Bundesliga

Im Konflikt mit der UEFA stellt sich Tuchel gegen Dortmunds Bosse

Dortmund: Im Konflikt mit der UEFA

Tuchel stellt sich gegen die Bosse

Mit seinen Vorgesetzten nicht immer einer Meinung: BVB-Coach Thomas Tuchel.

Mit seinen Vorgesetzten nicht immer einer Meinung: BVB-Coach Thomas Tuchel. picture alliance

Eine Stunde nach dem ersten Champions-League-Viertelfinale gegen AS Monaco (2:3) hatte Tuchel den europäischen Fußballverband scharf kritisiert. Die Entscheidung, die am Dienstag abgesagte Partie schon am Mittwoch nachzuholen, sei über den Kopf von Borussia Dortmund hinweg so festgelegt worden.

"Das hat die UEFA in der Schweiz entschieden. Die Termine werden vorgegeben, und wir haben zu funktionieren", schimpfte der Trainer. In Dortmund fühle man sich behandelt, als wären nicht drei Sprengkörper detoniert, sondern "eine Bierdose an unseren Bus geflogen".

Die UEFA hatte Tuchels Kritik am Donnerstag umgehend zurückgewiesen. In einer offiziellen Erklärung setzt sie sich dagegen zur Wehr, den Schwarzen Peter zugeschoben zu bekommen. "Gemeinsam mit dem Klub und den Sicherheitskräften in Dortmund" sei die Entscheidung "vor Ort" (und nicht am Verbandssitz in Nyon) getroffen worden. "Zu keinem Zeitpunkt" habe die UEFA "irgendwelche Anzeichen bekommen, dass nicht gespielt werden konnte".

Tatsächlich verständigten sich der walisische UEFA-Delegierte, Borussia Dortmund mit Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke an der Spitze und die Dortmunder Polizei innerhalb von 45 Minuten einvernehmlich darauf, die Partie auf keinen Fall am Dienstagabend auszutragen - und am Mittwoch nachzuholen. Andere Terminvorschläge wurden mangels Realisierbarkeit verworfen. Wäre der BVB nicht angetreten, hätte das Spiel mit 3:0 für Monaco gewertet werden müssen.

Wir müssen einen Weg finden, damit klarzukommen und wieder in die Normalität zurückzufinden. Wir wissen aber noch nicht, wie das passieren wird.

Thomas Tuchel

Watzke hatte am Mittwoch unmittelbar vor dem Anstoß auch auf die gesellschaftspolitische Bedeutung einer raschen Neuansetzung hingewiesen und gesagt: "Wir lassen uns unseren Terminplan nicht von Terroristen diktieren." Der Mannschaft sei er "unendlich dankbar", dass sie sich zur Verfügung stelle, "unsere freiheitliche Grundordnung steht auf dem Prüfstand." Für diese Haltung, Stärke zu zeigen und vor dem Terror nicht einzuknicken, erntete der BVB weltweit Anerkennung.

Wie so häufig bei der Einordnung wichtiger Ereignisse traf Tuchel eine komplett andere Sprachregelung als die am Gründonnerstag um Schadensbegrenzung bemühten Dortmunder Macher. Dem von Bundeskanzlerin Merkel und Innenminister de Maiziere in seinem Handeln bestärkten Watzke und den anderen Entscheidern der Borussia werden die Äußerungen Tuchels und der dadurch ausgelöste Konflikt mit der UEFA vermutlich schwer im Magen liegen. Das ohnehin problembeladene Verhältnis zwischen dem Trainer und seinen Vorgesetzten dürfte sich einer weiteren ernsten Belastungsprobe ausgesetzt sehen.

Bei der Aufarbeitung des Terrorakts vom Dienstag befürchtet Tuchel ein wellenförmiges Auf und Ab. "Wir müssen einen Weg finden, damit klarzukommen und wieder in die Normalität zurückzufinden", sagt der Trainer. "Wir wissen aber noch nicht, wie das passieren wird." Den Spielern wird psychologische Hilfe angeboten.

Thomas Hennecke