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MLB - Heimat des Dopings

Baseball: Mitchell-Report listet 85 Sünder auf

MLB - Heimat des Dopings

Roger Clemens

Schon zu Lebzeiten legendär - doch Roger Clemens soll über Jahre gedopt haben. imago

"Jeder der 30 Vereine hatte Spieler, die während ihrer Karriere Steroide oder Wachstumshormone genommen haben", erklärte der frühere US-Senator George Mitchell bei der Präsentation eines 409-seitigen Berichts zum Thema Doping-Missbrauch in der Major League of Baseball in New York.

Über mehr als zehn Jahre sind darin dokumentiert, insgesamt 85 Spieler tauchen auf und alle 30 Vereine sind betroffen. Und es nicht nur irgendwelche Baseball-Profis, sieben "wertvollste Spieler" (MVP) sind darunter, also wahre Helden des US-Profisports. "Jeder, der in den vergangenen zwei Jahrzehnten in den Baseball involviert war – Commissioner, Klubbesitzer, Spielergewerkschaft und Spieler – hat gewissermaßen seinen Anteil an dieser Doping-Ära", so Mitchell weiter. Und MLB-Commissioner Bud Selig fügte hinzu: "Dieser Report ist ein Aufruf zum Handeln und ich werde handeln. Über Strafen werden wir einzeln entscheiden. Aber ich werde Strafen verhängen, wenn es ich es für angebracht halte und vor allem, wenn die Integrität unseres Sports gefährdet ist."

Neben Bonds, der mit 762 Homeruns in diesem Jahr eine zweifelhafte Bestmarke aufstellte, gehört auch das Pitching-Ass Roger Clemens zu den genannten Sündern. Beide sind derzeit ohne Verein. Bonds bestreitet beharrlich, jemals wissentlich gedopt zu haben. Zuletzt am vergangenen Freitag vor einem Gericht in San Francisco, der Stadt, in der er zuletzt für die Giants die Bälle aus dem Stadion jagte. Wegen viermaligen Meineids musste der 43-Jährige vorstellig werden. Der Mitchell-Report listet 103 Verstöße des "Homerun-Königs" auf.

"Rocket Man" Clemens (45), der siebenmal den "Cy-Young-Award" als bester Werfer einheimste und bei den Fans ausgesprochen beliebt ist, wird 82-mal erwähnt. Auch er bestreitet via Anwalt, schuldig zu sein. Sein früherer Konditionstrainer bei den New York Yankees, Brian McNamee, belastet Clemens jedoch schwer. Demnach habe der Spiler ihn bereits 1998 nach Steroiden gefragt und gebeten, ihm bei der Verabreichung zu helfen. 2000 und 2001 habe McNamee Clemens persönlich mindestens zwölfmal gespritzt.

Barry Bonds

Ein Mann für die US-Sportgeschichte, so oder so: Barry Bonds. imago

Ein Jahr später, also 2002, entschieden sich Spieler und Klubeigner, Steroid-Tests einzuführen. Die Liga hat sich dagegen nie den Welt-Anti-Doping-Gesetzen der WADA angeschlossen. Mitchell rät nun zu einem unabhängigen Testprogramm und unangemeldeten Kontrollen. Er ist seit März 2006 im Antidopingkampf im Baseball tätig. 20 Monate lang interviewte er ehemalige Spieler und Funktionäre, viel zur Aufklärung trug auch Kirk Radomski bei. Der Kronzeuge, früher bei den New York Mets angestellt, hatte Dopingmittel an Spieler verteilt und dies im April zugegeben.

Die Dopingproblematik im Baseball wird in den USA mit einem Skandal verglichen, der eine der Lieblingssportarten des Landes vor fast 90 Jahren erschütterte. 1919 verloren die Chicago White Sox die Endspielserie gegen die Cincinnati Reds absichtlich und gingen als "Black Sox" in die Geschichte ein.

Gespannt sein darf man darauf, wie sich die Liga nun verhält. In den kommenden Tagen soll über Konsequenzen gesprochen werden. Es droht die Aberkennung von Rekorden, es drohen Sperren. Der Imageverlust ist schon jetzt beträchtlich. Das konnte auch nicht der Rekordvertrag verhindern, den Alex Rodriguez dieser Tage über 275 Millionen Dollar bei den Yankees unterzeichnete. Die beschuldigten Spieler haben eine mächtige Gewerkschaft im Rücken, die bereits ankündigte, alle Athleten verteidigen zu wollen. "Der Ruf vieler Spieler könnte für immer ruiniert werden. Deshalb werden wir sicherstellen, dass alle von ihnen im Falle einer Bestrafung von uns verteidigt werden", so Gewerkschafts-Boss Donald Fehr.

Der Präsident der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), Dick Pound, nennt diese Aussage "eine Schande und eine Ungeheuerlichkeit".