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Basketball | Johannes Voigtmann: Euroleague? "Ein ganz anderes Spiel"

Mailand-Profi über Bayern, Alba, deutsche Kollegen, die NBA und Olympia

Weltmeister Voigtmann im Interview: Euroleague? "Ein ganz anderes Spiel"

Will als amtierender Weltmeister auch in der am Donnerstag startenden Euroleague wieder angreifen: Johannes Voigtmann.

Will als amtierender Weltmeister auch in der am Donnerstag startenden Euroleague wieder angreifen: Johannes Voigtmann. SOPA Images/LightRocket via Getty Images

Wenn man ein klitzekleines Haar in der Suppe finden möchte, bezogen auf den sensationellen WM-Triumph der deutschen Basketballer am 10. September 2023 in Manila, dann kann man den Zeitpunkt rausfischen. Der war zumindest zum Feiern und Genießen für die Spieler nicht ideal. "Wir haben gesagt, eigentlich müssten wir jetzt eine Woche zusammen irgendwo hin. Auch, wenn es schwer vorstellbar war, noch eine Woche länger aufeinander zu hocken, hatten alle dieses Gefühl", erzählt Johannes Voigtmann.

Während ein gemeinsamer Partyurlaub für die NBA-Spieler um Kapitän Dennis Schröder zeitlich noch möglich gewesen wäre, hatten die in Europa angestellten Spieler keine Chance. Der Saisonstart stand vor der Tür, die Klubs riefen. David Krämer musste sogar einen Tag nach dem begeisternden Fan-Empfang in Frankfurt bei seinem neuen Klub Granada schon ein vollständiges Mannschaftstraining absolvieren. So blieb nur die eine, intensive Partynacht in Manila und der Rückflug nach Deutschland zum Feiern. All diese Erlebnisse werden natürlich unvergessen bleiben.

Vize-Kapitän Voigtmann bekam ein paar Tage mehr frei, konnte neben dem Empfang und dem Eintrag ins Goldene Buch seiner Geburtsstadt Eisenach zumindest ein bisschen mit der Familie in Thüringen zur Ruhe kommen. Genau eine Woche nach dem Triumph kam er in Mailand an, um am nächsten Tag bei seinem Klub Olimpia Milano die Arbeit wieder aufzunehmen. Nach dem ohne Voigtmann erfolgten Auftakt der heimischen Liga starten die Mailänder am Freitag mit einem Auswärtsspiel bei Fenerbahce Istanbul in die neue Euroleague-Saison. Über die europäische Königsklasse sprach Voigtmann im großen kicker-Interview.

Sind Sie auch bei Ihrer Ankunft in Mailand angemessen weltmeisterlich empfangen worden, Herr Voigtmann?

Kann man so sagen. Ob bei uns im Haus, in der Stadt, im Café - das erste Smalltalk-Thema mit jedem ist gerade die WM. Glückwünsche gab und gibt es also, aber keinen großen Empfang. Nach den ganzen Empfängen in den letzten Tagen und Wochen ist das aber auch gar nicht so schlimm (schmunzelt).

Und wie haben die Mitspieler reagiert?

Alle haben sich super gefreut für Maodo und mich. Wir waren natürlich davor auch schon in Kontakt mit den Jungs. Und unser Trainer Ettore Messina hat mir in einer sehr emotionalen Nachricht zum Ausdruck gebracht, wie sehr er sich für mich freut. Das war eine tolle Geste.

Johannes Voigtmann

Eintrag ins Goldene Buch: Johannes Voigtmann (M.) bei einem Empfang in seiner Geburtsstadt Eisenach. IMAGO/Christian Heilwagen

Haben sich die Italiener im Team besonders gefreut, weil Italien im Viertelfinale von den USA mit 37 Punkten Unterschied aus der Halle gefegt wurden?

