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Teamplayerin, Tiere, Titel: Das ist Alexandra Popp

Kapitänin hat die deutsche Mannschaft mit sechs Toren ins Finale geführt

Teamplayerin, Tiere, Titel: Das ist Alexandra Popp

Hat Deutschland mit sechs Toren ins Finale geschossen: Alexandra Popp (Mitte).

Hat Deutschland mit sechs Toren ins Finale geschossen: Alexandra Popp (Mitte). IMAGO/Sportimage

Mit zwei Treffern gegen Frankreich (2:1) bescherte Alexandra Popp der deutschen Mannschaft mit unbändigem Willen den Finaleinzug der Europameisterschaft in England, wo nun am Sonntag (18 Uhr, LIVE! bei kicker) im Finale der Gastgeber höchstselbst wartet. Die Kapitänin ging dabei einmal mehr voran, riss ihre Mannschaft mit, kümmerte sich in der Defensive bei Standards um Frankreichs Star-Verteidigerin Wendie Renard - und erzielte vorne unwiderstehlich ihre Turniertreffer fünf und sechs.

Zusammen mit Beth Mead steht die 31-Jährige nun ganz oben in der Torjägerliste.

Dabei hat Popp lange Zeit gar nicht gewusst, ob sie in diesem Sommer in England auf dem Rasen stehen kann. Nach zwei Knie-Operationen war sie im März erst wieder voll eingestiegen. Vor der EM hatte sie dann noch eine Corona-Infektion lahmgelegt. Die Torjägerin zitterte - und war am Ende genau rechtzeitig fit, um der Mannschaft zu helfen. Im ersten Gruppenspiel kam Popp noch von der Bank, dann infizierte sich Lea Schüller mit dem Virus, fortan spielte die Wolfsburgerin immer von Anfang an. 

Erste EM mit 31 Jahren

Dass Popp eine ganz wichtige Spielerin im System von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg ist, steht ganz außer Frage. "Poppi - überragend geköpft mal wieder. Einfach ein Biest da vorne drin. Das ist einfach das, was wir brauchen von ihr", schwärmte Lena Oberdorf, die ebenfalls ein herausragendes Turnier spielt, jüngst nach dem Halbfinale. Für die Angreiferin, die im Verein auf der Sechs oder Acht zum Einsatz kommt, war eine Teilnahme an der Endrunde auch deswegen so wichtig, weil sie bereits die Europameisterschaften 2013 sowie 2017 verletzungsbedingt verpasst und dementsprechend noch überhaupt keine EM-Erfahrungen gesammelt hat.

Nach der Goldmedaille bei Olympia 2016 in Rio de Janeiro greift sie nun aber nach dem nächsten großen Titel mit der Nationalmannschaft. Seit der U 15 spielt Popp für Deutschland, 119-mal lief sie bis jetzt für das A-Team auf und erzielte dabei 59 Tore. Weitere sollen im Idealfall direkt am Sonntag folgen. "Wir haben gar nichts mehr zu verlieren. Mit der Einstellung können wir auch ganz befreit ins Spiel reingehen", so die Sechs-Tore-Frau auf der Pressekonferenz am Freitag. 

Ausbildung zur Tierpflegerin

Aber was steckt hinter der Spielerin Popp, die auf dem Feld stets vorangeht, aber zugleich eine Teamspielerin ist?

Im Tierpark in Essehof in der Nähe von Braunschweig machte die 1,74 Meter große gebürtige Wittenerin ihre Ausbildung zur Tierpflegerin, die sie 2015 erfolgreich abschloss. Sie machte die Ausbildung parallel zum Profifußball, wurde für Champions-League- oder Nationalmannschafts-Reisen immer wieder von ihrem Arbeitgeber freigestellt. Nach dem Ende ihrer Ausbildung 2015 konzentriert sie sich nur auf den Sport. Für die Zeit nach der Karriere wollte Popp aber stets ein zweites Standbein haben, was sie sich 2015 verwirklicht hat. 

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Die Wolfsburgerin liebt Tiere. Selbst hat sie einen Hund, einen Australian Shepherd, der auf den Namen Patch hört. In jeder Stadt, in der Popp sich aufhält, besucht sie, wenn die Zeit es erlaubt, auch den dortigen Zoo. Auch im Rahmen der Europameisterschaft hat sie das getan, war im Londoner Tierpark. Auf ihrem Instagram-Kanal teilt sie auch durchaus einige private Einblicke mit ihren Fans, meistens mit Patch.

Ansonsten zeigt Popp natürlich viel von ihrer fußballerischen Laufbahn. 

Titelsammlerin in Wolfsburg

Zum VfL Wolfsburg wechselte sie 2012 nach den Stationen Silschede, Recklinghausen und Duisburg. Popp hat sich im Dress der Niedersachsen zu einer der besten Spielerinnen der Bundesliga entwickelt, lief im deutschen Oberhaus bisher 257-mal auf und erzielte dabei stolze 118 Treffer. 

Auch der Trophäenschrank füllte sich über die Jahre kontinuierlich. Sie gewann mit Wolfsburg siebenmal die Meisterschaft, neunmal den Pokal und zweimal die Champions League. Dazu wurde sie zweimal zu Deutschlands Fußballerin des Jahres (2014, 2016) ausgezeichnet.

Kurzum: Alexandra Popp hat sich in den vergangenen Jahren zu einem der Gesichter des deutschen Frauen-Fußballs entwickelt.

Popp, eine bodenständige Teamspielerin

Trotz der vielen Erfolge und ihres wachsenden Bekanntheitsgrades ist Popp sich immer selbst treu geblieben. Sie ist extrovertiert, geht auf dem Platz voran, die Rolle der Kapitänin passt ideal zu ihr. Und Humor hat sie auch. Nachdem das Satireportal "Der Postillon" ein bearbeitetes Foto von ihr mit Kappe und Schnauzbart neben Bundestrainer Hansi Flick veröffentlichte und titelte: "Hoffnung für den deutschen Angriff? Flick nominiert Newcomer Alexander Papp für Nationalmannschaft", erschien Popp auf der Pressekonferenz vor dem Finale mit Kappe und angeklebtem Bart.

Eine lockere Aktion, die für Lacher sorgte, allerdings ist die 31-Jährige auch eine Teamspielerin, stellt sich in den Dienst der Mannschaft - wie eben etwa bei Standards des Gegners in der eigenen Defensive.  

Popp ist aktuell im wahrsten Sinne des Wortes der Kopf der deutschen Nationalmannschaft. Der Gewinn des Titels in Wembley wäre für Deutschland ein Riesenerfolg - und für die DFB-Auswahl ganz nebenbei der bereits neunte EM-Triumph (ausgebauter Rekord im Falle des Falles) sowie der erste seit dem Erfolg in Schweden im Jahr 2013. Nach ihrer langen Leidensgeschichte wäre es auch für Popp ein Moment, den etwas ganz Besonderes ist - und das bei ihrer ersten EM.

"Der Druck ist bei den Engländerinnen"

"Ich glaube, dass der Druck eher bei den Engländerinnen liegt. Gerade weil es im eigenen Land stattfindet", sagte Popp. Sie erinnerte an die eigene Heim-WM vor elf Jahren, als die DFB-Frauen im Viertelfinale gegen den späteren Weltmeister Japan ausschieden. "Wir kennen das ja auch von 2011: Plötzlich erwarten alle was von einem."

Mirko Strässer, Gunnar Meggers