Nationalelf

Ballack will sich entschuldigen

Auch Frings lenkt ein

Ballack will sich entschuldigen

Auch der Bremer Torsten Frings, der zuletzt laut über einen Rücktritt aus der Nationalelf nachdachte, lenkt offenbar ein. Weil die Spekulationen um seine Zukunft "immer ausufernder wurden", hat Frings in einer von Werder Bremen verbreitenden Stellungnahme erklärt, weiter um seinen Platz in der Nationalelf kämpfen zu wollen: "Ich war nach den beiden WM-Qualifikationsspielen gegen Russland und Wales sehr enttäuscht. Wer mich kennt, weiß, dass ich immer alles für meine Mannschaft gebe. Kaum etwas zum Erfolg beitragen zu können, war eine neue, schwierig zu verarbeitende Erfahrung." Daher habe er sich Zeit nehmen müssen, um sich über die Situation Klarheit zu verschaffen. "Für mein Land zu spielen ist etwas außergewöhnliches und ganz besonderes. Ich möchte das auch in Zukunft tun, so wie es nach der Europameisterschaft mit dem Bundestrainer besprochen war." Eine Stammplatzgarantie habe Frings nie gefordert und werde dies auch künftig nicht tun: "Ich möchte Jogi Löw und sein Team auch zukünftig immer mit Leistung überzeugen."

Ballack strebt schnellstmögliches Treffen an

England-Legionär Ballack ließ am Samstagabend in einer Pressemitteilung verlauten: "Ich werde mich in kürzester Zeit mit Joachim Löw zusammensetzen, sobald es mein Gesundheitszustand zulässt, und werde mich für mein Verhalten bei ihm entschuldigen."

Michael Ballack

Michael Ballack gesteht einen "Fehler" ein und kündigt eine Entschuldigung an. imago

Löw hat die angekündigte Entschuldigung des Kapitäns der deutschen Nationalmannschaft "registriert", aber noch nicht für eine weitere gemeinsame Zusammenarbeit bewertet. Erst nach dem von ihm geforderten Vier-Augen-Gespräch in Deutschland will der Bundestrainer den Vorfall endgültig beurteilen und auch über mögliche Konsequenzen für Ballack nach dessen Kritik an seinem Kurs und seinen Personalentscheidungen befinden. "Viel wichtiger ist das persönliche Gespräch. Danach wird es von mir eine abschließende Stellungnahme geben", erklärte Löw am Sonntag auf der Internetseite des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).

Ballack räumte in seiner Erklärung selbstkritisch ein, dass er den falschen Weg gewählt habe. Dass er für seinen Gang an die Öffentlichkeit Kritik bekommen werde, habe er zwar geahnt, "dass es allerdings dieses Ausmaß annehmen würde, hätte ich nicht erwartet", heiß es weiter. "Und somit muss ich leider feststellen, dass es ein Fehler war, diesen Weg zu wählen".

Ballack meinte, er habe nicht die Absicht gehabt, den Bundestrainer anzugreifen, "sondern in erster Linie, Mitspieler zu schützen und zu unterstützen in der jetzigen schwierigen Situation in der sie steckten". Er schätze Löw sehr.

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Das Interview in der FAZ sei situations- und nicht personenbezogen gewesen. "Ich wollte niemanden persönlich angreifen aber offen und kritisch Dinge ansprechen, die mir als Kapitän am Herzen lagen", sagte Ballack, der sich zum Inhalt des Interviews ansonsten nicht weiter äußern wollte.

Bereits am Samstagnachmittag hatten sich Löw und Ballack in einem Telefonat auf ein Vier-Augen-Gespräch geeinigt, das in Deutschland stattfinden soll. Dies teilte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) mit.

Der Genesungsprozess bei Ballack soll nach dessen Fußoperation nicht unterbrochen werden, deshalb werde abgewartet, bis im Laufe der Woche die Fäden an den Operationsnarben gezogen werden. "Ein genauer Termin steht deshalb noch nicht fest, das Gespräch soll aber baldmöglichst stattfinden", so DFB-Mediendirektor Harald Stenger am Samstagabend.

DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger stärkte dem DFB-Trainer am Samstagmittag jedenfalls den Rücken für das anstehende Vier-Augen-Gespräch. "Wenn der Bundestrainer aus dem Gespräch heraus das Gefühl gewinnt, das Vertrauensverhältnis ist doch stark gestört, dann muss er die Entscheidung treffen, die er für richtig hält", so Zwanziger im DSF.

Löw tief getroffen

Zuvor hatte Löws langjähriger Anwalt Christoph Schickhardt noch kräftig Öl ins Feuer gegossen. "Er war zuerst völlig fassungslos und enttäuscht von seinem Kapitän. Speziell der Vorwurf, mangelnden Respekt zu zeigen, hat ihn tief verletzt", sagte der Advokat in einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung. "Da ist ihm der Kragen geplatzt. Für ihn ist Respekt geradezu eine Handlungsmaxime."

Wenn es zum geplanten Treffen zwischen dem Bundestrainer und seinem Spielführer kommt, sei "das Wort Gespräch in diesem Zusammenhang der falsche Begriff. Anhörung trifft die Sache wohl besser. Von deren Verlauf macht der Bundestrainer seine Entscheidung abhängig", erklärte der Ludwigsburger Sportanwalt, der sich mit diesen harschen Aussagen in den Zwist kräftig mit einmischte.

In Schickhardts Augen sind die Äußerungen des Chelsea-Spielers "sowohl inhaltlich als auch in der Form völlig daneben". Ballack habe die Kugel ins Rollen gebracht, "es liegt an ihm, sie wieder zu stoppen. Er muss eine Situation schaffen, die es Joachim Löw ermöglicht, ihn zu berücksichtigen. Ich weiß im Moment nicht, wie Ballack die Kurve kriegen will."

Der Nationaltrainer hat sehr viel Zeit. Ich hätte mich gleich ins Flugzeug gesetzt und wäre zum Spieler geflogen.

Ottmar Hitzfeld über die Verzögerung des Treffens zwischen Ballack und Löw.

Schickhardt scloss auch einen Rauswurf Ballacks keineswegs aus. Der Anwalt sagt, für den Kapitän würde die Tür für interne Kritik "sperrangelweit" offen stehen, "niemand sollte sich aber in der Durchsetzungskraft und Konsequenz von Joachim Löw täuschen". Der Bundestrainer werde "angemessen und respektvoll mit ihm umgehen - das schließt die Möglichkeit jeder Entscheidung ein", wird der polternde Schickhardt zitiert.

Hitzfeld: "Und nun geht Vertrauen kaputt"

Auch Ottmar Hitzfeld befürchtet, dass viel Porzellan zerschlagen wurde. Er sei "gespannt, wie Jogi Löw dieses Problem lösen kann. Das ist eine schwierige Situation, weil Jogi Löw bekannt dafür ist, dass er sehr ehrlich ist und Vertrauen zu seinen Spielern aufbaut. Und nun geht Vertrauen kaputt", sagte der Schweizer Nationalcoach dem Bezahlsender Premiere.

Bei dem Machtkampf mit seinem Kapitän sieht Hitzfeld Löw deutlich im Nachteil. "Meine Philosophie ist immer: Wehret den Anfängen. Wenn irgendwo schon eine kleine Unstimmigkeit da ist, sollte man sofort auf das Problem zugehen und versuchen, es zu lösen", sagte der ehemalige Bayern-Coach. "Sobald ein Problem öffentlich wird, wird es schwierig. Dann gibt es viele Experte und viele Meinungen. Da kann man als Trainer nur verlieren."

Aus diesem Grund hätte er sich auch von Löw eine schnellere Reaktion gewünscht. "Der Nationaltrainer hat sehr viel Zeit. Ich hätte mich gleich ins Flugzeug gesetzt und wäre zum Spieler geflogen, um das unter vier Augen zu besprechen und aus der Welt zu räumen", so der 59-Jährige.

In die gleiche Kerbe hieb auch Bayern-Manager Uli Hoeneß. "Man hätte schon längst ein Flugzeug nach London nehmen können, dann wäre die Sache längst aus der Welt", sagte er bei Premiere.