Bundesliga

Stanko, Streich und der "American Dream"

Freiburgs US-Boy: "Das Spiel gegen Schalke hat mein Standing verändert"

Stanko, Streich und der "American Dream"

Im Breisgau angekommen: Freiburgs US-Amerikaner Caleb Stanko.

Im Breisgau angekommen: Freiburgs US-Amerikaner Caleb Stanko. imago

Aus Freiburgs Trainingslager in Sotogrande berichtet Carsten Schröter

190 Bundesliga-Minuten verteilt auf fünf Einsätze – die nackten Zahlen Stankos klingen nicht besonders spektakulär. Und doch ist es bemerkenswert, dass es die Nummer 33 des Sportclubs überhaupt zu Einsätzen im Oberhaus gebracht hat. Viele haben ihm das nicht zugetraut. Schon Anfang 2011 kam der inzwischen 24-Jährige nach Freiburg, hat bereits eine Leihstation hinter sich und galt auch zuletzt immer wieder als Wechselkandidat.

Spielersteckbrief Stanko
Stanko

Stanko Caleb

Trainersteckbrief Streich
Streich

Streich Christian

SC Freiburg - Vereinsdaten
SC Freiburg

Gründungsdatum

30.05.1904

Vereinsfarben

Weiß-Rot

mehr Infos

Seine Herkunft

Stanko wächst in Holly auf, einer Kleinstadt mit "etwa 13.000 Einwohnern", im US-Bundesstaat Michigan, rund 30 Autominuten entfernt von Detroit. In "Motor-City", wie die Großstadt nahe der kanadischen Grenze genannt wird, dominiert vor allem Eishockey mit dem NHL-Traditionsteam Detroit Red Wings die Sportszene. Daher will auch der kleine Caleb gerne mit dem Schläger auf Schlittschuhen übers Eis flitzen. Doch seine Eltern erlauben nur eine Sportart. Wie seine beiden älteren Brüder – Stanko hat zudem eine ältere Schwester – entscheidet er sich für Fußball. In der Highschool und im Vardar Soccer Club kickt er bis Ende 2010.

Sein Weg nach Freiburg

"Mein damaliger Agent sah mich beim Nation Tournament, einem USA-weiten Spitzen Turnier und fragte mich, ob ich nicht bei Freiburg ein Try-Out machen möchte", erzählt der Rechtsfüßer. Natürlich will er und überzeugt im Sommer 2010. Nach einem US-Regel darf er offiziell jedoch erst mit 18 wechseln. Ein Jahr muss er warten, zieht zur Akklimatisierung aber schon Anfang 2011 in den Breisgau, wohnt kurz in der Fußballschule und dann alleine in einer Wohnung. Eine große Herausforderung mit einem Ozean zwischen ihm und seiner Familie.

Erst später habe ich gemerkt, dass er mich kritisiert hat, um mich besser zu machen.

Caleb Stanko über Christian Streich

Seine ersten Berührungspunkte mit Streich

Sein A-Jugend-Trainer beim SC heißt Christian Streich. Der lässt den noch nicht spielberichtigten Stanko in der ersten Zeit Sprints absolvieren, während das Team seine Pflichtspiele austrägt. Auch im Training nimmt Streich den US-Boy hart und kritisch ran. "Am Anfang habe ich es persönlich genommen. Manchmal war ich wegen der ganzen Lebensumstellung und des Alleinewohnens auch gestresst und nicht voll mit dem Kopf beim Training. Erst später habe ich gemerkt, dass er mich kritisiert hat, um mich besser zu machen. Da hat mir geholfen, mich aufs Wesentliche zu fokussieren", sagt Stanko im Rückblick.

Sein steiniger Weg zum Bundesliga-Debüt

Ab der Saison 2012/13 spielt der Defensivmann als Innenverteidiger oder Sechser regelmäßig für die Freiburger U23 in der Regionalliga. Drei Spielzeiten später lässt ihn Streich in der 2. Liga bei den Profis debütieren. Fünf Einsätze stehen am Ende der Meistersaison für Stanko zu Buche, aber es ist klar: Für die Bundesliga reicht es noch nicht. Auf Leihbasis geht es für ein Jahr zum FC Vaduz. Beim Schweizer Erstligisten kommt er auf 26 Einsätze (ein Tor). "Es wird dort ein anderer Stil gespielt, aber es war 1. Liga und ich habe mich weiterentwickelt", sagt Stanko.

