Bundesliga

Vor dem Abschied will Gentner noch die Kirsche auf der Torte

Union: Qualifikation für Europapokal als "Riesenmöglichkeit"

Vor dem Abschied will Gentner noch die Kirsche auf der Torte

Voll des Lobes über seinen Noch-Klub: Christian Gentner (Union Berlin).

Voll des Lobes über seinen Noch-Klub: Christian Gentner (Union Berlin). imago images

Nach zwei Jahren endet die Zeit des 35 Jahre alten Mittelfeldakteurs in Berlin-Köpenick, und wenn Gentner zurückblickt, dann schlägt er beinahe schwärmerische Töne an. Da sagt der in bislang 428 Bundesligaspielen erprobte Profi etwa, "dass ich selten in so einer harmonischen Mannschaft gespielt habe". Das Miteinander im Team von Trainer Urs Fischer, der Umgang des gesamten Vereins und des Umfelds mit den ersten beiden Jahren Bundesliga, die enge Verbindung zu den Fans nebst der Atmosphäre an der Alten Försterei (die Gentner in der Saison 2019/20 zumindest bis Februar 2020 erleben konnte), die Stadt Berlin: All das werde er nicht vergessen, wie Gentner am frühen Mittwochnachmittag in einer Medienrunde betonte.

Dennoch hat sich der Routinier entschlossen, seinen am 30. Juni auslaufenden Vertrag bei den Eisernen nicht zu verlängern und zu neuen Ufern aufzubrechen. Gentner, der sich noch "fit und imstande fühlt, auf höchstmöglichem Niveau zu spielen", hätte auch bei Union bleiben können und sagt über eine potenzielle weitere Zusammenarbeit: "Ich glaube schon, dass wir eine Lösung gefunden hätten." Doch Gentner sucht eine neue Herausforderung, und sein neues Ziel soll sportlich passen, aber auch den Wünschen seiner Familie entsprechen. Denn der Mittelfeldspieler hat in den zwei Jahren seiner Berliner Zeit - auch wegen der Corona-Pandemie - seine Frau und seine beiden Kinder in seiner Heimat Stuttgart nicht so oft sehen können wie gewünscht. Und diesem Umstand will er nun Rechnung tragen und die neue Herausforderung gemeinsam mit seiner Familie angehen, wie er sagt.

Wo es Gentner hinzieht, verrät er noch nicht. Entschieden sei auch noch nichts, "es gibt jetzt erst die Gespräche, die ich führe", betont er. Der fünfmalige Nationalspieler (von 2009 bis 2010) und zweifache Deutsche Meister (2007 mit dem VfB Stuttgart, 2009 mit dem VfL Wolfsburg) lässt indes durchblicken, dass das Ausland für seine Familie und ihn eine reizvolle Option sein könnte. Finanzielle Aspekte, so Gentner, spielten dabei nicht die Hauptrolle, es gehe ihm nicht darum, irgendwo "den größtmöglichen Vertrag zu unterschreiben". Eher schon erscheint es vorstellbar, dass die Lebensqualität für die Familie Gentner eine Hauptrolle spielen dürfte.

"Sehr entspannt in den Sommer" - Kein Gedanken an ein Karriereende

Dass er im fortgeschrittenen Fußballer-Alter von fast 36 Jahren (Gentner hat am 14. August Geburtstag) eventuell kein adäquates Angebot mehr bekommen könnte und sich auch mit dem Plan B - einem Karriere-Ende - befassen müsste, hat der Routinier nur am Rande im Kopf. "Ich gehe sehr entspannt in die Sommerpause", sagt er. Gentner rechnet damit, dass ein immer noch sehr laufstarker Mittelfeldakteur mit guter Technik und guter Übersicht noch gefragt ist. Aber er sagt auch: "Sollte sich bis Mitte/Ende August nichts aufgetan haben und ich müsste dann entscheiden, meine sportliche Karriere zu beenden, dann wäre es zwar aktuell nicht in meinem Sinne, aber ich hätte keine Panik." Seit Oktober 2020 nimmt Gentner am neuen Lehrgang "Management im Profifußball" von DFL und DFB teil, der ihn auf eine eventuelle Karriere als Funktionär vorbereiten soll.

Noch hat Unions Nummer 34 allerdings fest vor, weiter Fußball zu spielen. Und kurzfristig, mit den Eisernen Platz sieben und somit die Playoffs für die neue Europa Conference League zu erreichen. Das, so Gentner, sei für einen Underdog wie Union "eine Riesenmöglichkeit. Wann die Chance noch einmal kommt, ist einfach nicht gesagt". Deshalb wollen er und seine Kollegen sie ergreifen. Eine Teilnahme am internationalen Wettbewerb wäre für den 1. FC Union "eine riesengroße Kirsche auf einer ganz fetten Sahnetorte, die wir in diesem Jahr sowieso schon essen", sagte Präsident Dirk Zingler unlängst. Und für Gentner wäre es die Krönung einer Zeit in Köpenick, die er nach eigenen Worten nicht vergessen wird.

Andreas Hunzinger