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Wie stark ist Cavendish?

Mailand - San Remo: Armstrong sagt ab

Wie stark ist Cavendish?

Mark Cavendish

Klappt es mit der Titelverteidigung in San Remo? Vorjahressieger Mark Cavendish fehlt noch der runde Tritt. imago

Und da wäre vor allem Mark Cavendish (Columbia-HTC) zu nennen. Der Brite setzte sich vor Jahresfrist hauchdünn vor Heinrich Haussler (Cervelo) durch und begann damit seinen triumphalen Siegeszug in der Saison 2009. Doch in diesem Jahr konnte der Brite noch nicht überzeugen, zu allem Überfluss stürzte er auf der Schlussetappe von Tirreno - Adriatico.

Cavendish wurde in der Winterpause ein Zahn gezogen. Allerdings entzündete sich die Wunde, der 25-Jährige musste eine mehrwöchige Pause einlegen. Kolportierte Gewichtsprobleme dementierte Sportdirektor Rolf Aldag, einen Trainingsrückstand konnte aber auch der ehemalige Profi nicht verleugnen. Ob Cavendish unter diesen Umständen ganz nach vorne fahren kann, erscheint eher zweifelhaft. "Ich kann nicht gewinnen. Ich habe nicht die Form, die Power. Mir fehlen 2000 Trainingskilometer", sagte Cavendish: "Es ist eine Schande, dass ich nicht in das Rennen gehen und sagen kann: 'Ich will gewinnen'."

Cavendish nicht in Form, Haussler (Knieverletzung) nicht am Start - andere Sprinter werden also am Samstag ihre Chancen suchen. Und die Elite der endschnellen Männer ist nahezu komplett vertreten. Aus deutscher Sicht leider mit einer Ausnahme: Gerald Ciolek aus dem Team Milram stürzte bei der Katar-Rundfahrt schwer und fällt mit einer Schultereckgelenksprengung sowie einem Kahnbeinbruch aus.

Die Liste der favorisierten Fahrer ist namhaft. So kommt Lampre mit Alessandro Petacchi, der übrigens von Danilo Hondo unterstützt wird, Quick Step ist mit Tom Boonen am Start, für Liquigas tritt Daniele Bennati in die Pedale, Katusha setzt auf Filippo Pozzato (Sieger 2006) und Rabobank auf Oscar Freire. Letzterer triumphierte auf der Via Roma bereits zweimal, unter anderem 2004, als er in einem legendären Finish den bereits jubelnden Erik Zabel noch abfing.

Boasson Hagen gilt als Geheimtipp

In den letzten Jahren machten die Sprinter den Sieg bei dem mit 298 Kilometern längsten Eintagesrennen der ProTour meistens unter sich aus. Allrounder kamen dagegen zuletzt nur selten auf ihre Kosten. Und dies, obwohl auf den letzten Kilometern an der ligurischen Küste Richtung San Remo noch etliche kleine, aber zumeist giftige Anstiege auf die Fahrer warten.

Traditionell werden die entscheidenden Attacken an den letzten beiden Anstiegen Cipressa und Poggio lanciert. Chancen, den Sprintern ein Schnippchen zu schlagen, werden in diesem Jahr besonders Edvald Boasson Hagen (Sky) eingeräumt. Der Norweger siegte auf der letzten Etappe von Tirreno - Adriatico und bewies dabei seine starke Frühform. Nicht wenigen gilt der 22-Jährige als Geheimfavorit. Doch auch Fabian Cancellara (Saxo Bank) müssen die Konkurrenten auf der Rechnung haben. Der Zeitfahr-Weltmeister und Olympiasieger triumphierte bereits 2008 aus einer Spitzengruppe heraus.

Ob auch Linus Gerdemann ein Wörtchen mitreden kann, erscheint zweifelhaft. Der Magen-Darm-Infekt, der ihn zum Ausstieg bei Tirreno - Adriatico zwang, ist zwar auskuriert, dürfte der Form aber nicht zuträglich sein. Zu sehen ist dies an Gerdemanns Teamkollegen Johannes Fröhlinger. Dieser stieg bei der "Fahrt zwischen den Meeren" ebenfalls wegen eines Magen-Darm-Infekts aus und musste seinen Start am Samstag nun doch absagen.

Neben Gerdemann, dem der Sportliche Leiter Christian Henn durchaus eine Überraschung zutraut, könnte aus deutscher Sicht vielleicht noch Tony Martin (Columbia-HTC) eine gute Rolle spielen. Der Shooting-Star der letzten Saison hatte bei Paris - Nizza einen guten Einstand, ließ dann aber nach.

Contador fehlt - und auch Armstrong sagt ab

Anders als im Vorjahr wird Lance Armstrong (RadioShack) in der Lombardei diesmal nicht an den Start gehen, eine Magen-Darm-Grippe verhindert die eigentlich geplante neunte Teilnahme. "Es wäre schön gewesen, wenn Lance gestartet wäre, aber wir ziehen es vor, kein Risiko einzugehen", sagte RadioShack-Teamchef Johan Bruyneel: "Es wäre nicht sehr intelligent, ihn bei einem Rennen über fast 300 Kilometer starten zu lassen, wenn er nicht gesund ist." Teamkollege Andreas Klöden war indes ohnehin nicht für das Aufgebot vorgesehen.

Fehlen wird auch Alberto Contador. Der spanische Tour-Sieger wurde vom Team Astana ebenso wenig nominiert wie der Kasache Alexander Winokurow. Im Aufgebot von Caisse d'Epargne fehlt Alejandro Valverde. Der Spanier wurde in Italien für zwei Jahre gesperrt, der Internationale Sportgerichtshof (CAS) im schweizerischen Lausanne bestätigte erst vor wenigen Tagen das Urteil.