Handball

Tätlichkeit und Rot: Dibirov brennen Sicherungen durch - Brasilien überrascht auch Russland bei der Handball-WM 2019

Brasilien überrascht auch Russland

Tätlichkeit und Rot: Dibirov brennen Sicherungen durch

Überkochende Emotionen: Keeper Cesar Almeida und Timur Dibirov (rechts), der Rot sah.

Überkochende Emotionen: Keeper Cesar Almeida und Timur Dibirov (rechts), der Rot sah. imago

Aus Berlin berichtet Maximilian Schmidt

Vor dem Spiel zwischen Russland und Brasilien kam die Frage auf, wie stark Superstar Timur Dibirov (Vardar Skopje) aufspielen würde: In den ersten drei Spielen erzielte der Weltklasse-Linksaußen bereits 23 Tore (bei 27 Versuchen) und ist Spitzenreiter Uwe Gensheimer (25 Treffer) in der Torschützenliste damit dicht auf den Fersen. Am Vortag hatte er die DHB-Auswahl und speziell Keeper Andreas Wolff mit acht Toren aus allen erdenklichen Winkeln entnervt - und war zu Recht zum "Spieler des Spiels" gewählt worden.

Weltmeisterschaft - Tabelle - Gruppe A
Pl. Verein Punkte
1
Frankreich Frankreich
7
2
Deutschland Deutschland
6
3
Brasilien Brasilien
4
Weltmeisterschaft - Vorrunde, 4. Spieltag
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Beide Mannschaften begannen mit offensiven Deckungsvarianten, doch den Brasilianern schmeckte das deutlich besser. Speziell die linke Seite des leichten Außenseiters nutzte die sich bietenden Räume, Felipe Borges (fünf Tore im ersten Abschnitt) und Haniel Langaro (vier) waren maßgeblich für die schnelle Führung verantwortlich (7:3, 14.).

Nach einer Viertelstunde nahm Russland die erste Auszeit, auch Dibirov war bis dato kaum ein Faktor. Die Einwechslung von Torhüter Oleg Grams zahlte sich aber aus, sodass die Führung dahinschmolz (6:7, 18.). Anschließend wurden die deutschen Fans, die sich aufgrund der Gruppenkonstellation auf die Seite der Brasilianer geschlagen hatten, zum Faktor. Dmitry Zhitnikov wurde nach einer vermeintlichen Schwalbe bis zur Pause gnadenlos ausgepfiffen. Den Rückraumspieler von Pick Szeged reizte das nur noch mehr, seine unüberlegten Abschlüsse mündeten in brasilianischem Tempospiel. Nach 30 Minuten führte die Seleçao dann sogar wieder mit fünf Toren, weil Linkshänder Jose Guilherme de Toledo heiß lief (15:10).

Rot!

Russland kam allerdings hellwach aus der Kabine, besonders Zhitnikov, nach dem Wechsel von übermäßigen deutschen Pfiffen verschont, drehte so langsam auf - 15:16 (40.). Der Druck des Favoriten nahm in der Folge immer mehr zu: Nach einer Dreiviertelstunde hatte Alexander Shkurinskiy den ersten Ausgleich im Spiel hergestellt (19:19). Brasilien konnte sich anschließend bei Keeper Cesar Almeida bedanken, der sein Tor vernagelte - und in einer spielentscheidenden Szene direkt beteiligt war: Beim Stand von 23:20 für die Seleçao brannten dem russischen Superstar Dibirov komplett die Sicherungen durch. Kurz zuvor hatte sich der 35-jährige Linksaußen bereits wegen einer Schiedsrichterentscheidung schwer echauffiert, dann schubste er Torhüter Cesar Almeida nach einem Fehlwurf völlig unnötig weg - und traf ihn dabei sogar im Gesicht. Den Referees aus Montenegro blieb keine andere Wahl, für die Tätlichkeit zückten sie die Rote Karte (54.).

Brasilien brachte den Sieg anschließend nach Hause, da halfen diesmal auch die sechs Tore von Dibirov nichts. Nach Schlusspfiff verweigerte er dann Gegenspieler Almeida den Handschlag - und kassierte dafür noch einmal ein gellendes Pfeifkonzert. Die Brasilianer, die nun erstmals in ihrer Handball-Geschichte in eine WM-Hauptrunde einziehen können, tanzten freudetrunken übers Parkett.

Möglicher Vorteil für Deutschland

Gut für Deutschland dabei: Gewinnen die Brasilianer gegen Korea und reisen mit nach Köln, sind der DHB-Auswahl bei einer möglichen Hauptrundenteilnahme zwei Punkte wegen des zweiten Gruppensiegs sicher.

Lesen Sie dazu auch: So läuft der Modus der Handball-Weltmeisterschaft 2019 .

Statistik zum Spiel:

Russland - Brasilien 23:25 (10:15)

Tore für Russland: Dibirov (6), Zhitnikov (6), Shkurinskiy (5), Dereven (1), Kalarash (1), Kiselev (1), Shishkarev (1), Evdokimov (1), Kosorotov (1)
Tore für Brasilien: Borges (7), Langaro (6), Toledo (5), Teixeira (3), Nantes (1), Hackbarth (1), Chiuffa (1), Valadao (1)
Zuschauer in Berlin: 9011

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