Die Italiener waren auch bei uns im Hotel in Manila. Nach unserem Halbfinale gegen die USA saß ich mit Nicolo Melli, mit dem ich im Klub und auch privat viel zu tun habe, im Hotelzimmer. Er war so glücklich für uns und hat sich sehr gefreut. Auch meine anderen Vereinskollegen aus dem italienischen Nationalteam haben mir und uns am nächsten Morgen beim Frühstück gratuliert. Das war extrem schön zu sehen. Inwiefern es eine Rolle gespielt hat, dass sie zuvor hoch gegen die USA verloren hatten, weiß ich nicht.

Spüren Sie generell unter den Europäern Stolz oder Genugtuung, dass bei dieser WM im Finale zwischen Serbien und Deutschland die Euroleague-Profis in der Mehrzahl gegenüber den NBA-Spielern waren, während es die vielen NBA-Stars der USA und von Kanada nur ins Spiel um Platz drei geschafft haben?

Es ist schon bisschen Stolz unter den Europäern zu spüren, dass der europäische Basketball auf höchstem Niveau so gut performt hat. Man muss aber schon sagen, dass wir vier und die Serben drei sehr gute NBA-Spieler im Team hatten.

Die Euroleague entwickelt sich als Wettbewerb stetig weiter.

Johannes Voigtmann

Zur Wahrheit gehört auch, dass die USA nicht mit den allerbesten Spielern bei der WM angetreten sind. Trotzdem: Ist die Lücke zur NBA kleiner geworden?

Keine Ahnung, ich habe nie in der NBA gespielt. Aus der Ferne und vom TV betrachtet, ist das schwierig zu beurteilen. Ich weiß auch nicht, ob es nur an den Ligen festzumachen ist. Es gibt in der NBA inzwischen viele Nicht-US-Amerikaner, darunter sehr viele Europäer, die eine dominante Rolle spielen. Auch an den US-Colleges. Da sind viel mehr gute Spieler aus Europa als vor zehn, 15 Jahren und zeigt eine sehr schöne Entwicklung.

Sie gehören inzwischen zum Inventar der Euroleague, spielten 2016 zunächst drei Jahre für Baskonia im spanischen Vitoria, danach für ZSKA Moskau und seit vorigem Sommer für Mailand. Was macht diese Liga aus?

Der Basketball ist teamorientiert und sehr taktisch geprägt. Athletisch ist das Level auch verbessert, aber im Vergleich zur NBA ist es ein ganz anderes Spiel. Das Spiel ist ein Stück langsamer, aber taktisch variabler. Das sind für mich die Hauptunterschiede, wenn man die Liga mit der NBA vergleicht. Viele Teams können eine gute Rolle spielen und die Euroleague entwickelt sich als Wettbewerb stetig weiter, wird durch die Einführung verschiedener Maßnahmen immer professioneller.

Welche meinen Sie?

Durch die Players Association ELPA etwa, also die Einführung einer Spielergewerkschaft. Die hat beispielsweise durchgesetzt, dass es auf den Spielfeldern keine Werbeaufkleber mehr gibt, die das Verletzungsrisiko durch Rutschgefahr erhöht hatten. Auf den ersten Blick ein Detail, das aber für uns Spieler einen großen Mehrwert hat. Weitere solche Dinge, die die Situation von uns Spielern verbessert, hat die Gewerkschaft vorangetrieben. Auch die Trainer und Fitnesstrainer haben sich in Verbänden zusammengeschlossen, es wird Wissen weitergegeben, mit dem Hauptziel, das Niveau aller Teams zu heben, aber auch die Spieler zu schützen. Auch die Schiedsrichter sind durch eine neue Organisationsform besser geworden.

Am hitzigsten ist es in Belgrad. Das ist für Gegner die unangenehmste Stimmung.

Johannes Voigtmann

Und es gibt teilweise große Arenen. In welchen spielen Sie am liebsten, wo ist die hitzigste Atmosphäre?

