Handball

Der THW Kiel zeigt, was er dem SC Magdeburg noch voraus hat

Rekordpokalsieger begeistert beim Final Four nicht nur seinen Trainer

"Nicht nur die zweite Geige": Der THW Kiel zeigt, was er Magdeburg noch voraus hat

Energie - auch beim Trainer an der Seitenlinie: THW-Coach Filip Jicha.

Energie - auch beim Trainer an der Seitenlinie: THW-Coach Filip Jicha. IMAGO/wolf-sportfoto

Aus Hamburg berichten André Dersewski und Maximilian Schmidt

Der Meistertitel geht diese Saison mit ziemlicher Sicherheit nach Magdeburg, wie auch THW-Superstar Sagosen am Sonntag befand. Ein etwaiger Machtwechsel im deutschen Handball ist damit aber noch längst nicht vollzogen. Mit einer beeindruckenden Leistung in einem packenden Finale beim vorerst letzten Final Four in Hamburg zeigten die Kieler, was sie dem SCM derzeit noch voraushaben.

Nach dem Arbeitssieg im Halbfinale gegen Titelverteidiger Lemgo war der THW beim 28:21-Erfolg im Endspiel voll da. Und nachdem am Samstag noch der lautstarke SCM-Anhang dominiert hatte, waren es am Ende die Kieler, die vor ihrer "weißen Wand" ausgelassen feierten.

"Ich bin extrem stolz auf die Leistung und ziehe den Hut vor meiner Mannschaft", sagte ein von Sektduschen durchnässter Filip Jicha: "Die Spieler haben auf das System vertraut, das wir spielen wollten. Wir haben Magdeburgs Stärken gut unterbunden."

Siebter Feldspieler, Beton-Abwehr - und Niklas Landin

Im Angriff setzten die Kieler vor allem in der zweiten Hälfte fast immer auf den siebten Feldspieler, schlossen so einen Positionsangriff nach dem anderen erfolgreich ab. Nach dem kräftezehrenden Halbfinale gegen Lemgo am Vortag sei klar gewesen, dass man auf diese Taktik setzen würde, verriet Jicha. "Die Jungs haben unglaublich Spaß daran, das zu machen. Das hat uns schon den Champions-League-Sieg gebracht und jetzt auch den DHB-Pokal."

Die beiden sind Maschinen. Pekeler ist am Morgen aufgestanden und humpelte. Ich habe weggeguckt und es ignoriert, da mir nichts gesagt wurde.

Filip Jicha über seine Abwehr-Haudegen Wiencek und Pekeler

Den Grundstein zum Erfolg legten die Kieler zudem mit einer bärenstarken Defensive, hinter der Welthandballer Niklas Landin wie so oft zu Hochform auflief. Nur acht (!) Gegentore ließ der THW in der gesamten zweiten Hälfte zu. "Wir wollten, dass Magdeburg viele Positionsangriffe gegen uns spielen muss. Das ist uns gelungen", meinte der THW-Coach. "Was Pekeler und Wiencek mit Niklas Landin geleistet haben, das war natürlich geil. Da war eine Bewegung, eine Energie in der Abwehr - die Jungs waren so heiß!"

Hitzig und hart umkämpft

Energie war auch in der Partie, in der es insbesondere vor der Pause hitzig und hart umkämpft zuging. Viele Zeitstrafen, Emotionen am Spielfeldrand und auf dem Feld (wie bei einer Rudelbildung nach dem Halbzeitpfiff) zeigten, wie viel Prestige vor 13.200 Zuschauern in der ausverkauften Barclays Arena auf dem Spiel stand.

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"Die Mannschaft fühlte sich in den letzten Wochen schon ein wenig unfair behandelt", betonte Jicha, der selbst zugab, "ein bisschen sauer" gewesen zu sein, "weil man uns für die Außenseiter gehalten hat." Magdeburg spiele eine überragende Saison, was er absolut anerkenne, stellte Jicha klar. "Aber es ist nicht so, dass meine Jungs nur die zweite Geige spielen."

Das hätte Bennett Wiegert ganz sicher nie behauptet. Der SCM-Coach hatte bereits am Samstag berichtet, der THW hätte beim Sieg im letzten Liga-Duell in Magdeburg mit einem "starken Mindset" beeindruckt. Ein Stück weit wiederholte sich das in Hamburg, wo Wiegert dem Kontrahenten nach einer "beeindruckenden Leistung" zu einem "absolut verdienten" Erfolg gratulierte.

Wiegert: "Und dann kommt ein gnadenlos effektiver THW Kiel auf uns zu ..."

"Ich fand, dass wir bis zum 20:19, 45. Minute, voll im Spiel waren. Es war noch enorm viel drin", analysierte Wiegert. "Und dann kommt ein gnadenlos effektiver THW Kiel auf uns zu, der aus 13 Positionsangriffen zwölf Tore macht. Der immer auch mit dem siebten Feldspieler in der Überzahl, nah am Zeitspiel, immer noch die richtigen Lösungen findet. Das hat einfach Qualität und uns dann irgendwann gebrochen."

So schwer es auch sei, immer ein guter Verlierer zu sein, habe man großen Respekt vor der Leistung der Kieler. Womit wir wieder beim Mindset wären. "Sie haben uns vielleicht noch Erfahrungswerte und Routinen voraus, die wir gern noch sammeln möchten", konstatierte Wiegert, der mit seinem Team nach einem Spiel, das "sehr, sehr viel Kraft gekostet hat, nicht bloß körperlich, sondern auch mental", schon am Dienstagabend (!) in der European League in Nantes ran muss.

In Kiel dürfte hingegen erstmal feiern angesagt sein. Für Montag gab Jicha seinen Spielern frei.

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