Am Sonntagabend kurz vor 18 Uhr war Cristiano Ronaldo mit dem Flugzeug gelandet und anschließend mit schicker Sonnenbrille, einer edlen Sporttasche sowie angezogen im feinen wie für Italien perfekt eng sitzenden Zwirn ohne Krawatte übers Turiner Rollfeld gelaufen.
Diese Bilder hätten in den vergangenen Jahren stets zu einer bunten Sommer-Story gepasst, in der sich CR7 mit seiner Partnerin Georgina Rodriguez vor der neuen Saison eine Shopping-Auszeit samt leckerer Restaurant-Besuche in Italien gönnt.
Spielersteckbrief Cristiano Ronaldo
Spielersteckbrief Can
Spielersteckbrief Chiellini
Spielersteckbrief Pjanic
Spielersteckbrief Dybala
Trainersteckbrief Allegri
Juventus Turin - Vereinsdaten
Gründungsdatum
01.11.1897
Vereinsfarben
Weiß-Schwarz
Real Madrid - Vereinsdaten
Gründungsdatum
06.03.1902
Vereinsfarben
Weiß-Blau
Doch in diesem Sommer, in diesem Jahr 2018, ist alles anders: Denn Cristiano Ronaldo ist nach Turin gereist, um sich erstmals mit dem Outfit seines neuen Klubs Juventus zu zeigen. Eine seiner ersten Aussagen bei seiner Pressekonferenz: "Ich liebe Herausforderungen, ich liebe neue Aufgaben. Und Juventus ist ein großer Klub, der größte Klub Italiens. Richtig schwer ist mir die Entscheidung deswegen nicht gefallen, hierher zu kommen. Ich habe in meiner Karriere schon viele Trophäen gewonnen, mit Manchester United und mit Real - auch persönliche Titel habe ich erreicht. Das alles will ich hier in Turin gerne fortführen."
Das alles bedeutet: Den Dress von Real Madrid wird sich CR7 in den kommenden Jahren nicht mehr anziehen - und das ist für viele noch immer schwer zu glauben oder zumindest arg gewöhnungsbedürftig. Schließlich hat sich der Portugiese und Europameister von 2016 in der spanischen Hauptstadt zu einer Ikone aufgeschwungen. Doch nach vier Triumphen in der Champions League, zuletzt dreimal in Folge, nach zwei Siegen in La Liga, nach zwei Erfolgen im spanischen Pokal und nach unfassbaren 450 Toren in 438 Pflichtspielen (!) hat der 33-Jährige seine neunjährige Amtszeit bei den Königlichen beendet und sich der Alten Dame für ein neues Abenteuer angeschlossen.
Ein großer Klub wird überstrahlt von einem Spieler
Diese neue Mission hat am Montag offiziell begonnen, als Cristiano Ronaldo erstmals am Sportzentrum der Juve erschien, frenetisch von tausenden Fans empfangen wurde, den obligatorischen Medizincheck absolvierte, sich wenig später erstmals auf dem Podium im Juve-Medienzentrum äußerte und zuvor einen millionenschweren sowie zwischen den Zeilen mit vielen Versprechungen versehenen Vertrag unterschrieben hatte.
Ich will immer gewinnen und der Beste sein. Dazu hat mir Juventus eine neue Möglichkeit gegeben. Das ist ein weiterer Schritt vorwärts in meiner Karriere. Ich fühle mich geehrt.
Cristiano Ronaldo auf seiner ersten Juve-PK
Die 112 Millionen Euro, die nun nach Madrid fließen , sowie die rund 120 Millionen Euro, die CR7 in den nächsten vier Jahren netto (!) verdienen wird, sollen der Startschuss eines lange erträumten Vereinsziels sein. Der Titel: Juventus Turin will zurück nach oben, nach ganz oben! Die Bianconeri, mit 34 Scudetti Rekordmeister Italiens, streben nach sieben Serie-A-Siegen am Stück und vier Doubles in Folge also zusammen mit Ronaldo zurück an die oberste Spitze Europas. Der längst ersehnte dritte Champions-League-Triumph (zuletzt 1985 und 1996 erfolgreich) soll es mit dem Superstar werden. Das hat der "Neue" auch gleich selbst unterstrichen: "Natürlich will ich dem Klub dabei helfen, wieder die Champions League zu gewinnen. Das ist der größte Wettbewerb. Doch es ist sehr schwer, dieses Ziel zu erreichen. Wir müssen hart dafür arbeiten, auch ich selbst."
