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Carolin Simon im kicker-Interview: "Der Druck ist immer da"

Die Verteidigerin des FC Bayern im kicker-Interview

Simon: "Der Druck ist immer da"

Carolin Simon bejubelt ein Tor gegen Duisburg.

Carolin Simon bejubelt ein Tor gegen Duisburg. IMAGO/Nico Herbertz

Mit den Münchnerinnen spielt Carolin Simon aktuell in drei Wettbewerben, hinzu kam im November nach drei Jahren auch wieder eine Einladung zur Nationalmannschaft. Das freut die 30 Jahre alte Defensivspielerin, die zu verschiedenen Themen Stellung bezieht.

Nach der 0:3-Niederlage im Hinspiel steht an diesem Mittwoch das Rückspiel gegen den FC Barcelona an. Sehen Sie für den FC Bayern immer noch gute Chancen, in der Champions League zu überwintern, Frau Simon?

Ja, die Chancen sehe ich immer noch sehr gut, auch wenn das Spiel in Barcelona schon ernüchternd war für uns. Da hat man ein Stück weit gesehen hat, an was es bei uns noch fehlt, wo wir noch eine Menge Potenzial haben. Aber wenn man auf die Gruppenkonstellation schaut, ist alles okay, man muss sich keine Gedanken machen. Wir haben noch eine Menge Spiele, und es kann sich noch viel tun. Wir sind da aktuell schon recht zufrieden.

Momentan reiht sich beim FC Bayern fast eine Englische Woche an die nächste. Wie kommen Sie persönlich damit zurecht?

Persönlich komme ich damit - toi, toi, toi - noch gut zurecht. Es ist eine sehr anstrengende Zeit, körperlich wie auch mental, weil alle drei, vier Tage ein Spiel ansteht. Das fordert einen auf ganz vielen Ebenen, vor allem, wenn man für Bayern München spielt und die Ambition hat, in jedem Wettbewerb um den Titel zu spielen. Da weiß man, dass man jedes Mal abliefern muss und sich keine Fehler erlauben darf. Ich finde, dass wir es als Mannschaft bisher sehr gut machen und trotzdem den Spaß an der Sache nicht verlieren. Wir versuchen die verschiedenen Wettbewerbe zu genießen. Und bisher gelingt uns das wirklich sehr gut.

Der Druck ist immer da. Das muss einem bewusst sein, wenn man zu Bayern wechselt.

Carolin Simon, FC Bayern

Bayern München hat in der Bundesliga bereits 5 Punkte Rückstand auf Wolfsburg - haben Sie manchmal Angst, den Anschluss zu verlieren?

Nein, tatsächlich gar nicht. Ich weiß, dass das von den Medien hier und da ein bisschen größer gemacht wird. Natürlich sind es fünf Punkte. Das ist nicht wenig, aber wir spielen auch noch gegen Wolfsburg, da haben wir es ein Stück weit in der eigenen Hand, ihnen die Punkte wegzunehmen. Und dann sind es noch viele englische Wochen, es liegen noch viele Spiele vor uns, aber auch vor Wolfsburg. Da kann auch noch viel passieren. Es gibt viele richtig gute Mannschaften in der Bundesliga, gegen die wir uns schwergetan haben. Und ich bin mir sicher, dass sich da auch Wolfsburg schwer tun wird. Deswegen glaube ich, wäre es falsch, die Situation zu sehr zu dramatisieren.

Ist das manchmal frustrierend, wenn man weiß, jeder Ausrutscher könnte schon über die Meisterschaft entscheiden?

Man muss den Druck sicher nicht kleiner reden, als er ist. Der Druck ist immer da. Ich glaube, das muss einem bewusst sein, wenn man zu Bayern wechselt. Das ist im ganzen Verein einfach so, wenn Bayern München draufsteht, dann müssen schlussendlich auch Titel her. Gerade in der Bundesliga darf man sich über das ganze Jahr so gut wie gar nichts erlauben. Das sieht man jetzt, da wir schon ein paar Punkte auf Wolfsburg aufholen müssen. Aber trotzdem, die Saison ist noch lang und es kann noch viel passieren. Wenn Wolfsburg einen Punkt liegen lässt, müssen wir einfach da sein. Aber in erster Linie müssen wir erst mal unsere Pflichtaufgaben erfüllen und uns auf uns konzentrieren. Es liegt noch ein ganz weiter Weg in allen Wettbewerben vor uns. Von daher haben wir noch genug Zeit.

