Bundesliga

Salary Cap über Tarifvertrag? - Experten halten Einführung für möglich

Experten halten Einführung für möglich

Salary Cap über Tarifvertrag?

Gehaltsobergrenzen im Fußball? Einführung wäre juristisch möglich.

Gehaltsobergrenzen im Fußball? Einführung wäre juristisch möglich. picture alliance

Die Frage ist berechtigt, denn wer Gehälter begrenzt, der greift in wettbewerbs- wie arbeitsrechtlich geschützte Freiheiten ein. "Solche Freiheiten sind aber nie absolut. Wer einen Eingriff in die Freiheiten sachlich rechtfertigt und damit nicht über das Ziel hinausschießt, handelt nicht rechtswidrig", sagt Dr. Martin Stopper. Noch seien bestehende Gesetze laut dem Münchner Sportjuristen nicht auf ein Salary-Cap-Modell im Profibereich angewandt worden, doch die gelebte Praxis gebe es bereits: "Nicht nur in den USA, auch in England und Frankreich gibt es Salary-Cap-Regeln in den professionellen Rugby-Ligen. Und in beiden Ländern gilt zumindest noch europäisches Recht."

Denn eines ist auch klar: Ein nationaler Cap, etwa alleine in Deutschland, würde der Bundesliga einen erheblichen Nachteil im internationalen Wettbewerb bescheren. Insofern ist für Stopper eine pan-europäische Einführung zwingend: "Wir haben im Fußball eine europäische Wettbewerbs-Pyramide, die sich nur chancengleich aufrechterhalten lässt."

Es gibt keinen Anspruch darauf, dass die EU-Kommission vorab rechtsverbindlich und gerichtsfest mitteilt, ob solche Instrumente zulässig sind oder nicht.

Mark-E. Orth

Doch wäre eine Gehaltsobergrenze wirklich mit EU-Recht vereinbar? Ungewiss. Bereits im Wahnsinnssommer 2017, als der 222-Millionen-Euro-Wechsel Neymars vom FC Barcelona zu Paris St.-Germain jegliches Maß bei Transfers und Gehältern sprengte, rutschte das Thema Salary Cap auf die Agenda. Und der Fußball hätte in diesen Systemfragen gerne vorab Klarheit gehabt. "Aber es ist nicht Aufgabe der EU-Kommission, im Vorfeld verbindlich zu bestimmen, wo die Grenzen für eine Einführung eines Salary Cap verlaufen", sagt Mark-E. Orth, der unter anderem den FC Bayern vertritt: "Es gibt keinen Anspruch darauf, dass die EU-Kommission vorab rechtsverbindlich und gerichtsfest mitteilt, ob solche Instrumente zulässig sind oder nicht. Unternehmen, und damit auch die UEFA, tragen das Risiko der Selbsteinschätzung. Das heißt, nach der Einführung einer solchen Regelung bestimmen im Zweifelsfall Gerichte über die Zulässigkeit."

Orth sieht ein juristisch einwandfreies Modell

Doch was ist mit den von Stopper angeführten Rugby-Ligen, wo die Gehaltsobergrenze zur Wettbewerbsgleichheit beigetragen hat? "Es gibt keine Entscheidung in der EU, die Ausgeglichenheit als Argument für eine Ausnahme vom Kartellrecht verwendet", so Orth, der einen Salary Cap als klassisches Preiskartell erachtet, das Marktzugänge erschwert. Der Münchner Kartellrechtler sieht dennoch ein juristisch einwandfreies Modell, das aber einer anderen Herangehensweise folgt als der Gehaltsobergrenze pro Team wie in den US-Profiligen: eine Regelung über eine Höchstgrenze für einzelne Spielergehälter, die auf dem Tarifrecht fußt (übrigens schließen auch in Nordamerika die Ligen mit den Spielergewerkschaften Tarifverträge).

Spielergewerkschaften halten ein machtvolles Mittel in der Hand

Zwar fehlen im europäischen Fußball noch die geeigneten Verhandlungspartner auf beiden Seiten, doch die lassen sich gründen. Der Vorteil aus Orths Sicht? "Die tarifvertragliche Ausnahme vom Kartellrecht ist durch die Rechtsprechung der Gerichte bestätigt, man hätte eine stärkere Rechtssicherheit." Allerdings wäre für die Klubs zu beachten, dass Spielergewerkschaften - die deutsche Vertretung VdV etwa pocht seit Jahren auf einen Tarifvertrag - "ein machtvolles Mittel in der Hand halten", warnt Orth. Siehe Nordamerika: Dort sorgten so genannte Lockouts, also Spielerstreiks, immer wieder für massiven Verzögerungen und finanzielle Schäden.

Wenn man einen 100-Meterlauf veranstaltet, rennen auch alle auf der Startlinie los und niemand 50 Meter weiter vorne.

Dr. Martin Stopper

Was ebenso für die Rechtmäßigkeit, gerade im tariflichen Bereich, spräche: In seiner Zielsetzung wäre der Salary Cap dann keine Begrenzung, da die Gewerkschaften immer für ein möglichst hohes Gehaltsmaximum kämpfen, das zeigt die Historie in den US-Profiligen. Vielmehr würde ein Cap für eine Gehaltsnivellierung sorgen, also die großen Unterschiede bei den Gehältern anpassen. Mit dem Nebeneffekt, dass die Ausgaben im Fußball mittelbar dennoch sinken würden, glaubt Stopper, der eine Begrenzung "zur Förderung der Wettbewerbs- oder Chancengleichheit und zum Schutz der wirtschaftlichen Stabilität der Klubs" für plausibel hält. "Der wirtschaftliche Wettbewerb widerspricht nämlich eigentlich dem fairen sportlichen Wettbewerb: Wenn man einen 100-Meterlauf veranstaltet, rennen auch alle auf der Startlinie los und niemand 50 Meter weiter vorne."

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Benni Hofmann