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Zwanziger: "Als nächstes werde ich Lothar Matthäus vorschlagen"

Scharfe Reaktion auf die Ladung von Hoeneß im Sommermärchen-Prozess

Zwanziger: "Als nächstes werde ich Lothar Matthäus vorschlagen"

Schießt scharf gegen die Justiz: Theo Zwanziger.

Schießt scharf gegen die Justiz: Theo Zwanziger. picture alliance/dpa

Am Donnerstagmorgen verkündete die Vorsitzende Richterin der 2. Wirtschaftsstrafkammer beim Landgericht (LG) Frankfurt am Main, dass Uli Hoeneß für den 15. April als Zeuge geladen ist. Er soll seine Angaben präzisieren, die er 2020 und 2021 in einem TV-Interview und einem Podcast getätigt hatte, wonach er wisse, wofür 2005 jene 6,7 Millionen Euro vom DFB an die FIFA wirklich geflossen seien.

Weil der Sportverband die Summe als Betriebsausgabe für eine WM-Gala, die nie stattfand, geltend machte, sind die ehemaligen Spitzenfunktionäre Theo Zwanziger, Wolfgang Niersbach und Horst R. Schmidt der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall angeklagt. Die Staatsanwaltschaft geht von einer Verkürzung der Steuer-Zahlungen in Höhe von 13,7 Millionen Euro aus, die Angeklagten halten das für zu hoch und sich aus unterschiedlichen Gründen für unschuldig.

Laut Zwanziger betrifft die Anklage das falsche Jahr

Der zweite Prozesstag stand ganz im Zeichen der Einlassungen des Trios. Während Schmidt und Niersbach vorgefertigte Stellungnahmen verlasen, redete Zwanziger größtenteils frei. In seinem rund 40-minütigen Beitrag setzte er sich nicht nur mit steuerrechtlichen Detailfragen auseinander, sondern griff auch Staatsanwaltschaft und Gerichte erneut scharf an. "Das Verfahren wird der Justiz in Hessen auf die Füße fallen", kündigt der ehemalige DFB-Präsident an, unter anderem, "weil das falsche Jahr angeklagt und gravierende Fehler gemacht wurden."

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Nach Zwanzigers Einschätzung sei die Ausgabe von 6,7 Millionen Euro bereits 2005 steuerrelevant gewesen und nicht in der bemängelten Steuererklärung von 2006, aufgrund der dem DFB auch die Gemeinnützigkeit für das WM-Jahr aberkannt wurde. Der Verband hat über 22 Millionen Euro an Steuern nachgezahlt.

Hoeneß als Zeuge? "Ist doch ein interessantes Kennenlernen mal wieder"

Besonders scharfzüngig reagierte Zwanziger auf die Ankündigung, dass Ex-Bayern-Boss Hoeneß als Zeuge geladen wurde. "Bisher geben die Akten nichts her. Jetzt fragen wir also noch mal den Hoeneß, dann kann man das machen. Ich habe auch gar nichts dagegen einzuwenden, ist doch ein interessantes Kennenlernen mal wieder nach langer Zeit... Ich werde als nächstes Lothar Matthäus vorschlagen. Der ist etwas enger am Franz Beckenbauer dran gewesen. Bei Lothar Matthäus kann man sich drauf verlassen, dass er auch was sagt", betonte Zwanziger nach dem Ende des zweiten Verhandlungstags. Der Prozess wird am 28. März fortgesetzt.

Seine Vermutung: Die Kammer will auch noch so vagen Andeutungen nachgehen, um zu verhindern, dass ihre Entscheidung ein weiteres Mal einkassiert wird. Im Verlauf der vergangenen achteinhalb Jahre wurden vom Oberlandesgericht (OLG) zweimal LG-Beschlüsse auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft aufgehoben. 2018 wollte das LG Frankfurt mangels Beweisen kein Verfahren eröffnen, was das OLG 2019 nachholte. 2022 stellte das LG das Verfahren wegen des Verbots der Doppelbestrafung/-verfolgung ein, nachdem Zwanziger, Niersbach und Schmidt in der Schweiz freigesprochen worden waren, 2023 wurde es vom OLG eröffnet.

Der frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger (l) verlässt im Anschluss an die erste Verhandlung zur Sommermärchen-Affäre zusammen mit seinem Anwalt Hans-Jörg Metz das Landgericht. In dem Prozess müssen sich drei ehemalige Top-Funktionäre des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall verantworten.

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Diesmal will das LG offensichtlich keine Möglichkeit auslassen, um Licht ins Dunkel um die dubiose 6,7-Millionen-Euro-Zahlung zu bringen. Während Schmidt vor Gericht argumentierte, der Betrag sei dazu verwendet worden, um einen 167-Millionen-Euro-Zuschuss der FIFA für die WM 2006 zu erlangen, gab Niersbach an, von den Vorgängen erst sehr viel später erfahren zu haben.

Es ist ein absoluter Albtraum.

WOLFGANG NIERSBACH

"Den Vorwurf der Steuerhinterziehung weise ich entschieden zurück, er ist haltlos und ehrabschneidend", so der 82-jährige Schmidt, dem nach eigenen Angaben "das Verfahren und die Medienberichterstattung gesundheitlich erheblich zugesetzt hat". Auch Niersbach spricht "von einer erheblichen Belastung für mich und meine Familie." Wegen des seit achteinhalb Jahren laufenden Verfahrens sah sich der heute 73-Jährige "gezwungen, Angebote für eine neue Tätigkeit abzulehnen". Er werde nunmehr über einen langen Zeitraum "mit Verdächtigung und Unwahrheiten konfrontiert, es ist ein absoluter Albtraum".

Michael Ebert

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Die WM-Affäre

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  • Der "Spiegel" hat mit seiner Enthüllung über eine vermeintliche "Schwarze Kasse" des DFB im Rahmen der Bewerbung für die WM 2006 eine Lawine ins Rollen gebracht.
  • Die Staatsanwaltschaft Frankfurt wirft den früheren Spitzenfunktionären Zwanziger, Niersbach und Schmidt schwere Steuerhinterziehung vor.
  • Das Oberlandesgericht Frankfurt ließ Ende August 2019 eine entsprechende Anklage zu und revidierte damit eine Entscheidung des Landesgerichts Frankfurt, das im Oktober 2018 die Eröffnung eines Hauptverfahrens abgelehnt hatte. Die Schweizer Bundesanwaltschaft hatte im August 2019 bereits Anklage erhoben.