Für all das nimmt die Alte Dame es auch gerne in Kauf, dass der große Klub ab sofort in erster Linie stets mit CR7 verbunden wird. "Ronaldo Turin" in etwa. Davon zeugt auch die Aufmachung der sozialen Vereinsseiten, wie zum Beispiel bei Twitter: Dort überstrahlt ein langgezogenes "Cristiano" mitsamt einem integrierten Ronaldo-Jubelpost erst einmal den gesamten Rest, auch das Vereinslogo. Darunter ist zudem noch folgender Hashtag angebracht: #CR7Juve. Also: Cristiano Ronaldo first, Juve second.
"Cristiano macht jede Mannschaft nochmals besser"
Das gilt ab sofort auch für den Rest des Teams um andere Größen wie Paulo Dybala, Gonzalo Higuain (soll dem Vernehmen nach noch verkauft werden), Ballverteiler Miralem Pjanic, Weltmeister Sami Khedira, Weltmeister Andrea Barzagli, Kapitän Giorgio Chiellini oder Neuzugang Emre Can . Letzterer äußerte sich gegenüber "Bild" direkt passend: "Ich freue mich sehr, dass ein so großartiger Spieler wie Cristiano zu uns kommt. Ich hatte das Privileg, auch bei Bayern, Leverkusen und Liverpool mit Weltklasse-Spielern zu spielen, aber Cristiano hat eine ganze Ära geprägt. Juve war davor schon gut aufgestellt, doch Cristiano macht jede Mannschaft nochmals besser."
CR7: "Ich bin bereit!"
Und so ist es wenig verwunderlich, dass der Transfer dieses Spielers als ein reines Spektakel inszeniert wurde und wird sowie Cristiano Ronaldo für italienische Medien ein "Außerirdischer" und "Lottogewinn" zugleich ist. Denn CR7 sei immer schon ein Perfektionist gewesen, einer mit Gewinner-Mentalität, sagte sinnbildlich René Meulensteen der "Gazzetta dello Sport". Der Niederländer war lange Zeit Assistenztrainer an der Seite von Alex Ferguson bei Manchester United, Ronaldos erster großer Station (Triumph in der Königsklasse 2008). Dort habe der portugiesische Superstar ihm einst gesagt: "Ich will der Beste werden." Ronaldo sei darüber hinaus auch eine "fantastische Person, er trägt sein Herz am rechten Fleck". Das hören die bodenständigen Turiner und die familienverbundenen Italiener sicherlich gerne - zumal der neue Serie-A-Star sein stolzes Alter von 33 Jahren noch lange nicht als Limit ansieht: "Ich bin anders als viele Spieler in meinem Alter, die zu diesem Zeitpunkt bereits ans Karriereende denken. Ich aber werde da sein, das Alter ist dabei nicht entscheidend. Ich bin motiviert, fühle mich gut und werde wie immer mein Bestes geben und dazu beitragen, dass wir möglichst alle Titel gewinnen können."
Fehlt nur noch der rote Teppich: Cristiano Ronaldo ist in Turin bombastisch empfangen worden. Getty Images
Außerdem sind die Erwartungen nicht nur in sportlicher Hinsicht riesig. CR7 ist längst eine Marke, der Spieler ist ein Garant und Magnet für klingelnde Kassen beim Merchandising oder bei Sponsorenverträgen. Am Wochenende machten Gerüchte die Runde, wonach Juve kurz nach Bekanntgabe des Transfers in einer Nacht mehr als 500.000 Ronaldo-Trikots verkauft haben soll. Für den Turiner Traditionsverein ist die Ablösesumme an Real in Höhe von 112 Millionen Euro ein ungewohnt dicker Brocken - und hat finanzielle Bedenken aufgeworfen. Doch die Ausgaben könnten sich am Ende für die Klubkasse auszahlen - und fürs Vereinsmuseum, wenn weitere Trophäen dort hinwandern.
Landung am Flughafen, Ankunft auf dem Vereinsgelände, erfolgreicher Medizincheck, erste Autogramme für die vielen Fans, erste Begrüßung mit Trainer Massimiliano Allegri oder Mitspieler Pjanic, Vertragsunterschrift an der Seite von Juve-Boss Andrea Agnelli und Manager Giuseppe Marotta sowie die erste Rede auf dem Podium - die ersten verrückten CR7-Tage dieser neuen Saison sind vorüber. Die "Jahrhundertwende" und die "neue Ära im italienischen Fussball" ist eingeläutet. Oder in den Worten von Cristiano Ronaldo höchst selbst: "Ich bin bereit! Ich versuche den Italienern zu beweisen, dass ich auf maximalem Niveau spiele."
