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NFL-Deutschland-Chef Steinforth im Interview: "Diesen Weg wollen wir weiterhin bestreiten"

Ambitionierte Ziele in der Zukunft

NFL-Deutschland-Chef Steinforth im Interview: "Diesen Weg wollen wir weiterhin bestreiten"

NFL-Deutschland-Chef Dr. Alexander Steinforth traf sich im Rahmen eines Draft-Events der NFL Germany zum exklusiven Gespräch mit dem kicker.

NFL-Deutschland-Chef Dr. Alexander Steinforth traf sich im Rahmen eines Draft-Events der NFL Germany zum exklusiven Gespräch mit dem kicker. IMAGO/USA TODAY Network

Es ist kurz nach 21 Uhr, als das Bild von Dr. Alexander Steinforth auf den Bildschirmen im Düsseldorfer Dreischeibenhaus, der neuen Heimat der NFL Deutschland, aufleuchtet. Der Chef des deutschen NFL-Ablegers weilt da gerade in den Vereinigten Staaten, um in Detroit die erste Runde des NFL Drafts zu verfolgen. Per Videoschalte hat er sich dennoch bereit erklärt, mit dem kicker über den großen Erfolg des Footballs in Deutschland während der ersten zweieinhalb Jahren seiner Amtszeit als Managing Director der NFL Germany zu sprechen.

Herr Steinforth, riesiger Ticket-Andrang und vollgepackte Stadien in München und Frankfurt. Dazu gingen die Bilder der bestens gelaunten Anhänger, die "Country Roads" von John Denver singen, um die Welt. Wie fällt ihr persönliches Fazit als Managing Director der NFL Germany nach den ersten offiziellen Spielen in Deutschland aus?

Extrem positiv. Wir hatten zwar schon die Erwartung, dass wir nicht auf dem komplett falschen Pfad sind, Spiele auch nach Deutschland zu bringen, da sich hierzulande in den vergangenen Jahren unheimlich viel in Sachen Fanwachstum und Faninteresse getan hat, aber auch wir - und da spreche ich für die gesamte NFL - sind von der überwältigend positiven Reaktion noch einmal überrascht worden.

NFL in Frankfurt

Großartige Stimmung: Bei den ersten Football-Spielen in Deutschland zeigten hunderttausende Fans ihre Begeisterung für den Sport. IMAGO/USA TODAY Network

Was überraschte Sie am meisten?

Sei es die Anzahl an Ticketnachfragen, die sich in Millionenhöhe bewegt hat, sei es die Stimmung vor Ort, die Bilder, die wir dort in Frankfurt wie auch in München gesehen haben. Ganze Städte und ganz viele Menschen, die vorher auch noch nie mit der NFL, mit dem Football mitgefiebert haben. Das war ein ganz tolles Zeichen, dass wir eine große, weiter wachsende Fanbase in Deutschland haben und die Leute wirklich darauf gewartet haben, endlich auch Regular-Season-Games in Deutschland zu haben.

Steinforth: "Wir sehen uns immer noch am Anfang unserer Reise"

Wie lauten denn Ihre weiteren Zukunftspläne mit der NFL in Deutschland? Die beiden Spiele werden ja sicherlich noch nicht das Maximum gewesen sein, das Sie hier erreichen wollen.

Nein, genau: Wir sehen uns eigentlich immer noch am Anfang unserer Reise. Die Spiele sind natürlich immer das, was sehr sichtbar nach außen wirkt. Wir sind aber gleichzeitig dabei, an ganz vielen anderen Themen zu arbeiten. Manche davon kriegt man mit, manche weniger. Zum einen arbeiten wir natürlich extrem eng mit den Teams - mittlerweile sind es zehn NFL-Franchises, die die Marketingrechte für Deutschland haben - zusammen. Wir haben uns hier beim Draft auch noch einmal mit den Detroit Lions und auch den Seattle Seahawks getroffen und sprechen dabei über zukünftige Strategien und wollen natürlich, dass vor allen Dingen auch die Fans und Football-Interessierten noch enger in Kontakt mit den Teams kommen. Da werden wir eine Reihe schöner Aktivierungen im Laufe des restlichen Jahres sehen.

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Wie sehen Ihre Pläne im Nachwuchsbereich aus?

