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Timo Bernhard schneller: Stefan Bellofs Bestmarke auf der Nordschleife ist Geschichte

Porsche fährt Rekord am Ring

Bernhard schneller: Bellofs Bestmarke ist Geschichte

Auf Rekordfahrt: Timo Bernhard im Porsche 919 Hybrid Evo.

Auf Rekordfahrt: Timo Bernhard im Porsche 919 Hybrid Evo. Porsche

Sonne, knapp 20 Grad und trockener Asphalt - der Nürburgring zeigt sich an diesem Freitagmorgen von seiner wundervollsten Seite. Damit sind die wichtigsten äußeren Voraussetzungen geschaffen für ein Projekt, das ein wenig an die alten Zeiten des Rennsports erinnert, in denen es sehr stark um Bestmarken ging. Nur fünf Tage nach dem spektakulären Volkswagen-Auftritt am Pikes Peak in Colorado trägt sich auch Konzerntochter Porsche ins Buch der Rekorde ein. So wie am Pikes Peak aufgrund technischer Bedingungen vermutlich nie wieder ein kraftstoffgetriebenes Auto den Topwert verbessern wird, so kann es durchaus auch sein, dass mit Porsches Erfolg von heute dieses Kapitel am Ring sogar für immer geschlossen wird. Die Nordschleife ist im Prinzip für solche Geschwindigkeiten nicht gebaut, und in den Tagen vor der Bestzeitenjagd muss es wohl seitens der FIA ernste Versuche gegeben haben, sie zu verhindern. Am Ende realisierte Bernhard einen Tempodurchschnitt von 234,639 km/h, Bellof hatte mit 202,07 km/h als Erster die 200er-Marke gerissen.

Bellofs historische Zahlenfolge

Stefan Bellofs nun ausgelöschte Bestmarke aus dem Geschichtsbuch des Rennsports beschrieb eine Zahlenfolge, die jeder echte Fan, erst recht einer der Nordschleife, auswendig im Schlaf herunterbeten konnte. Jene 6:11,13 Minuten gelangen dem damals 25-Jährigen im Qualifying zum 1000-Kilometer-Rennen, das dann allerdings für Bellof unter keinem guten Stern stand. Nachdem er zunächst auch die beste Rundenzeit im Rennen erobert hatte, hob sein Porsche 956 am Streckenteil Pflanzgarten ab, segelte durch die Luft, schlug hart auf der Piste auf und anschließend in der Leitplanke ein. Bellof konnte sich aus dem Wrack befreien, fluchte erst gewaltig, gab aber schon kurz danach bereitwillig Autogramme. Ein Star zum Anfassen.

Stefan Bellof

Rekordfahrt 1983: Stefan Bellof, der 1985 tödlich verunglückte. picture alliance

Zu Beginn der 80er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts avancierte Bellof zu einem Liebling aller Rennsportfans. Er war auf dem Weg zum Superstar, galt als angehender Formel-1-Weltmeister, verunglückte aber am 1. September 1985 bei einem Sportwagenrennen im belgischen Spa-Francorchamps, als er und der Belgier Jacky Ickx in der gefürchteten Eau Rouge kollidierten. Die Erinnerung daran wurde erst im April wieder wach, als Porsche mit Neel Jani am Steuer den Rundenrekord auf dieser Strecke im 919 Hybrid Evo unterbot. Jani fuhr dabei eine Zeit von 1:41,770 Minuten und verwies damit Formel-1-Pilot Lewis Hamilton auf Rang zwei, der beim Belgien-GP 2017 in 1:42,553 Minuten die 7,004 Kilometer lange Runde beendet hatte.

Der deutsche Motorsport hätte das Schumi-Wunder wohl schon ein Jahrzehnt früher erlebt, wenn Stefan Bellof in Spa nicht tödlich verunglückt wäre.

Manfred Jankte, Porsche-Rennleiter, Journalist und über viele Jahre auch kicker-Mitarbeiter

War Bellof über einige Jahre bereits in den bunten Blättern der Republik allgegenwärtig, so gingen nach dem Unglück von Spa nun auch die Bilder vom Unfall und der Beerdigung in Gießen um die Welt. Darauf auch immer zu sehen seine Freundin Angelika Langner, mit der er für kurze Zeit ein von allen Kameras verfolgtes, dabei jedoch stets sympathisch auftretendes Glamour-Paar abgegeben hatte. Angelika Langner (60) ist seit 28 Jahren mit dem einstigen Rennfahrer Harald Grohs (74) verheiratet und hält bis heute Kontakt zur Rennszene: Erst vor 14 Tagen war sie am Rande des Le-Mans-Rennens zu erleben. "Er hatte die seltene Gabe", sagt sie in dem Buch "Eine viel zu kurze Karriere" (erschienen bei Delius-Klasing) über ihren Jugendfreund, "mit seiner natürlichen Lebensfreude und Sensibilität fast alle, die ihm begegneten, in seinen Bann zu ziehen."

Für Manfred Jankte, Porsche-Rennleiter, Journalist und über viele Jahre auch kicker-Mitarbeiter, gab es nie einen Zweifel. Er sagt: "Der deutsche Motorsport hätte das Schumi-Wunder wohl schon ein Jahrzehnt früher erlebt, wenn Stefan Bellof in Spa nicht tödlich verunglückt wäre." Der von Timo Bernhard ausgelöschte Rekord am Nürburgring - er wird Stefan Bellofs Ruhm nicht mindern. Vielleicht trägt er stattdessen dazu bei, die Erinnerung an einen Helden von einst hochzuhalten.

Stefan Bomhard