Tennis

Mehr als ein Titel: Federer triumphiert in London

Dreisatz-Sieg über Tsonga

Mehr als ein Titel: Federer triumphiert in London

Eine Klasse für sich: Roger Federer.

Eine Klasse für sich: Roger Federer. picture alliance

Tsonga hatte zwar in sieben Duellen 2011 bereits fünfmal gegen Federer verloren (u.a. in drei Sätzen in der London-Gruppenphase), war aber zuletzt selbst in beeindruckender Herbst-Form. Allein, es half ihm am Sonntag nichts, gegen Federers momentane Klasse, dokumentiert in einer 17-Matches-Siegesserie, musste sich der Franzose beugen.

Im ersten Satz überzeugten beide Kontrahenten bei ihren Aufschlagspielen, Tsonga wirkte dabei zunächst gar unantastbar. Doch Federer war es, der eine kurze Schwäche eiskalt nutze. Tsonga gab im ersten Durchgang insgesamt genau fünf Punkte bei eigenem Service ab, einer war gleichbedeutend mit Breakbällen: 5:3 Federer, die Grundlage für die Satzführung.

Drei Punkte mehr hatte der "Maestro" zu diesem Zeitpunkt auf dem Konto, und es blieb so spannend wie hochklassig. Als Federer Tsonga zum 3:2 breakte, schien die Vorentscheidung gefallen zu sein, unaufhaltsam rückte der Titel näher. Aber als es darauf ankam, beim Aufschlagspiel zum Matchgewinn, bekam es auch Federer mit den Nerven zu tun, Tsonga erarbeitete sich drei Breakbälle und ballte die Fäuste: 5:5. Es ging in den Tiebreak, und Tsonga bewies endgültig Comeback-Qualitäten: 7:6 (8:6) nach Abwehr eines Matchballs.

Im dritten Durchgang konnte sich zunächst keiner der beiden Finalisten einen Vorteil erspielen. Die dritten Breakbälle nutzte Federer schließlich zum 5:3 und ließ sich danach die Chance auf den Sieg nicht erneut nehmen. Nach zwei Stunden und 18 Minuten verwandelte er seinen zweiten Matchball zum 6:3.

Ich bin jetzt richtig erschöpft nach den Tagen von London. Jo-Wilfried hat mir heute noch mal alles abverlangt. Es war wirklich ein verrücktes Match.

Roger Federer

Zum sechsten Mal triumphiert Federer damit bei den ATP World Tour Finals, das hatte vor ihm noch kein anderer Profi geschafft. Dieser Bestwert war aber nur eine Randnotiz, wichtiger war Federers Botschaft in London - eine Antwort auf alle Kritiker, die ihn wahlweise für zu alt hielten, ihm die Konkurrenzfähigkeit gegen die jüngeren Überflieger absprachen oder gar über das baldige Karriereende spekulierten.

Während sich Novak Djokovic und Rafael Nadal beim Saisonfinale ausgepowert über den Court geschleppt und schließlich nach der Gruppenhase verabschiedet hatten und Andy Murray verletzt ausgestiegen war, agierte Federer mit seinen 30 Jahren wie zu seinen besten Zeiten. Seine Regenerationspause nach den US Open zahlte sich endgültig aus.

Und nachdem er sich in seiner ersten Grand-Slam-Titel-freien Saison seit 2002 lange nur verbal gegen die aufkommende Kritik hatte wehren können ("Ich bin immer noch hungrig"), wurde mit dem London-Signal wohl auch dem Letzten im Tennis-Zirkus klar: 2012 ist Federer nicht nur weiter dabei - es könnte mal wieder seine Saison werden.