Am hitzigsten ist es in Belgrad, bei beiden Teams, Partizan und Roter Stern. Das ist für Gegner die unangenehmste Stimmung, sehr laut, es wird das gesamte Spiel über gesungen. Panathinaikos, Olympiakos, Fenerbahce und Maccabi Tel Aviv haben auch heißblütige Fans, dort hängt die Stimmung aber auch davon ab, wie gut das eigene Team ist. In Kaunas herrscht in einer tollen Arena auch immer eine super Atmosphäre, die auch intensiv, aber etwas familienfreundlicher als in Belgrad ist (schmunzelt). In Kaunas und bei meinem alten Klub Vitoria spiele ich am liebsten.

Partizan Belgrad, Euroleague

Stimmungsvolles Ambiente: In Belgrad, wie hier bei Partizan, geht es in der Euroleague oftmals heiß her. AFP via Getty Images

Sie sind als variabler, spielintelligenter Big Man mit gutem Wurf und Auge für den Mitspieler eine Art Prototyp eines begehrten Euroleague-Spielers. Auf welche Softskills kommt es in dieser taktisch geprägten Liga an?

Anpassungsfähigkeit, auch was das Erfüllen einer Rolle angeht. Zudem wird von dir erwartet, dass du die Dinge, die beispielsweise ein neuer Trainer einführt, schnell umsetzen kannst und auch schnell auf Korrekturen reagieren kannst. In diesen Dingen bin ich ganz gut.

Voigtmann und das Thema NBA: "Habe mich intensiv damit beschäftigt"

Hatten Sie trotzdem wie so viele Basketball-Jugendliche den Traum von der NBA?

In dem Alter, in dem typischerweise solche Träume reifen, hatte ich noch nichts mit Basketball zu tun, sondern habe noch Handball gespielt. Also gab es den NBA-Traum für mich nie so wirklich. Olympia ist da schon eher ein sportlicher Traum gewesen, den ich mir schönerweise mit den Jungs in Tokio 2021 schon erfüllen konnte. Unfassbar toll, dass es in Paris nächstes Jahr noch ein zweites Mal geben wird. Diesmal dann auch mit kompletter Zuschauerzulassung und ohne Corona-Beschränkung. Ein echter Traum, weil ich mich insgesamt auch als Sportler sehe und nicht nur als Basketballer.

Und die NBA? War sie mal eine Option für Sie, könnte sie noch eine werden?

Inzwischen ist am Thema NBA für mich eigentlich ein Haken dran. Es gab eine Zeit, 2019, in der ich mich intensiv damit beschäftigt habe. Ich habe die Washington Wizards und die Brooklyn Nets damals besucht, und bei Washington sah es auch gut aus. Zunächst wären das aber Kurzzeitverträge ohne Garantien gewesen und es hätte sich bis weit in den Oktober gezogen, bis zumindest ein bisschen Klarheit geherrscht hätte. Zu diesem Zeitpunkt ist es dann auch in der Euroleague schwer, eine gute Rolle zu finden. Das war ein zu großes Risiko und nach Abwägung aller Argumente habe ich mich deshalb für einen Wechsel von Baskonia zu ZSKA Moskau entschieden. (Den Verein verließ Voigtmann 2022 direkt nach Beginn des Angriffskriegs in der Ukraine, Anm. d. Red.)

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Weltmeister-Trainer Gordon Herbert, unter dem Sie in Frankfurt zum Profi reiften, war zwar mal NBA-Co-Trainer in Toronto und bei Team Kanada, aber nie Head Coach auf diesem Level, auch nicht in der Euroleague. Wurden seine Fähigkeiten in Europa über Jahre unterschätzt?

Ja, vielleicht ein bisschen. Er ist herausragend gut im Bilden eines Teams, ohne das über Rafting, Bungee Jumping oder andere Teambuilding-Aktionen zu machen. Das kann er in meinen Augen wie kein Zweiter. Taktisch und basketballerisch ist er auch sehr gut. Du musst eben auch zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Er hatte mal die Chance bei Alba Berlin (2011/12, Anm. d. Red.), was nicht so gut geklappt hat. Dann ist er zum Glück zurück nach Frankfurt gegangen, das war dann auch meine Zeit. Dort ist es wieder super gelaufen, wir haben 2016 den Europe Cup gewonnen. Bei so wenigen Trainerstellen auf höchstem Niveau musst du immer auch Glück haben. Ich glaube, als Nationalcoach fühlt er sich extrem wohl, auch wenn es ihn das Jahr über manchmal in den Fingern juckt und er gerne öfter zum Training in der Halle sein würde. Aktuell passt es super mit ihm und unserem Nationalteam und wer weiß, vielleicht kriegt er irgendwann nochmal die Chance in der Euroleague.

