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Justin Tucker setzt dem Kicker-Wahnsinn die Krone auf - Kein NFL-Wochenende vergeht mehr ohne kuriose Fehlschüsse

Kein NFL-Wochenende vergeht mehr ohne kuriose Fehlschüsse

Tucker setzt dem Kicker-Wahnsinn die Krone auf

Wenn ein Blick Bände spricht: Justin Tucker kann seinen Week-7-Fehlschuss nicht glauben.

Wenn ein Blick Bände spricht: Justin Tucker kann seinen Week-7-Fehlschuss nicht glauben. imago

Wenn Blicke mehr sagen als tausend Worte. So lautet ein bekanntes Sprichwort, das am Sonntagabend in Baltimore besser nicht zutreffen hätte können: Da richteten sich die Kameras einerseits auf die Augen von Ravens-Kicker Justin Tucker, der die Lider immer weiter nach oben zog und den ungläubigsten aller möglichen Blicke aufsetzte. Andererseits fing ein TV-Bild sofort im Anschluss die Mimik von Ravens-Quarterback Joe Flacco ein, der sich innerlich sicher schon auf eine Verlängerung eingestellt hatte, doch stattdessen leer in Richtung Field-Goal-Gestänge blickte und nur noch entsetzt dreinblickte.

Diese Bilder beschrieben bestens, was wenige Minuten und Sekunden zuvor passiert war: Zunächst einmal hatte Baltimore (4:3) im Duell mit den New Orleans Saints um Rekord-Quarterback Drew Brees stark aufgespielt und ein 17:7 mit ins vierte Quarter genommen, ehe der Gast aus "The Big Easy" aufdrehte und auf einmal zwei Minuten vor Schluss selbst mit 24:17 führte. Nun war eben nochmals die Offense der Ravens gefragt - und Spielmacher Flacco lieferte mit einem starken 14-Yard-Touchdown-Pass auf seinen pfeilschnellen Receiver John Brown 24 Sekunden vor Schluss ab. 23:24 also.

Aus 222/222 wird 222/223

Was noch fehlte? Na klar, der Extrapunkt, der sogenannte Point after Touchdown (PAT) - für den es im Grunde keinen besseren Verantwortlichen gibt als Tucker. Der 28-jährige Profi und Super-Bowl-Champion von 2012/13 (34:31 gegen San Francisco) spielt seit 2012 in Baltimore und gilt für viele als der beste Kicker der National Football League. Mit lässigen Schüssen samt folgenden coolen Jubel-Arien hat Tucker schon so manches enges Ding gewuppt und viele, viele Spiele mit wichtigen Field Goals entschieden.

Ein Extrapunkt, der sein Team mit 24:24 in die Verlängerung bringen würde, ist da eigentlich kein Problem - zumal der Star bis dato 90 Prozent all seiner Field Goals (215 von 239) sowie 222 von 222 Extrapunkten in seiner Regular Season-Karriere verwandelt hatte. Insgesamt hatte er gar 316 von 316 PATs am Stück verwandelt (College-Zeit, NFL und NFL-Postseason). Doch dieses Mal hieß es letzten Endes denkste: Tucker traf den Ball zwar vom Gefühl her gut ("Ich weiß nicht, was genau passiert ist"), doch setzte das Ei eben aus 32 Yards Entfernung (der PAT wird seit 2015 von der 15-Yard-Linie ausgeführt, hinzu kommen zur optimalen Vorbereitung eben sieben, acht Yards beim Snap) rechts daneben.

Tucker: "Das ist ein schwer zu verkraftendes Ding"

Justin Tucker

Wollte nach Spielschluss schnell weg: Justin Tucker. Getty Images

Irgendwie bekam das Leder einen komischen Drall oder auch etwas ungünstigen Wind verpasst und zog nach dem wahrlich gut aussehenden Kick im Ablauf vollkommen unerwartet nach rechts. Tucker selbst stellte sich im Anschluss an seinen Fehlschuss und gab zu: "Es fühlt sich genauso so an, wie es ist: Das hat uns den möglichen Sieg gekostet. Zwar hat mit jeder meiner Teamkollegen das Gegenteil gesagt und das niemand alleine über Sieg oder Niederlage entscheiden kann. Doch das ist ein schwer zu verkraftendes Ding, du bist am Ende einfach der Mann, der das Ding machen muss." Und er habe den Extrapunkt, der für Tucker einer ist, den er gerne wiederhaben möchte, eben nicht versenkt.

Sauer ist aber niemand in Baltimore auf den Kicker, sie alle wissen, wie wichtig er für das Team ist - so auch Head Coach John Harbaugh: "Solche Dinge passieren. Er wird gut damit umgehen, denn er ist der Beste im Geschäft. Und er wird sicherlich bereits ab nächster Woche wieder Spiele für uns entscheiden."

Fehlschüsse am laufenden Band

Bleibt nur noch eine Frage: Was ist eigentlich allgemein los bei den NFL-Kicker? Denn neben Tucker hat an diesem Wochenende auch Cowboys-Schütze Brett Maher in Washington beim Stand von 17:20 ein Field Goal kurz vor Schluss zum möglichen 20:20 an den Pfosten gejagt - allerdings auch aus 52 Yards nach einer kurz vorhergegangenen 5-Yard-Strafe. Und was Green Bays Routinier Mason Crosby vor zwei Wochen widerfahren und im Grunde nur die Spitze des Eisbergs ist ( vier vergebene Field Goals, ein verschossener Extrapunkt ), dürfte einigen noch in Erinnerung sein.

Denn insgesamt hat es in dieser Saison schon 94 (!) verschossene Kicks gegeben. Das ist der höchste Wert nach sieben Spieltagen in 25 Jahren (gleichauf mit 2016).

mag

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