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Polen-Legionär Zech: "Das wird keine leichte Aufgabe für die Austria"

Ex-Altacher im Interview

Polen-Legionär Zech: "Das wird keine leichte Aufgabe für die Austria"

Benedikt Zech (l.) im Zweikampf mit Lech-Posen-Stürmer Mikael Ishak.

Benedikt Zech (l.) im Zweikampf mit Lech-Posen-Stürmer Mikael Ishak. IMAGO/Newspix

Herr Zech, Sie haben am Sonntag mit Ihrem Klub Pogon Stettin gegen Austrias ECL-Gegner Lech Posen gespielt. Es war ein hitziger Fight, der nach einem Last-Minute-Treffer Ihres Teams mit einem 2:2 zu Ende ging. Wie blicken Sie auf das Spiel zurück?

ECL, 2. Spieltag

Am Ende war es glücklich, dass wir den Punkt mitnehmen konnten, wenn man in der 98. Minute einen Elfmeter zugesprochen bekommt und dadurch doch nicht als Verlierer vom Platz geht. Dabei sind wir super ins Spiel gestartet und ziemlich früh mit 1:0 in Führung gegangen. Das Spiel ist für uns wie ein kleines Derby und damit auch sehr wichtig für unsere Fans. Es hat uns eigentlich alles in die Karten gespielt, dennoch haben wir ein blödes Ausgleichstor bekommen. Zweite Hälfte haben wir nicht mehr so ins Spiel gefunden. Unsere Mannschaft steht üblicherweise für Ballbesitzfußball. In den letzten Jahren waren wir stets der Klub mit dem meisten Ballbesitz. Im Moment können wir das nicht ganz so abrufen.

Bei 1:0 Ihrer Mannschaft hat Außenbahnspieler Pontus Almqvist den Schotten Barry Douglas im Eins-gegen-Eins stark überspielt. Dabei waren vor allem Tempo-Defizite deutlich erkennbar. Ist das etwas, das sich die Austria mit ihren schnellen Außenspielern zunutze machen kann?

Ich glaube, dass sie links hinten mit Pedro Rebocho beginnen. Der ist Portugiese und normalerweise auf dieser Position gesetzt. Man hat schon gesehen, dass sie gegen uns ein wenig rotiert haben. Naürlich muss man auch sagen, dass Pontus Almqvist einer der schnellsten Spieler der Liga ist, der ist extrem schnell auf den ersten Metern. Aber es stimmt schon, gerade über die Seiten ist etwas möglich gegen Posen. Im Zentrum sind sie sehr stabil, die Mittelfeldspieler im Zentrum sind sehr aggressiv gegen den Ball und wissen auch ihren Körper gut einzusetzen.

Hat Lech Posen noch andere Geheimwaffen oder Spieler, auf die es besonders aufzupassen gilt?

Sie haben prinzipiell viel Erfahrung in ihrer Mannschaft. Mit dem Schweden Mikael Ishak haben sie vorne einen richtigen Fuchs. Der hat lange bei Nürnberg gespielt und hat schon richtig Qualität. Gerade in der Box ist der immer gefährlich. Auf den sollte man auf jeden Fall ein Auge werfen. Dann gibt es noch den rechten Außenverteidiger, den Portugiesen Joel Pereira. Das ist für mich so ein versteckter Spielmacher und für mich einer der besten in der Mannschaft. Von dem geht immer viel aus, der zieht gerne mal ins Zentrum, um von dort aus das Spiel machen. Auch seine Flanken sind immer gefährlich. In der Mitte haben sie noch Strategen wie den schwedischen Nationalspieler Jesper Karlstöm. Er ist sehr gut gegen den Ball, aber auch mit dem Ball sehr ruhig und hat eine gute Übersicht. Auf der Zehnerposition haben sie zwei Portugiesen, wo sie immer wieder rotieren. Im Großen und Ganzen also eine gute Mannschaft. Das wird keine leichte Aufgabe für die Austria.

Das hat man auch im Auftakspiel gegen Villarreal gesehen. Gegen diese Mannschaft muss man erst einmal drei Tore erzielen.

Das stimmt. Normalerweise fährst du dorthin und packst nur die Laufschuhe ein. Lech ist eine gute Mannschaft und in der letzten Saison auch verdient Meister geworden. Entscheidend war auch, dass sie im Sommer so gut wie alle Spieler halten konnten. Das haben wir am Sonntag wieder gesehen. Trotz Doppelbelastung waren sie wieder gut drauf.

Sie dürfen auf jeden Fall nicht beeindruckt sein von der Kulisse.

Benedikt Zech über die Atmosphäre im Stadion von Lech Posen

Wie sieht Ihre Prognose für diese Gruppe aus? Wird es hinter Villarreal ein enges Rennen um Platz zwei?