Ähnlich wie die NBA ist die Euroleague fast ein Closed Shop mit fixen Mitgliedern und einigen Wildcards und der Möglichkeit, sich als Eurocup-Sieger zu qualifizieren. Im Fußball können sich Superleague-Pläne bisher wegen massivem Fan-Protest nicht durchsetzen. Wie bedauerlich finden Sie es, dass zum Beispiel Ulm als deutscher Überraschungsmeister nur im zweitklassigen Eurocup mitspielt, und stattdessen wieder Alba per Wildcard und die gesetzten Bayern in der Euroleague starten, obwohl beide in den deutschen Play-offs in Viertel- und Halbfinale von Ulm rausgeworfen wurden?

Das ist eine schwierige Diskussion. Ich möchte, dass die besten Klubs in der Euroleague spielen, hätte gerne aber noch ein paar Plätze für die sportliche Qualifikation über Meisterschaften. Andererseits sehe ich auch die Argumente für ein gesetztes Teilnehmerfeld. Die Euroleague versucht, den Vereinen die Chance zu geben, mittel- bis langfristig etwas aufzubauen, denn für manche Klubs ist die Euroleague auch ein finanzielles Risiko. Gran Canaria hat vor einigen Jahren Euroleague gespielt und wäre in der spanischen Liga beinahe abgestiegen. Sie hätten als amtierender Eurocup-Sieger jetzt wieder starten können, haben aus finanziellen und logistischen Gründen wegen ihrer langen Flüge aber abgelehnt. Allgemein ist im Basketball die personelle Fluktuation höher als im Fußball. Wenn man dann als Klub ein Euroleague-Kader aufbauen will, würde dort aber vielleicht nur eine Saison spielen, säße man danach möglicherweise auf dem einen oder anderen gut dotierten Spielervertrag ohne die entsprechenden Einnahmen in der Euroleague. Auch ein Spieler hat Planungssicherheit, wenn er bei einem fixen Euroleague-Verein für drei Jahre unterschreibt.

Serge Ibaka (Bayern Basketball, 14) gibt Anweisungen. GER, FC Bayern Basketball vs. Mitteldeutscher BC, Basketball, 1.Bundesliga, Saison 2023 2024, 29.09.2023, GER, FC Bayern Basketball vs. Mitteldeutscher BC, Basketball, 1.Bundesliga, Saison 2023 2024, 29.09.2023, Muenchen *** Serge Ibaka Bayern Basketball, 14 gives instructions GER, FC Bayern Basketball vs Mitteldeutscher BC, Basketball, 1 Bundesliga, Season 2023 2024, 29 09 2023, GER, FC Bayern Basketball vs Mitteldeutscher BC, Basketball, 1 Bundesliga, Season 2023 2024, 29 09 2023, Munich. Copyright: xEibner-Pressefoto MarcelxEngelbrechtx EP_MET

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Marko Pesic hat im kicker-Interview gesagt, die deutschen Weltmeister seien nicht zu gut für die BBL, aber offenbar kann sie sich in Deutschland kaum einer leisten. Stimmen Sie zu?

Ja. Es spielen ja vier Jungs aus unserem Team in der BBL, darunter mit Andi Obst auch einer, der im Halbfinale gegen die USA ein Wahnsinnsspiel gemacht hat und ohne den wir es nicht ins Finale geschafft hätten. Es funktioniert also schon in der Bundesliga, nur nicht in der Masse. Die BBL-Teams sind bei den Budgets schon limitierter.

