ein Remis und eine Niederlage, 0:2 am Saisonende in Leverkusen. 2013/14 hatte Guardiola 13-mal eine FCB-Elf ohne Boateng zum Anpfiff eines Pflichtspiels losgeschickt, mit dieser Bilanz: 8 Siege, 3 Unentschieden, 2 Niederlagen, bei 30:12 Toren.

Ohne seine Nummer 17 hinten drin trat der FC Bayern in dieser Saison nur einmal an, beim 3:0 gegen Bayer Leverkusen Ende August. Xabi Alonso verteidigte damals an Boatengs Stelle, Sportvorstand Matthias Sammer sprach seinerzeit davon, dass "ein neuer Innenverteidiger geboren" worden sei. Ob es fortan für Alonso eine Wiedergeburt geben wird? Oder muss doch verstärkt David Alaba, wie schon des Öfteren praktiziert, auf jener Position aushelfen, die er nicht so mag?

Rafinha, ebenfalls schon im Innendienst der Viererkette eingesetzt, kann allenfalls eine Notlösung darstellen. Im Vergleich zu Boateng sind das aber alle Stellvertreter. Kommt also ein neuer Mann? Profis, die in dieser Saison nicht in der Champions League aktiv waren, dürfen ab dem Achtelfinale in einem neuen Klub mitwirken, also auch solche aus Europa-League-Mannschaften. Nach derzeitigem Stand ist beim FC Bayern keine Neuverpflichtung, also kein Boateng-Ersatz geplant. Aber die Transferphase läuft ja noch bis kommenden Montag.

Karlheinz Wild