Bundesliga

Studie: Top-Noten fürs BVB-Management - Bayern nur Zweiter

Studie sieht FC Bayern nur auf Rang zwei

Top-Noten fürs BVB-Management

BVB-Macher: die Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Carsten Cramer (re.) mit Sportdirektor Sebastian Kehl (Mi.).

BVB-Macher: die Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Carsten Cramer (re.) mit Sportdirektor Sebastian Kehl (Mi.). IMAGO/osnapix

Nachhaltigkeit - das ist das große Schlagwort dieser Tage im Profifußball. Nicht umsonst veranstaltete die DFL erst vergangene Woche ein großes Nachhaltigkeitsforum in Berlin. Ganz augenscheinlich hat die Corona-Pandemie die Sinne geschärft. Schließlich brach mit den Zuschauereinnahmen zwischenzeitlich eine wichtige Einnahmesäule plötzlich komplett weg. Zudem wackelten die Mediengelder, kleinere Summen blieben sogar aus. "Die langfristige Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität der Liga und ihrer Klubs wird maßgeblich dadurch bestimmt, wie nachhaltig die Klubs einerseits das 'Geschäftsmodell Profifußball' optimieren und andererseits strategische Investoren an sich binden können", glaubt Prof. Dr. Henning Zülch.

Er und sein Team der HHL Leipzig Graduate School of Management haben zum sechsten Mal die Management-Qualität in der Bundesliga analysiert und daraus eine Tabelle entwickelt, den so genannten "FoMa-Q-Score". Die Wirtschaftswissenschaftler untersuchen dabei die Felder "sportlicher Erfolg", "finanzielle Leistungsfähigkeit", "Fanwohlmaximierung" sowie "Führung und Governance", wobei die beiden erstgenannten mit 40 und 25 Prozent eine stärkere Gewichtung als der Rest (je 17,5 Prozent) erfahren.

Dortmunds Vorreiterrolle bei Nachhaltigkeit und Fanwohlmaximierung

Die Spitze überrascht durchaus: Denn dort steht nicht etwa der FC Bayern, sondern Borussia Dortmund trotz des international schwachen Abschneidens und der erneut deutlichen Münchner Meisterschaft. Der Grund: Laut der Forscher nimmt der BVB mittlerweile eine Vorreiterrolle in Sachen Nachhaltigkeit ein, zudem bei der Fanwohlmaximierung. Das schlage sich beispielsweise in der Mitgliederentwicklung nieder: Während der FCB gemäß der Studie auf hohem Niveau (ca. 293.000) stagniere, können die Westfalen Zuwächse von 3000 Personen verzeichnen auf nun 157.000. Ein weiteres Plus: Die transparenten Strukturen einer börsennotierten Kapitalgesellschaft auf Aktien.

Teure Hauptstadt: Die Trikotpreise der Bundesligisten

Speziell seinem sportlichen Erfolg ist es zuzuschreiben, dass der FCB auf Rang zwei liegt. Eine positive Erkenntnis hier: Junge Talente erhielten zuletzt verstärkt Zugang zur ersten Elf. Die Forscher stellen der finanziellen Leistungskraft des Rekordmeisters die Note "gut bis sehr gut" aus, "indes hat diese im Vergleich zum Vorjahr gelitten. Gerade in den Bereichen der 'Wage Efficiency' (Gehaltseffizienz, Anm. d. Red.) und der Internationalisierung sind Einbußen im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen."

