Das Atatürk Olympia Stadion sollte beim Derby zwischen Besiktas und Galatasaray eigentlich einen seiner schönsten Tage erleben. Jedoch überschatteten die Ausschreitungen am Ende des Spiels jegliche Schönheiten. Dabei zeigten die Anhänger der Schwarz-Weißen ein großes Interesse am ersten Derby der Saison. Auf der Anzeigetafel im Stadion erleuchtete die Zahl 76.127. Gemeint waren die Besucher mit Eintrittskarten: Rekord! Das Spitzenspiel ging damit in die Geschichtsbücher ein.
Rot-Gelbe Aufholjagd wird belohnt
Die Partie war zumeist unter Kontrolle der Gäste, die den Ballbesitz dominierten, aber keine zwingenden Torgelegenheiten herausspielten. Den ersten möglichen Konter nutzte Hugo Almeida in der 18. Spielminute und netzte per Kopf ein. Mit der Führung für die Hausherren ging es in die Pause. In der zweiten Hälfte sahen die Zuschauer dann ein Spiel in eine Richtung und zwar auf das Tor von Besiktas-Keeper Tolga Zengin. Der Ausgleichstreffer war nur eine Frage der Zeit. In der 59. Minute klingelte es dann letztlich. Nach Vorlage von Neuzugang Bruma, schob Stürmer-Routinier Didier Drogba den Ball in die rechte Ecke. Erneut brachte dann der Ivorer den Titelverteidiger in Führung (72.). Die Besiktas-Profis reklamierten allerdings auf Handspiel von Assistgeber Burak Yilmaz bei der Ballannahme. In der Nachspielzeit kam es dann zu einer der unrühmlichsten Szenen in der Historie des türkischen Fußballs. Nach dem Foul von Melo an Ramon Motta kam es zwischen den Spielern zu Streitigkeiten. Die Situation auf dem Platz heizte die Stimmung Hunderter von Fans auf den Rängen auf. Sie stürmten das Spielfeld, teilweise mit Plastikstühlen in der Hand, die für die Sicherheitsleute vor den Tribünen gedacht waren. Spieler, Schiedsrichter, Trainer und Funktionäre suchten ihr Heil in der Flucht. Selbst die Polizei war anfangs überfordert und lief in Richtung Katakomben, um dort eine Barrikade zu errichten.
Wieder Einsatz von Tränengas
Die Polizei sah wohl den Einsatz von Tränengas als einzige Lösung, woraufhin die Fans zurückrückten. Szenen aus dem Gezi-Park-Protest kamen in Erinnerung. Damals nahm "Carsi", die Fangruppe Besiktas´, an den Protesten öffentlich teil. Die Beamten räumten zuerst das Feld und dann das Stadion. Später am Abend verkündete die Istanbuler Polizei mehr als 60 Festnahmen.
Kritische Situation: Rote Karte für Melo (Mitte). picture-alliance
Partie wurde abgebrochen
Das Derby wurde in der 93. Minute von Schiedsrichter Aydinus beim Stand von 2:1 für die Gäste abgebrochen. Die Entscheidung über den Ausgang des Spiels wird der Vorstand des TFF in den nächsten Tagen treffen. Man erwartet eine 3:0-Wertung für Galatasaray und eine saftige Strafe für Besiktas. Die "schwarzen Adler" werden wohl einige Spiele vor leeren Tribünen austragen müssen. Lütfi Aribogan, Vorstandsmitglied von Galatasaray, äußerte sich nach der Partie über die Ausschreitungen: "Gut, dass das Verbot für Gäste-Zuschauer in Kraft ist." Damit spielte er auf die Entscheidung des TFF an, die vor zwei Jahren bestimmte, dass unter Istanbuler Klubs der Eintritt für Gäste-Anhänger verboten ist.
Melo gibt Kommentar ab - Präsident Orman hofft auf keine weiteren Strafen
Im offiziellen Fernsehsender des Vereins, GSTV, hat Mittelfeldspieler und Rotsünder Melo erste Erklärungen abgegeben. Der Spieler unterstrich die Tatsache, dass die Zuschauer bereits den Platz gestürmt hätten, während er beim Gang in die Kabine sein Trikot auszog und es Richtung Haupttribüne zeigte. "Die Aktion wird als Anreiz der Ausschreitungen gesehen, das entspricht nicht der Wahrheit", erklärte der 30-jährige Brasilianer und ergänzte, "mein Respekt gegenüber den Besiktas-Fans ist unendlich groß." Außerdem äußerte sich BJK-Präsident Fikret Orman zu den Vorfällen nach der Partie. "Wir werden gegen die Fans auf dem Platz juristisch vorgehen, ich hoffe auf keine weiteren Strafen vom TFF", so Orman. Desweiteren verkündete er, dass man den Vertrag mit dem Sicherheitsdienst gekündigt habe: "Sie sind da, um die Fans zu stoppen und nicht vor ihnen wegzulaufen."