Kohlschreiber trumpft beim ATP-Turnier in Stuttgart weiterhin stark auf. Die deutsche Nummer 1 zog am Samstag zum zweiten Mal nach 2013 ins Finale ein. Kohlschreiber bezwang den Argentinier Juan Martin del Potro nach hartem Kampf in zwei Sätzen und kann nun auf seinen ersten Erfolg im Ländle hoffen. "Ich habe sehr druckvoll agiert", sagte er: "Ich freue mich riesig auf das Finale."
Dagegen hat Rasenkönig Federer bei seiner Rückkehr in die ATP-Tour ausgerechnet auf seinem Lieblingsbelag eine bittere Niederlage hinnehmen müssen. Der siebenmalige Wimbledon-Gewinner scheiterte im Halbfinale des 100. Tennisturniers auf dem Weissenhof gegen den Sandplatzspezialisten Thiem in drei Sätzen. "Ich muss in allen Belangen noch eine Schippe drauf legen", urteilte der Schweizer selbstkritisch. Thiem, der bereits in Roland Garros bis ins Halbfinale vorgedrungen war, jubelte nach seinem Coup: "Das ist der glücklichste Moment in meinem bisherigen Tennisjahr."
Das ist der glücklichste Moment in meinem bisherigen Tennisjahr.
Dominic Thiem nach dem Sieg über Roger Federer
Kohlschreiber bekommt es nun also mit Senkrechtstarter Thiem zu tun. Sollte sich der 32 Jahre alte Deutsche am Sonntag (13.30 Uhr) durchsetzen, wäre es der insgesamt achte Turnier-Titel in seiner Karriere. Der an Nummer sieben gesetzte Bayer nutzte seinen dritten Matchball zum umjubelten 6:3, 6:4. Sekunden später schüttete es erneut wie aus Kübeln, so dass Spieler und Zuschauer noch klatschnass wurden. Das Match musste zuvor schon lange wegen Regens unterbrochen werden.
Federer: "Es ist noch härter, wenn man Matchbälle vergibt"
Federer nahm seine 6:3, 6:7 (7:9), 4:6-Niederlage trotz aller Enttäuschung gefasst hin. "Man verliert nie gerne, aber es ist natürlich noch härter, wenn man dabei Matchbälle vergibt", gestand FedEx ein. Im zweiten Satz hatte der 17-malige Grand-Slam-Gewinner im Tiebreak zwei Matchbälle hintereinander nicht nutzen können. "Im Tiebreak war eine Riesenportion Glück dabei", gab Thiem ehrlich zu. Dabei konnte der Österreicher sein Glück kaum fassen, ausgerechnet auf dem von ihm wenig geschätzten Gras den Rasen-Crack geschlagen zu haben. "Es fühlt sich irgendwie unwirklich an", sagte der 22 Jahre alte French-Open-Halbfinalist. "Auf Gras hätte ich es nicht einmal in meinen kühnsten Träumen erwartet, ins Finale zu kommen."
Das gibt mir sehr viel Selbstvertrauen für Halle und Wimbledon.
Roger Federer ist trotz Halbfinal-Aus zufrieden
Der Routinier und der aufstrebende Jungstar lieferten sich auf dem Center Court einen spannenden Schlagabtausch mit teilweise spektakulären Szenen und brillanten Ballwechseln. Vor allem der zweite Satz hatte es in sich: Bei Federer klappte rein gar nichts mehr und Thiem führte scheinbar uneinholbar 5:0. Dann trumpfte der Schweizer aber plötzlich wieder groß auf, entschied fünf Spiele in Serie für sich und sein Kontrahent zeigte plötzlich Nerven.
Trotz der verpassten Finalteilnahme bei seiner Premiere auf dem Weissenhof zog Federer eine positive Bilanz: "Das war mein bestes Match heute." Es sei richtig gewesen, nach Stuttgart zu kommen. "Das gibt mir sehr viel Selbstvertrauen für Halle und Wimbledon." Nach seiner Niederlage in Rom - ebenfalls gegen Thiem - hatte er verletzungsbedingt die French Open verpasst und braucht nun dringend Match-Praxis für sein großes Ziel, in Wimbledon zum achten Mal zu triumphieren.