Ein weiteres großes Thema ist es für uns, perspektivisch mehr deutsche Spieler in der NFL zu sehen. In diesem Jahr stehen drei deutsche Spieler auf der Draftliste (Brandon Coleman wurde in der 3. Runde von den Washington Commanders gedrafted, Julius Welschof, der als Undrafted Free Agent bei den Steelers unterschrieb und Nouredin Nouili, der nach New Orleans ging, Anm. d. Red.), aber für uns auch noch nicht das Ende der Fahnenstange. Ganz viel passiert ja gerade im Bereich des Flag Footballs, der ab 2028 olympisch wird und auch als Einstiegsebene für den Tackle-Football dienen soll. Gleichzeitig gibt es aber auch Themen wie die NFL Academy oder das International-Player-Pathway-Programm, wo wir sehr talentierte Jugendliche fördern wollen, die schon ein Stück weiter sind und das Potenzial haben, es in die Liga zu schaffen. Es gibt also viele, viele Themen unter einem Dach, die alle das Ziel haben, noch mehr Menschen in Deutschland für die NFL zu begeistern. Wir sind jetzt bei rund 19 Millionen Deutschen, die der NFL folgen und glauben, dass es aber auch noch Potenzial nach oben gibt.

Welche konkreten Pläne gibt es denn, das schon bestehende Engagement der NFL in Deutschland weiter auszubauen?

Wir haben ja vor zwei Jahren das erste deutschlandweite NFL-Flag-Football-Programm gestartet, das wollen wir weiter ausbauen und werden noch in diesem Jahr in weitere Regionen des Landes zu kommen. Das ist einer der Bereiche, in denen wir sehr eng auch mit den NFL-Teams zusammenarbeiten.

Können Sie da ein Beispiel nennen?

In Düsseldorf haben die New England Patriots in Zusammenarbeit ein eigenes Flag-Football-Feld, also eine große infrastrukturelle Investition, auf die Beine gestellt. Ähnliche Signale erhalten wir in diesem Punkt auch von anderen Teams aus anderen Städten. Da passiert derzeit unheimlich viel, Flag Football ist im Moment wahrscheinlich die am dynamischsten wachsende Sportart in Deutschland - gerade auch auf Seiten der Spielenden - und gerade im Blick auf L.A. 2028. Dort wird der Sport olympisch und wir wie auch die Verbände und Teams vor Ort merken, dass da viel in Gang kommt. Das ist natürlich die Grundvoraussetzung, dass wir es dann perspektivisch schaffen auch mehr Leute in den Tackle-Football reinzubekommen.

Sie erwähnten die NFL-Academy: Wie kann sie bei diesem Ziel helfen?

Die NFL-Academy ist dabei natürlich noch mal ein besonderes Aushängeschild, erst heute (am 25. April 2024, Anm. d. Red.) haben wir verkündet, dass wir im September die zweite Academy weltweit in Australien eröffnen werden, die dann den gesamten Asia-Pacific-Bereich abdecken soll. Aber wir sehen auch schon heute, wie viele deutsche Spieler bereits in der ersten Academy in Großbritannien sind. Und das ist das Sprungbrett, das immer wichtiger wird, um Spielern den Weg in US-Colleges und die NFL zu erleichtern.

Chiefs-Partnerschaft mit dem FC Bayern: Weitere Kooperationen in Planung

Schlagen wir die Brücke zu Ihnen persönlich: Sie stammen ja ursprünglich aus dem Fußball, besetzten während Ihrer Laufbahn unter anderem Ämter bei Manchester United und Fortuna Düsseldorf. Inwieweit hilft Ihre Erfahrung aus dem Profifußball bei ihrem aktuellen Job?

Deutschland und Europa sind natürlich Fußballhochburgen und deshalb glaube ich, ist es schon hilfreich, den Sport zu kennen und ihn auch ein Stück weit zu verstehen. Wir als NFL haben unheimlich enge Beziehungen zum Fußball und mit der DFL. Im letzten Jahr haben wir gerade in Frankfurt sehr eng mit dem DFB zusammengearbeitet, dazu haben die Kansas City Chiefs eine Partnerschaft mit dem FC Bayern München und die NFL Partnerschaften mit dem FC Bayern und Eintracht Frankfurt.

Gibt es dahingehend auch Pläne für die Teams, die nun nach Deutschland kommen?

Ich will natürlich nicht zu viel verraten, aber auch die Teams, die jetzt neu nach Deutschland kommen und neu die Marketingrechte bekommen haben, schauen sich genau an, ob es nicht Sinn macht, mit Bundesligaklubs zusammenzuarbeiten.