Sie waren bei der USA-Reise auch erstmals seit 2019 wieder für die Nationalmannschaft nominiert. Hatten Sie damit gerechnet?

Tatsächlich kam es schon sehr überraschend für mich, aber dann war es umso schöner. Ich habe mich riesig gefreut, nach so einer langen Zeit wieder nominiert zu werden, weil das für jede Sportlerin das Größte ist.

Wie war es, dann wieder dabei zu sein und im Nationaltrikot aufzulaufen?

Ich war schon sehr aufgeregt, muss ich sagen, aber ich bin superschnell wieder reingekommen. Die Mädels und das ganze Team haben es mir sehr leicht gemacht. Ich habe mich total gefreut, dass ich das eine oder andere Gesicht wiedererkannt habe, Spielerinnen, die auch damals schon dabei waren. Das hat es umso schöner gemacht. Und es war ein ganz besonderer Moment, als ich im zweiten Spiel eingewechselt wurde.

Haben sie Hoffnung, künftig wieder regelmäßig dabei zu sein?

Hoffnung hatte ich immer, auch über die letzten Jahre. Wie gesagt, das war schon immer mein Traum, mein größtes Ziel. Jetzt, da ich wieder dabei bin, möchte ich auch dabeibleiben. Ich versuche aber, mir den Druck zu nehmen. Ich kann nicht mehr tun, als meine Spielzeit bei Bayern zu nutzen und mich bestmöglich zu präsentieren. Und wenn der Trainerstab der Nationalmannschaft mich dann dabeihaben will, freue ich mich. Man wird sehen, was die Zukunft bringt.

So eine lange Zeit raus zu sein, das war schon hart.

Carolin Simon

Wie waren diese drei Jahre: Haben Sie sich da auch mal gefragt, warum Sie keine Chance mehr bekommen oder aufgrund Ihrer Verletzungen resigniert?

Die letzten drei Jahre waren schon nicht leicht, da bin ich ehrlich. Ich habe es davor immer geliebt, Nationalmannschaft zu spielen, und dann so eine lange Zeit raus zu sein, das war schon hart. Vor allem, wenn im Verein alle paar Wochen fast alle Spielerinnen zu ihrer Nationalmannschaft reisen und man selbst daheimbleiben muss. Das war nicht leicht, das zu verarbeiten. Natürlich zweifelt man über so eine lange Zeit auch mal, das ist ganz normal. Aber ich habe mir immer gesagt, wenn ich hart arbeite und meine Leistung bringe, dann wird es vielleicht irgendwann belohnt. So habe ich mich immer wieder neu motiviert. Ich versuche mich jetzt damit nicht mehr aufzuhalten, sondern freue mich drüber, dass die Leistung belohnt wurde und hoffe, dass ich auch in Zukunft noch mal eine Chance bekomme.

Haben Sie mal eine Erklärung bekommen, warum es so lange nicht geklappt hat? Lag es an den Verletzungen oder war es tatsächlich leistungsbedingt?

Wir hatten schon den einen oder anderen Austausch, bei dem die Gründe seitens der Nationalmannschaft genannt wurden. Und die muss man als Spielerin einfach akzeptieren. Da waren Gründe dabei, die ich absolut nachvollziehen kann. Daran muss man dann arbeiten und zeigen, dass man trotzdem dazu gehört.

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Blicken wir mal auf den Frauenfußball im Allgemeinen: 23.000 zum Saisonstart in Frankfurt, 47.000 zuletzt in Barcelona - wie sehen sie diese Entwicklung?

Total positiv. Es ist sehr schön, dass dieser Schwung von der Europameisterschaft jetzt auch beibehalten wird und auf die Liga überschwappt. Es tut dem Frauenfußball gerade auch in Deutschland extrem gut, diese Anerkennung, diese Aufmerksamkeit zu bekommen. Wenn man diese Bühne bekommt und sie positiv nutzt, dann kann das Ganze auch für die nächsten Jahre nachhaltig werden.

Ihr Vertrag läuft im Juni aus. Gibt es schon weitere Pläne?

Ja, es gibt schon Pläne. Ich werde mich in den nächsten Wochen noch mal intensiv mit Bayern austauschen und alles weitere wird man sehen. Ich bin mir bewusst, dass ich in einem absoluten Topverein spiele. Ich fühle mich absolut wohl, fühle Wertschätzung und Vertrauen seitens des Vereins. Von daher bin ich mir sicher, dass man in den nächsten Wochen, spätestens Monaten, auch zu meiner Zukunft etwas hören wird.

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