Caleb Stanko

Am 11. Spieltag feierte Caleb Stanko (li.) gegen Schalke 04 ein ordentliches Bundesliga-Debüt. imago

Für viele Beobachter hat der Ex-Freiburger beim Absteiger allerdings nicht besonders herausgeragt. Die Lage ist kompliziert im Sommer 2017. Die Chancen auf Erstligaspielzeit beim SC scheinen keineswegs gestiegen, aber es findet sich auch kein geeigneter Abnehmer für eine weitere Leihe oder einen Verkauf. Stanko: "Es war schwierig, aber ich habe immer an meine Qualität geglaubt und jeden Tag hart gearbeitet." Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied. Sätze, wie man sie aus berühmten US-Sportfilmen kennt. Und was folgt darin am Ende? Natürlich, ein Happy End. Stanko profitiert sowohl in der Vorbereitung von der Verletzungsmisere im Abwehrzentrum als auch am 11. Spieltag.

Sein erfüllter Traum

Gegen Schalke taucht sein Name während der Teambesprechung in der Startelf auf. "Ich war nicht nervös, aber aufgeregt. Ich habe mir in Erinnerung gerufen, dass ich auf diese Gelegenheit so lange gewartet habe. Nun hatte ich den Weg dahin gefunden. Ich war bereit.", schildert Stanko seine Gefühle: "Ein großer Traum ging in Erfüllung. Das war der Grund, warum ich nach Deutschland gekommen bin: in der Bundesliga spielen. Es war für mich eine riesige Errungenschaft. Ich habe auf vieles verzichtet, um in dieser Situation zu sein."

Das Spiel gegen Schalke hat mein Standing im Klub verändert

Caleb Stanko

Stanko meint damit vor allem Dinge, die während seiner Abwesenheit in der Heimat passierten und ihm als Familienmenschen eigentlich am Herzen liegen: "Die Hochzeit meines besten Freundes, seine College-Abschlussfeier, die Geburt meiner Nichte – ich kann ja nicht für einen Tag rüberfliegen." Dafür ist die nach anfänglicher Nervosität ordentliche Leistung gegen Schalke über 90 Minuten (kicker-Note 3,5) für ihn eine Art sportlicher Durchbruch: "Das Spiel gegen Schalke hat mein Standing im Klub verändert, meinen Wert gesteigert. Ich habe gezeigt, dass ich in der Bundesliga mithalten kann."

Seine Perspektiven

Noch viermal wird Stanko in der Liga eingewechselt, beim Pokalaus in Bremen darf er zum Jahresabschluss nochmal starten – agiert wie fast das gesamte Team fehlerhaft und unglücklich. "Eine Situation zum Lernen", sagt Stanko, dessen Ziele nach der für ihn erfolgreichen Hinrunde ("Ich wusste ja nicht, ob ich überhaupt spiele") nicht schwer zu erraten sind: "So viel wie möglich spielen und vor allem dem Team helfen, nicht abzusteigen." Die Aussichten hat er sich erarbeitet, ist im Winter, anders als noch zu Saisonbeginn vermutet, kein Wechselkandidat mehr.

"Er hat brutal an sich gearbeitet, gegen alle Widerstände nochmal einen großen Schritt gemacht, der aber für die Bundesliga unbedingt nötig war", lobt Sportvorstand Jochen Saier: "Er agiert kompakt und körperlich, tut dem Gegner weh. Wir sind froh, dass er da ist. Es wird nun spannend, ob er in der Rückrunde weitere Trippelschritte nach vorne machen kann." Zumindest im Hollywood-Film würden noch einige Bundesliga- und Länderspiele – Stanko lief bereits einmal für das A-Team der USA im Mai 2016 auf - hinzukommen.