Steht Maodo Los Wechsel diesen Sommer aus seiner Heimatstadt Berlin zu Ihnen nach Mailand sinnbildlich dafür, dass selbst den deutschen Euroleague-Teams bei den Finanzen noch ein gutes Stück zu Europas Spitze fehlt?

Das ist so, ja. Auch zwischen Bayern und Alba gibt es Unterschiede und insgesamt variieren die Budgets innerhalb der Euroleague auch recht stark. Aber bei Maodo hat ganz sicher auch der sportliche Anreiz eine Rolle gespielt, jetzt in einem Team zu sein mit Ambitionen für die Play-offs und vielleicht sogar das Final Four. Das war bei Alba zuletzt nicht so, zumindest kein offizielles Ziel. Maodo war zwar am College in den USA, hat danach aber nur in Deutschland gespielt. Für ihn ist es hier in Mailand auch eine interessante Station im Ausland.

Wie kann Lo Mailand besser machen?

Maodo kann uns wirklich helfen, er hat eine Leichtigkeit in seinem Spiel, die uns in der vergangenen Saison abging. Für ihn wird es auch eine spannende Herausforderung sein, in einem System mit mehr Vorgaben klarzukommen im Vergleich zu dem Alba-Basketball mit vielen Freiheiten. Jetzt hat er auch den Druck, bei 17 Leuten im Kader performen zu müssen. In Berlin war er eine Identifikationsfigur. Es wird eine Umstellung, aber er hat alle Möglichkeiten und Anlagen, das erfolgreich zu gestalten. Wir als Team können froh sein, so einen Spieler neu bei uns zu haben.

Voigtmann: Viele Kandidaten für den Euroleague-Titel

Gibt es in Mailand klare Prioritäten, ist die nationale Liga wichtiger oder die Euroleague?

In allen Vereinen, in denen ich bisher gespielt habe, war es die Basis, in der nationalen Liga so gut wie möglich abzuschneiden. Es wird auf keinen Fall die Liga vernachlässigt und der Euroleague untergeordnet. Letzte Saison haben wir uns ja mit Bologna, die auch in der Euroleague auf hohem Niveau spielen, im Finale einen großen Kampf geliefert, in dem wir zum Glück in Spiel sieben zu Hause die Meisterschaft holen konnten. Während der Saison werden aber immer mal wieder Spieler in der Liga geschont, gerade Nicht-Italiener, weil dort nur sechs pro Spiel eingesetzt werden können, während es in der Euroleague keine Beschränkung gibt. Da wird immer mal rotiert.

Wie lautet das offizielle Ziel in Mailand?

Nachdem wir die Play-offs als Zwölfter zuletzt nicht geschafft haben, soll sich das nicht wiederholen. Die Play-offs werden unser Ziel sein, am besten mit einer guten Ausgangsposition für mehr.

Wer sind diese Saison die Favoriten auf den Euroleague-Titel?

Das ist schwierig zu sagen, es war ein wilder Sommer mit vielen Wechseln. Panathinaikos Athen wird wohl diesmal mit einem spannenden Kader den Kreis der üblichen Verdächtigen erweitern. Madrid als Champion und Barcelona werden wie immer gut sein, mal schauen, ob Olympiakos den zweiten Platz von letzter Saison bestätigen kann. Bei Anadolu Istanbul, die immer noch einen guten Kader haben, muss man sehen, ob sie es abschütteln können, nach zuvor zwei Titeln in Serie in der letzten Saison auch die Play-offs verpasst zu haben. Partizan und Roter Stern Belgrad haben beide aufgerüstet, die muss man auch auf dem Zettel haben. Und dann hoffe ich, dass wir eine gute Rolle spielen können.

Für Alba und Bayern wird es wieder hart, sie haben beide viele Veränderungen im Kader.

Johannes Voigtmann

Das Final Four findet 2024 in Berlin statt, das ist für die deutschen Vertreter aber wohl eher ein unrealistisches Ziel. Was kann man von Alba und den Bayern erwarten, die mit Serge Ibaka einen spektakulären Transfer getätigt haben?