"In Sachen 'Transparenz' ist RB Leipzig das Schlusslicht der Liga"

Gefolgt wird der Rekordmeister von RB Leipzig, das - wenig überraschend - in Sachen Finanzen punktet, speziell in der Unterkategorie "Wachstum und Profitabilität". Zuletzt pumpten die Sachsen Jahr für Jahr etwa 20 Millionen Euro mehr in den Kader, dennoch "betrugen die Kaderkosten lediglich 45 Prozent des Gesamtbudgets, wohingegen das Gros der Klubs der ersten Liga bei ca. 60 Prozent liegt", heißt es in der Studie, die jedoch auch kritisch anmerkt: "In Sachen 'Transparenz' ist RB Leipzig das Schlusslicht der Liga."

zum Thema

Zudem bemängelt die Studie: "Die Spielerentwicklung trübt zudem den sonst sehr guten sportlichen Erfolg des Klubs. Im Gegensatz zur klar proklamierten Philosophie des Klubs, mit jungen Talenten zu arbeiten, setzt Leipzig verstärkt auf fertige Spieler, deren Entwicklungsmöglichkeiten begrenzt erscheinen." Als Beispiele nennen die Autoren David Raum, Xaver Schlager (beide 24), Benjamin Henrichs (kam mit 24) und André Silva (kam mit 25). In der Tat kann sich das auf das "Geschäftsmodell" Leipzig auswirken, die größten Verkaufsschlager Naby Keita (damals 21), Timo Werner (20) oder Dayot Upamecano (18) waren bei ihrer Ankunft deutlich jünger.

Frankfurt in vielen Bereichen gut aufgestellt

Insgesamt resümiert die Studie einen Zuwachs an Professionalität in der Bundesliga, mit verbleibenden Entwicklungspotenzialen. Als Gewinner der vergangenen Jahre sehen die Forscher die Überraschungen der Vorsaison: Eintracht Frankfurt als Europa-League-Sieger sowie den SC Freiburg als DFB-Pokal-Finalteilnehmer und Beinahe-Champions-League-Qualifikant. Die Breisgauer haben in Sachen Finanzen (Umsatzplus von 89 auf 110 Mio. Euro) und Fans aufgeholt, die Hessen etablieren sich als Verfolger hinter dem BVB, Bayern und RB, vor allem weil sie strukturell gut aufgestellt seien: "Dies betrifft die Marke, die Internationalisierungsstrategie, die Kommunikationspolitik, die Governance-Strukturen aber auch das Transparenzverhalten."

Was bedeutet das aber für das Meisterrennen in der vom FCB seit einem Jahrzehnt dominierten Bundesliga? Sportlich erstmal nichts, auch wenn es im Fazit der an diesem Mittwochmittag erscheinenden Studie heißt: "Die Fundamentaldaten lassen uns jedenfalls alle auf eine intensive und ausgeglichene Spielzeit hoffen." Man muss diese Untersuchung, speziell den außersportlichen Teil, stets mit dem Blick auf die vorhandenen Potenziale der Klubs lesen. Schöpft die Konkurrenz diese aus, stiege zumindest die Chance, den Rekordmeister auch sportlich zu gefährden.

Dass der Übertrag ins Sportliche nicht eins zu eins erfolgen kann, zeigt sich an zwei Beispielen: Angesichts der Tatsache, dass etwa Bayer Leverkusen seinen Kader zusammenhalten konnte, gelten anstelle der Eintracht die Rheinländer eigentlich - mindestens - als vierte Kraft. Und dass der FC Bayern mit Sadio Mané und Matthijs de Ligt spät, aber wuchtig zugekauft hat, hat manchen Experten mit Blick auf den ersehnten, spannenden Titelkampf schon wieder in seiner Meinung umschwenken lassen.

"Die Kaderentwicklung ist in unserem FoMa-Q-Score nur ein, wenn auch wesentlicher, Baustein", erklärt Zülch. Transfers könne man logischerweise erst ein Jahr später auf Erfolg oder Misserfolg prüfen. Gleiches gelte für den Vergleich Eintracht und Bayer, wo die Forscher bei den Hessen "außerhalb des sportlichen Bereichs deutliche, strukturelle Vorteile, insbesondere bei den Fans, der Digitalisierung und was der Kommerzialisierung sowie Internationalisierung der Marke" sehen.

Benni Hofmann