Europa League

Stürzt Frankfurts Oberbürgermeister über den Triumph der Eintracht?

Kommentar

Stürzt Frankfurts Oberbürgermeister über den Triumph der Eintracht?

Peter Feldmann (M.) bei den Feierlichkeiten nach dem Europa-League-Sieg.

Peter Feldmann (M.) bei den Feierlichkeiten nach dem Europa-League-Sieg. IMAGO/Jan Huebner

Seit Ende der Jubelszenen um Eintracht Frankfurt beschäftigt ein Mann die Frankfurter Gesellschaft, die Fans der Eintracht und die Schlagzeilen in den Medien: Peter Feldmann (63). Seit seiner peinlichen Selbstinszenierung beim Empfang der Gewinner der Europa League am Donnerstagabend in Frankfurt steht die Frage im Raum, ob der ohnehin schon in staatsanwaltschaftliche Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Skandal um die Arbeiterwohlfahrt (AWO) verstrickte Oberbürgermeister stürzt.

Mit Carsten Knop setzt sich selbst ein Herausgeber der renommierten FAZ mit dem widerwärtigen Auftritt des OB auseinander. Unter der Schlagzeile "Peinlichkeiten als Programm" schrieb er: "Es war klar, dass man sich rund um den Empfang der Eintracht für Peter Feldmann (SPD) würde fremdschämen müssen." Die Frankfurter Rundschau spottete: "Wie Peter Feldmann den Pokal holte." Und in triefender Ironie heißt es: "Mann, das war große Klasse, wie Peter Feldmann am Mittwochabend im Hexenkessel von Sevilla fast das gesamte Europapokalfinale mit einer krassen Platzwunde am Kopf durchhielt ..., wie er den letzten Elfmeter verwandelt hat …, einen Elfmeter gehalten?" Bild widmete dem Thema in der Ausgabe am Samstag eine ganz Seite: "Der Peinlich-Auftritt vom Gockel-OB."

Es gibt Momentaufnahmen, die für immer haften bleiben. Zu denen gehört seit Donnerstag die Sekunde, in der Feldmann im Husarenstreich Oliver Glasner und Sebastian Rode auf dem Weg in den Kaisersaal des Frankfurter Römer den Pokal entriss. Der Trainer und der Kapitän erstarrten zu Salzsäulen. 600.000 Zuschauer der Liveübertragung im Hessischen Fernsehen und geschätzt 200.000 Menschen, die in einem Spalier bei der Fahrt der Mannschaft vom Flughafen zum Römer vor Leinwänden und über soziale Medien die Szene verfolgten, waren zum Teil außer sich, die 13.000 Fans auf dem proppenvollen Römerberg pfiffen.

Es sollte noch verrückter kommen. Während die Fans nach stundenlangem Warten endlich die Sieger auf dem Balkon des Römers bejubeln wollten, hob Feldmann im Kaisersaal zu einer qualvollen Rede an. Er rief die Namen aller im Finale eingesetzten Spieler auf. Die schauten peinlich berührt oder gelangweilt weg, als er von "Makato Hasabee", "Tschiep! Tschieprill Soo" oder "Evan Nickdika" sprach und nur wenige Namen unfallfrei über die Lippen drangen. Er machte Finanzboss Oliver Frankenbach zum "Sport-Vorstand" usw; und als es dann endlich raus aus dem Kaisersaal von den Balkon ging, durften Präsidium und Vorstand der Eintracht ebenso wenig mit wie der Sportdezernat der Stadt.

Mitarbeitern des Oberbürgermeisters wurde der Blick auf die feiernden Fans untersagt. Feldmann blieb dann immer in der ersten Reihe, direkt neben dem Pokal. Was, bitte, haben die Spieler damit zu tun? Ganz offensichtlich hatte niemand den OB gebrieft, dass es ein ungeschriebenes Gesetz im Fußball gibt, wonach nur die direkt am Erfolgt Beteiligten die Trophäe schwenken dürfen. Den WM-Pokal dürfen nach der Überreichung durch den FIFA-Präsidenten nur noch die Spieler und Trainer in die Luft halten.

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"Dickes Sorry", schrieb Feldmann am Freitag auf seine Facebook-Seite. Aus dem Kreis seiner Follower gab es unterschiedliche Meinungen wie: "Entschuldigung angenommen" und "Treten sie endlich zurück". Sebastian Rode meldete sich zu Wort: "Es ist toll, dass er uns eingeladen hat. Aber es wäre vielleicht besser gewesen, wenn er sich etwas zurückgenommen hätte." Frankfurts Politiker zeigen sich entsetzt. SPD-Stadtrat Mike Josef sagt über den Auftritt des Genossen: "Über den OB habe ich schon so viel gesagt. Bilder sagen mehr als Worte: Der Gesichtsausdruck von Sebastian Rode spricht für sich." CDU-Chef Uwe Becker meint: "Das war eine riesige Blamage für den Römer. Ein Oberbürgermeister, der den Spieler den Pokal entreißt - dreist und unsportlich!"

Feldmann, der angesichts der Ermittlungen im AWO-Skandal vor Wochen Zurückhaltung bei öffentlichen Auftritten angekündigt hatte, praktiziert absolut das Gegenteil. Er schadete damit der gesamten Politik weit über Frankfurt am Main hinaus, da doch bei vielen Sportevents Politiker angesichts zu erwartender Pfiffe nicht mehr als Ehrengäste per Durchsage erwähnt werden. FAZ-Herausgeber Knop schließt seinen Kommentar mit einem Kontext zum AWO-Skandal: "Feldmann muss jetzt öffentlich erklären, dass sein Versprechen der Zurückhaltung nicht mehr gilt, weil er ohnehin unschuldig sei. Und die Parteien im Römer müssen ihren Teil der Selbstachtung erhalten, den Abwahlantrag für diesen Mann an der Spitze der Stadt auf den Weg zu bringen und einstimmig zu beschließen."

Im Römer dürfte es jetzt so heiß hergehen wie am Mittwochabend beim Finale in Sevilla …

Rainer Franzke

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