Für Alba und Bayern wird es wieder hart, sie haben beide viele Veränderungen im Kader. Neben Maodo gingen bei Alba auch noch Luke Sikma und Jaleen Smith, also fast ein Grundgerüst. Das könnte wehtun. Aber die Berliner haben es in den letzten Jahren immer wieder hingekriegt, konkurrenzfähig zu sein. Bayern hat einige interessante Neuverpflichtungen, hat etwa Devin Booker zurückgeholt, bei Serge Ibaka muss man dessen Fitnesszustand abwarten. Auch mit Blick auf den neuen Coach Pablo Laso wird es spannend, die Entwicklung der Bayern zu verfolgen.

Neben Ihnen und Lo, Obst, Bonga und Giffey bei den Bayern sowie Thiemann bei Alba, hat jetzt auch Justus Hollatz den Schritt in die Euroleague gemacht, gleich zum Schwergewicht Anadolu Istanbul. Was trauen Sie dem Back-up-Aufbauspieler des Weltmeisters dort zu?

Der Wechsel in die Euroleague ist auf jeden Fall gut, gerade in der Vorbereitung mit der Nationalmannschaft war er sehr gut, sehr abgeklärt für sein Alter. Ich traue ihm den nächsten Schritt in der Euroleague zu, es wird natürlich davon abhängen, welche Rolle er in Istanbul bekommt. Da gibt es große Namen und viel Qualität im Kader, auch auf seiner Position. Das wird einiges an Arbeit auf ihn zukommen, ich sehe ihn aber gerüstet dafür.

In Istanbul hat er mit Tibor Pleiß einen erfolgreichen Landsmann als Integrationshelfer. Der Center hat sich seit der EM 2015 mit dem DBB nicht mehr auf einen gemeinsamen Nenner einigen können, spielte seitdem nicht mehr fürs Nationalteam, ist in der Euroleague aber eine echte Nummer.

Tibor spielt seit vielen Jahren auf hohem Niveau, hat zwei Euroleague-Titel gewonnen und ist wohl der erfolgreichste deutsche Spieler auf europäischem Level, den es bisher gab. Er wird wieder eine stabile Rolle spielen. Anadolu hat einen neuen Coach, Erdem Can, das wird spannend für Tibor und Justus, ich habe über den Trainer bisher viel Gutes gehört.

Auch ohne Pleiß und beispielsweise den gestandenen NBA-Spieler Maximilian Kleber ist Deutschland Weltmeister geworden und hat mit Spielern wie dem 25-jährigen Oscar da Silva noch Trümpfe in der Hinterhand. Er geht mit dem FC Barcelona in seine zweite Euroleague-Saison. Da Silva wurde als einer der letzten aus dem WM-Kader gestrichen, wie haben Sie ihn bei der Vorbereitung des Nationalteams erlebt?

Ich habe ihn beim Lehrgang in Bonn erstmals erlebt. Er ist ein super Spieler mit tollen Anlagen, sehr schlau auf dem Feld. Auch er wird seine Rolle in Barcelona finden, da mache ich mir keine Sorgen.

Voigtmann über seine weiteren Karrierepläne und Olympia 2024

Ihr Vertrag läuft am Saisonende aus. Wie lauten Ihre Pläne für den Rest der Karriere?

Ich werde schauen, wie diese Saison läuft und dann eine Entscheidung treffen, wie es weitergeht. Da geht es ja auch um eine gute Entscheidung für die Familien mit unseren beiden Söhnen. Ich möchte gerne noch spielen, solange es keine Belastung ist und ich an den meisten Tagen gerne in die Halle gehe. Das ist ein wichtiges Kriterium. Ich habe auf jeden Fall noch sportliche Ziele, die ich erreichen will.

Johannes Voigtmann

Selfie mit der WM-Trophäe: Johannes Voigtmann nach dem Finalsieg in Manila. IMAGO/camera4+

Die wären?

