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BMW: Warnschüsse aus München für die DTM durch Jens Marquardt

Die Zukunft der DTM

BMW: Warnschüsse aus München

BMW-Sportdirektor Jens Marquardt will auf ein "Wettrüsten" mit den anderen Herstellern verzichten.

BMW-Sportdirektor Jens Marquardt will auf ein "Wettrüsten" mit den anderen Herstellern verzichten. imago

Da für das Hockenheim-Wochenende mit dem Schwerpunktthema des neuen Meisters zu rechnen ist und Titelträger Marco Wittmann (BMW) hier nur noch eher theoretische Chancen besitzt, in den Fokus zu rücken, ging Marquardt einen ungewöhnlichen, jedoch bewusst taktisch gesetzten Schritt. Er gab seinen hauseigenen Medien ein Interview, in dem er seine Vorstellungen einer künftigen DTM darstellt. Da die Münchner schon vor dem Beginn der letztjährigen Saison glasklare Bedingungen für ihren Verbleib gestellt hatten (Stichworte: konstruktionsbedingter Nachteil, weniger Fahrzeuggewicht, breiterer Flügel), wirken Marquardts Worte erneut gewichtig.

Steht DTM vor der Existenzfrage?

Da zudem Mercedes fürs Ende der Saison 2018 seinen Rückzug aus der DTM angekündigt hat, bekommen die Forderungen aus München noch einmal zusätzliches Gewicht. Denn wenn eine DTM mit nur zwei Marken schon äußerst problematisch ist, so kann sie mit einer einzigen verbleibenden Marke (Audi) schon gar nicht funktionieren. Es geht also um nicht weniger als die Existenz der DTM.

Marquardt befasst sich in diesem Interview zunächst mit dem momentanen Rückstand auf Mercedes und dem noch deutlicheren auf Audi: "Auf der Suche nach den Ursachen können wir zwei große Faktoren ausmachen. Da sind zum einen die eigenen Fehler: Es darf uns nicht passieren, dass wir – wie in Zandvoort – durch einen halben Liter Benzin 25 Punkte verlieren. Wenn das nicht passiert, dann sieht es in der Fahrerwertung schon wieder ganz anders aus. Zum anderen haben wir in den vergangenen Rennen das wahre und um die Performance-Gewichte bereinigte Kräfteverhältnis in der DTM 2017 gesehen. Dies hat ein grundlegendes Problem der DTM mit seinem Homologationszyklus von zwei Jahren offenbart: Wenn es zu Ungleichgewichten kommt und korrigierende Elemente wie das Performance-Gewicht nicht greifen, dann kann das nicht im Sinne der Fans sein." Hintergrund: Seit beim vorletzten Saisonwochenende im österreichischen Spielberg die ausgleichenden Performance-Gewichte abgeschafft wurden, zeichnet sich eine klare Audi-Dominanz ab.

Dem Mitbewerber aus Ingolstadt wirft Marquardt - ohne ihn beim Namen zu nennen - vor, den Sinn der DTM auszuhebeln. Der besteht nach seiner Ansicht darin, "einen engen Wettkampf aller involvierten Hersteller zu ermöglichen, bei dem der Fahrer im Vordergrund steht. Die Leistung der Piloten soll am Ende den Ausschlag geben. Denn die DTM muss für ein Rennspektakel der besten Tourenwagenfahrer der Welt stehen – und nicht für einen teuren Wettstreit der Ingenieure". Ohne Frage meint er Audi, wenn er sagt: "Die Rolle der Serie kann nicht darin liegen, dass sie für einen Hersteller als LMP1-Ersatz dient. Ein Wettrüsten muss unbedingt verhindert werden – und das findet nun einmal zu großen Teilen in der Aerodynamik statt." Audi hatte im letzten Jahr im Zuge des Dieselskandals seine Beteiligung an der Langstrecken-WM mit den High-End-Rennfahrzeugen der LMP1-Klasse beendet und einen Teil der Mannschaft ins DTM-Engagement umgelenkt.

"Wettrüsten kommt für uns in der DTM nicht in Frage"

Einem solchen Wettrüsten jedoch will sich BMW nicht stellen. Es hätte, Mercedes noch mit einbezogen, schon für 2018 die Folge, "dass die beiden anderen Hersteller ihren Ressourcen-Einsatz erhöhen, um das Defizit auf den Mitbewerber auszugleichen. Die Folge einer solchen Situation ist ein technisches Wettrüsten, wie wir es auch in der Formel 1 oder in der LMP1-Klasse gesehen haben. Das kommt für uns jedoch in der DTM nicht in Frage".

Dieser unausgesprochen klaren Warnung, einen weiteren Verbleib in der DTM infrage zu stellen, fügt Marquardt seinen Lösungsvorschlag an, "die Vereinheitlichung von Teilen im sichtbaren und für die Fans nicht sichtbaren Bereich sowie die Reduzierung der Aerodynamik. Dies hat viele positive Effekte: Unter anderem wird das Racing verbessert, da die Autos aerodynamisch weniger sensibel sind. Und wir senken die Kosten."

Damit hat Jens Marquardt bereits die BMW-Karten für 2019 auf den Tisch gelegt. Und Audi weiß jetzt, dass nach all den Jahren der Zweisamkeit mit Mercedes (zwischen dem Opel-Ausstieg Ende 2005 und dem BMW-Comeback 2012) eine neuerliche Zweierlösung nicht nur auf der Strecke ausgetragen werden wird.

Zur Zukunft der DTM lesen Sie auch unser Doppel-Interview mit DTM-Boss Gerhard Berger und DMSB-Präsident Hans-Joachim Stuck in der aktuellen Montag-Ausgabe des kicker-sportmagazin.

Stefan Bomhard