Die Überschneidung zwischen dem Football und dem Fußball ist also jetzt schon sehr groß.

Genau, da besteht sehr viel Interesse. Außerdem war erst vor wenigen Tagen der amtierende MVP der NFL, Lamar Jackson, für einen kurzen Trip in Deutschland, der im Zuge dessen ebenfalls bei den Bayern vorbeigeschaut hat. Es gibt also viele Überschneidungen und dabei hilft es dann, den einen oder anderen zu kennen, vielleicht ein bisschen in der Branche oder in dem Bereich auch mal unterwegs gewesen zu sein. Aber das ist auch etwas, bei dem wir glauben, dass das in Zukunft noch einige Schritte nach vorne gehen wird.

Es ist jeden Tag eine große Freude, diese Rolle ausführen zu dürfen.

Alexander Steinforth

Wie kam Ihr Sportarten-Wechsel eigentlich zustande? Hatten Sie vorher schon einen Hintergrund im Football?

Ich habe eine kurze Zeit auch bei ProSieben, dem damaligen Medienpartner der NFL, verbracht und hatte dort Überschneidung mit Football. Ich habe es dazu schon immer mit Aufmerksamkeit und ein Stück weit auch mit Faszination verfolgt, wie es eine Sportart, die ja in Anführungszeichen nicht urdeutsch, sondern gerade uramerikanisch ist, geschafft hat, in Deutschland immer mehr Fans für sich zu gewinnen. Dann war es am Ende - wie so oft im Leben - eher Zufall, dass sich die Möglichkeit ergab, dass ich gefragt worden bin. Und nachdem derzeit so viel Bewegung in der Sache ist und so viel Drang besteht, den Football weiter zu globalisieren und zu einem weltweit stärkeren Sport machen zu können, ist es jeden Tag eine große Freude, diese Rolle ausfüllen zu dürfen.

Man hört heraus: Sie sind sehr zufrieden mit der Entwicklung des Sports hier in Deutschland.

Genau, wir sind sehr zufrieden. Wir haben in den letzten zwei Jahren siebenstellig an Fans hinzugewonnen. Das ist für uns die härteste Währung. Wir haben innerhalb des vergangenen Jahres um 20 Prozent höhere Einschaltquoten, also Leute, die es sich im Fernsehen anschauen. Wir haben das erste Mal Spiele in Deutschland, Regular-Season-Games ausgetragen. Wir haben das erste Mal Teams, die hier vor Ort wirklich aktiv werden, haben unser Büro eröffnet und ein Team aufgebaut und ganz viele Sponsoren gefunden. Auch in dieser Richtung gibt es ein enormes Interesse. Und egal welche Kennzahlen wir uns anschauen, ob es jetzt die Umsätze auf Merchandising-Seite oder die Reichweiten über Social Media sind, sie zeigen alle in die selbe Richtung und deswegen sind wir da sehr zufrieden, wie es bisher gelaufen ist.

Lamar Jackson

Kurz vor dem NFL-Draft flog MVP Lamar Jackson nach München, um auf dem Campus des FC Bayern München ein Flag-Football-Camp zu leiten. Getty Images

Apropos Büro hier: Wir führen das Interview gerade aus dem neuen NFL Deutschland Office im Dreischeibenhaus in Düsseldorf. Sie sind ja seit Oktober hier. Wie läuft für Sie die Arbeit hier im Haus?

Für uns ist die Arbeit als Team, gerade als wachsendes Team, eine unheimlich dynamische, weil wir ja Teil einer globalen Organisation sind und deswegen extrem eng mit unseren Kolleginnen und Kollegen in der UK, in den USA, also New York und in Los Angeles, aber auch in den anderen internationalen Märkten wie Mexiko, Kanada, Australien zusammenarbeiten. Deswegen sind wir da immer in unterschiedlichen Zeitzonen unterwegs, haben sehr viele unterschiedliche Themen auf den Tisch, die sich zum einen an den Highlight-Events wie dem Super Bowl oder dem Draft oder dem Season-Kick-Off orientieren.

Drumherum passiert in Deutschland gerade eben auch viel anderes, weshalb wir uns alle nicht über zu wenig Arbeit beschweren können (lacht). Gleichzeitig freuen wir uns natürlich auch, wenn wir die Dinge weiter nach vorne bringen und gestalten können. Das hat in den letzten zweieinhalb Jahren glücklicherweise gut funktioniert und diesen Weg wollen wir auch weiterhin aus Deutschland heraus bestreiten.

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