Villarreal ist auf jeden Fall über alle zu stellen. Ansonsten ist es prinzipiell sehr ausgeglichen. Deshalb ist es auch sehr wichtig, dass die Austria in den direkten Spielen punktet und nicht verliert. Vor allem in den Heimspielen wäre es wichtig, drei Punkte einzufahren. Das war schon im ersten Spiel ein bisschen bitter für die Austria, dass sie hier nicht als Sieger vom Platz gegangen sind. Aber auch auswärts ist für sie in Posen einiges drin, wenn sie couragiert auftreten und ihr Spiel durchsetzen. Sie dürfen auf jeden Fall nicht beeindruckt sein von der Kulisse.

In der letzten Saison war Lech Posen der Klub mit dem höchsten Zuschauerschnitt. Was wissen Sie über die Atmosphäre im Stadion Miejski? Erwartet die Austria ein Hexenkessel?

Ich glaube schon. Das ist ein Riesen-Stadion, das haben sie damals extra für die EM 2012 gebaut. In der Liga ist es zwar nie richtig ausverkauft und auch wenn es in der Conference League nicht voll sein wird, gehe ich davon aus, dass sicher mehr Leute ins Stadion gehen werden, als in der Ekstraklasa. Hinter dem Tor haben sie Ultras. Die machen schon ordentlich Dampf, da kann man sich nicht allzu gut verständigen auf dem Spielfeld.

Die Top-Sommertransfers der österreichischen Bundesliga

Was unterschiedet die polnische von der österreichischen Liga?

Sie ist ausgeglichener. Es gibt kein Red Bull Salzburg. Es kann jeder jeden schlagen. Das sieht man auch Woche für Woche. Jede Mannschaft, auch die vermeintlich kleineren, hat starke Legionäre. Ganz gleich ob Spanier, Portugiesen, also prinzipiell aus ganz Europa. Dann würde ich noch sagen, dass sie ein Stück weit körperlicher ist als die österreichische Liga. Auch was die Fanszene betrifft, ist die Liga gut aufgestellt. Es hat fast jeder Verein ein tolles Stadion, wo an die 20.000 Zuschauer dabei sind. Der Pole ist ein bisschen verrückter im Fußball als der Österreicher.

Sie spielen seit mittlerweile drei Jahren beim Ihrem Klub Pogon Stettin. Auf Rang sechs in der Premierensaison folgte zweimal Platz drei, womit Sie sich auch für die Conference-League-Qualifikation qualifiziert haben. Dort sind Sie zweimal gescheitert. Dennoch ein großer Erfolg für den Verein?

Auf jeden Fall. In Polen bekommt man eine Medaille, wenn man es in der Liga unter die ersten Drei schafft. Ich glaube, dass wir in den letzten beiden Jahren erst die zweite und dritte Medaille der Klubgeschichte gewinnen konnten. Gerade letzte Saison waren wir ziemlich lange vorne dabei. Es hat vieles dafür gesprochen, dass wir Meister werden. Dann sind wir leider gegen Ende ein wenig weggebrochen, auch aufgrund zahlreicher Verletzungen. Da waren wir dann nicht mehr ganz so konkurrenzfähig und mussten uns mit dem dritten Platz begnügen.

Oh, Polen. Das kann ich mir gar nicht vorstellen.

Benedikt Zech über seine anfängliche Skepsis gegenüber einem Wechsel nach Polen

Sie sind unumstrittener Stammspieler. Wie blicken Sie auf Ihre bisherige Zeit im Klub zurück? Wie lebt es sich in Stettin, eine lebenswerte Stadt?

Ich muss zugeben, als die mich angerufen haben, habe ich gesagt: "Oh, Polen,. Das kann ich mir gar nicht vorstellen". Aber jeder, der einmal in Polen war, weiß, dass das mittlerweile ein ganz normales westliches Land ist. Stettin ist eine super Stadt mit einer halben Million Einwohner. Ich bin hier glücklich mit meiner Familie.

Die längste Zeit Ihrer Karriere haben Sie beim SCR Altach verbracht. Sind Sie mit Ihrem Ex-Klub noch verbunden? Verfolgen Sie noch die Vorgänge dort?

Klar. Ich habe in Altach nach wie vor gute Freunde. Vor allem mit Jan Zwischenbrugger und Emanuel Schreiner, mit denen ich lange zusammengespielt habe. Ich komme aus der Gegend und bin somit natürlich mit dem Verein verbunden. Momentan leide ich ein wenig mit Altach mit. In den letzten Jahren war ich froh, dass es sich am Ende immer ausgegangen ist, dass sie in der Liga bleiben.

Sie sind nun 31 Jahre alt. Wie sieht Ihre weitere Karriereplanung aus? Ist eine Rückkehr nach Österreich in den nächsten Jahren ein Thema? Sie haben immerhin noch knapp drei Jahre Vertrag bei Pogon Stettin.

Unser Plan im Moment ist schon, dass wir nach drei Jahren wieder zurück nach Österreich gehen. Aber im Fußball ist es immer schwierig, langfristig zu planen. Solange ich mich fit fühle, was im Moment der Fall ist, bleibe ich im Business. Dann schauen wir, was sich ergibt.

Interview: Michael Chudik