Ich habe noch keinen Euroleague-Titel gewonnen. Ich bin jetzt Weltmeister (lacht) und habe schon ein paar nationale Meisterschaften gewonnen. Der Euroleague-Titel fehlt noch. Das steht noch auf der Agenda, auch wenn ich weiß, dass für einen Sieg in der Euroleague ganz viel zusammenkommen muss. Irgendwann kommt die Zeit, wo man das entweder erreicht hat, oder man sagt, okay, das wird nichts mehr. Solange die Motivation noch so hoch ist und die Freude daran, diesen Sport zu betreiben, werde ich einen Teufel tun und vorher aufhören.

Mit Olympia in Paris wartet sehr sicher noch ein großer Karrierehöhepunkt, wenn Sie gesund bleiben.

Ich hoffe es. Ich kenne die Nominierungsgedanken vom Trainer zwar nicht, kann mir aber nicht vorstellen, dass er das komplette Team austauscht (grinst). Wenn alle fit sind, wird sich die Truppe wohl nicht großartig verändern.

Hat sich die Weltmeistermannschaft zum Abschied schon auf Olympia eingeschworen?

Ne, ne, wir sind gerade Weltmeister geworden und versuchen mit unserem Leben klarzukommen (lacht). Das ist das, was gerade passiert.

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Und wie gelingt das? Johannes Thiemann sagte kürzlich, dass es schwierig sei, sich so kurz nach den wichtigsten Spielen des Lebens auf ein normales BBL-Spiel einzulassen.

Das Gute ist, dass dich der Alltag ganz schnell wieder auf den Boden zurückbringt. Wenn du im Verein die Systeme durchgehst, da lernst du "Five down" oder "Five side" und hast noch gar nicht richtig realisiert, was da eigentlich passiert ist im letzten Monat. Das ist schwer und auch eine Herausforderung. Da geht es mir ähnlich wie JT. Aber wir werden alle einen Weg finden, damit umzugehen. Am besten kommst du damit klar, wenn du dir neue Ziele setzt, wofür du wieder täglich ins Training gehst. Zeit, den WM-Titel so richtig zu verdauen, ist vielleicht erst nach der Karriere.

Unabhängig von den Zielen mit Mailand ist Olympia nach Ende dieser Saison dann doch der perfekte neue Antrieb, oder?

Es fühlt sich noch weit weg an, aber als wir uns mit dem Halbfinaleinzug bei der WM für Olympia qualifiziert hatten, war das für alle eine große Sache. Besonders für die, die es noch nicht erlebt haben 2021. Wir wollen diesmal nicht nur dabei sein, sondern natürlich gerne auch erfolgreich sein. Wir haben eine Mannschaft, die gut funktioniert. Bei einem olympischen Turnier mit nur zwölf Teams kann viel passieren. Da wären wir schön blöd, wenn wir uns nicht vornehmen würden, auch dort was zu reißen.

Bei den USA wird in diesen Tagen klarer, dass wohl ein echtes Starensemble in Paris an den Start gehen wird, auch um die diesjährige Schmach gegen Deutschland wettzumachen. Nach Kevin Durant hat auch Stephen Curry sein Kommen angekündigt. Freuen Sie sich darauf oder denken Sie auch an dadurch sinkende Goldchancen?

Wenn wirklich alle Stars zusammenkommen, werden sie in jedem Spiel haushoher Favorit sein. Aktuell ist es aber nichts, was mich beschäftigt. Wir können es sowieso nicht beeinflussen und werden uns dann einen Plan ausdenken, was wir gegen sie ausrichten können, wenn es wirklich zum Duell kommen sollte.

Interview: Carsten Schröter-Lorenz

MANILA, PHILIPPINES - SEPTEMBER 10: Dennis Schroder #17 of Germany lifts the Naismith Trophy as he celebrates with teammates after the FIBA Basketball World Cup Final victory over Serbia at Mall of Asia Arena on September 10, 2023 in Manila, Philippines. Germany won 83-77. (Photo by Yong Teck Lim/Getty Images)

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